Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
dass Merwe im Zimmer stand, und er stürzte hinaus wie ein Fliehender.
»Nun sind wir allein, Merwe. Du willst mir doch noch etwas sagen.« »Ich möchte dir nicht fluchen, Vater meines Sohnes. Wenn ich wüsste, dass du ein Recht hattest zu solcher Strenge, dass du untadlig bist, dass alle Gerüchte, die über dich umlaufen, Verleumdungen sind, dass du nie eine Sünde begingst, die tausendmal schwerer wiegt als die unseres armen Kindes - wenn du sagen kannst: Allah soll mich den Flammen übergeben, so ich jemals die Mutter des Kalifen in meine Arme nahm - ich würde für dich beten.«
»Merwe!« Abu Amir fasste nach ihrer Hand, kehrte den Handteller nach oben und drückte seine Stirn hinein. Und als er den Kopf wieder hob, sagte er: »Allah wägt nicht unsre Taten, sondern unsre Absichten.«
Die Frau zog die Hand zurück, als hätte eine Viper sie gestochen.
»Dann, Abu Amir Muhammad ben Abdallah, brauche ich dir nicht zu fluchen. Du wirst steigen von Stufe zu Stufe. Doch jeden, der dir behilflich ist, höher und höher zu kommen, wirst du erdrücken. Schon ist das Netz über Moßchafi gespannt. Morgen wirst du es zuziehn - im Namen der Gerechtigkeit wirst du ihm den Prozess machen. Dann kommt Ghalib dran. Er ist Soldat, ihm wirst du nicht mit dem Kadi beikommen können, sondern wirst ihm mit dem Säbel in der Faust gegenüberstehen müssen. Fürchte dich nicht: Er ist alt und du bist jung. Asma wird ihren Vater nicht vor dir schützen können, du wirst ihr aufs Herz treten, wie du allen Frauen, die du in die Arme nimmst, aufs Herz trittst.
Aber weil das so ist: Nimm dich in acht, dass sie sich nicht an dir rächen, dass keine von ihnen dir einen Bankert ins Nest setzt. Prüfe die Söhne, ob sie dir ähnlich sehen, wie mein Amir dir ähnlich sah! Rechne ihnen die Zeit der Geburt nach - du wirst wissen, ob sie stimmen kann! Wer selbst keine Treue kennt, kann auch keine erwarten.
Oder hast du etwa vor, der Mutter des Kalifen die Treue zu halten? Wirst du nicht auch ihren Sohn verderben, wenn auch auf andere Weise als den meinen? In einen goldenen Käfig wirst du ihn sperren, und sobald du ihn nicht mehr fürchtest, ihr zu verstehen geben: Was bedeutest du mir, Weib? Jung bist du nicht, schön bist du nicht, lästig wirst du mir, ich will nicht mehr daran denken, dass ich deine roten Haare küssen musste, um ...«
»Genug!«
Er fasste nach ihrem Handgelenk, doch sie entwand sich ihm. »Genug? Du hast ja noch Söhne! Sie werden ihren Bruder rächen. Werden es nicht erwarten können, an deiner Stelle zu stehen, werden Komplotte gegen dich schmieden, Meutereien anzetteln ...«
»Welid!« rief Abu Amir, und, als der Gerufene kam: »Führ sie hinaus!«
»Und Freunde hast du!« Immer lauter erhob Merwe die Stimme.
»Der, dem du am meisten vertraust, wird dich als erster verlassen. Dafür werden Schmeichler dich umdrängen von allen Seiten, Dichter deine großen Taten besingen, von deinem Ruhm wird ein Rauschen sein im Lande wie vom Wind, der über die Wipfel der Eichen fährt - du aber wirst über allen stehn, ein Fels, an den sich keine Blume, kein Moos mehr heranwagt, nackt, bloß, einsam, und sogar die Blitze werden von dir abprallen.«
Während der letzten Worte zog Welid sie mit Gewalt aus dem Zimmer.
»Bist du wahnsinnig, Merwe? Willst du, dass er dich töten lässt?«
»Ja, Welid, das ist es, was ich will.«
In Abu Amir aber, der ihre Absicht spürte, bäumte sich der Stolz auf. Nein, Merwe, ich lasse mir mein Tun nicht aufzwingen. Und von einer Frau schon gar nicht.
Nach einer Weile hörte er Welid zurückkommen.
»Was hast du mit ihr gemacht?«
»Ich habe sie in ihre Kammer eingeschlossen. Befiehl, was nun geschehen soll.«
»Schick Romeileh zu ihr. Sie soll dafür sorgen, dass sich Merwe kein Leid antut. Und wenn sie sich beruhigt hat, sag ihr, dass sie frei ist, zu tun und zu lassen, was sie will. Sie darf bei ihrer Tochter bleiben. Ich will ihr nicht den letzten Trost rauben. Ich werde Zoraida verheiraten, sobald es angängig ist, dann kann sie die Mutter ins Haus ihres Gatten mitnehmen. Nur eines schärfe Merwe ein: Sie soll mir niemals mehr vor die Augen kommen! Und wer in meiner Gegenwart ihren Namen nennt, fürchte meinen Zorn.«
Alles geschah, wie Abu Amir es angeordnet hatte. Und so erfuhr er auch nicht, dass Merwe bald darauf aus seinem Palast verschwunden war. Selbst Zoraida wagte nicht, es ihm zu sagen.
Und doch gelang es ihm nicht, die Stacheln, die Merwes Worte in ihm
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