Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Lehrer, den Hakam auf dessen Rat seinem Sohn gegeben hatte, entließ man. Moßchafi war zwar dem Namen nach noch Großwesir, doch alle wichtigen Entscheidungen wurden ohne ihn getroffen. Er fühlte sich durch diesen Wechsel in der Erziehung des Kalifen persönlich beleidigt, und auch die übrigen Hofleute sahen darin eine Maßnahme gegen ihn. Die meisten gönnten dem Großwesir diese Kränkung, war er doch stets überheblich gewesen, solange er an Hakam einen Beschützer hatte, rücksichtslos gegen jeden Niedrigergestellten, sofern er nicht dessen Dienste unentbehrlich fand. Nun entstand plötzlich Leere um ihn herum. Alles rückte zur Seite, wenn er in den Saal trat, jeder sah an ihm vorbei, und wenn er selbst mit jemandem ein Gespräch begann, erhielt er einsilbige Antworten.
Er fühlte, dass es um Tod und Leben für ihn ging, und wie gewöhnlich, wenn er selbst eine Entscheidung zu fällen hatte, tat er das Dümmste, was er tun konnte - er forderte Abu Amir zum Kampf heraus.
Denn als eine solche Herausforderung musste der Wesir es empfinden, als man ihm zutrug, Moßchafi habe für seinen Sohn Othman uni die Hand Asmas, der Tochter des Feldherrn Ghalib, geworben und auch die Zusage bereits erhalten.
Hier spann man Ränke gegen die Freundschaft, die Abu Amir mit dem mächtigsten Mann des Reiches geschlossen hatte, dem Mann, dem so viele Truppen unterstellt waren, dass er damit die wenigen Regimenter der Hauptstadt, die er befehligte, mit einem Wink seiner Hand aus dem Felde schlagen konnte.
Abu Amir traf sofort seine Gegenmaßnahmen, schickte Welid mit einem Brief zu Ghalib, der sich an der nördlichen Grenze aufhielt. »Schildere ihm Othman als den würdigen Sohn seines Vaters, womöglich noch eingebildeter auf noch weniger Fähigkeiten - wenn man denn Raffsucht, Bestechlichkeit und Hang zum Nichtstun nicht als Fähigkeiten ansehen will - und sage dem Feldherrn, wenn er eine ehrenvolle Verbindung für seine Tochter sucht, soll er sie mir zur Frau geben.«
Bestürzt sah Welid den Freund an. »Aber der Prophet«, sagte er, »gestattet dem Gläubigen doch nicht mehr als vier Gattinnen. - Wie willst du da ...?«
So wenig war Abu Amir es gewöhnt, auf Widerrede zu stoßen, dass er den Milchbruder barsch anfuhr: »Musst du mir Unterricht im Koran erteilen?« Doch dann besann er sich und setzte gemäßigter fort: »Ich weiß natürlich, dass ich dann eine meiner Frauen verstoßen muss.« »Und welche?«
»Das zu überlegen habe ich noch Zeit, wenn du mit Ghalibs Zusage zurückkommst. Spute dich! Oder soll ich einen andern schicken?«
Da verließ Welid ohne ein weiteres Wort den Raum und sattelte sein Pferd. Aber sein Gewissen beunruhigte ihn. Warum habe ich nicht gesagt, was ich dachte? Was du tun willst, Abu Amir, verstößt nicht gegen das Gesetz, aber gegen die Barmherzigkeit.
Als Welid zurückkam, brachte er den Ehevertrag mit, den Ghalib hatte aufsetzen lassen. Abu Amir las ihn durch und lächelte dabei. »Er schätzt seine Tochter hoch ein«, sagte er, »aber sie soll es mir wert sein.« Und er unterschrieb.
Dann ließ er seine vier Gattinnen zu sich kommen.
»Ich habe vor, Asma bint Ghalib zu heiraten.«
Sie wussten sofort, was das bedeutete.
»Welche von uns willst du verstoßen?«
»Ich will keine verstoßen. Im Koran steht: So ihr eine Gattin gegen eine andere eintauschen wollt, nehmt ihr nichts von ihrer Morgengabe. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit. Aber wenn eine von euch sich entschließen könnte, mein Haus freiwillig zu verlassen, so soll sie ihre doppelte Morgengabe erhalten und in Ehren zu ihrem Vater zurückgehen, sobald ihre Wartezeit um ist. Ist eine von euch schwanger?«
Sie mussten es verneinen. Er nahm das als ein Zeichen, dass Allah seinem Vorhaben gnädig war.
»Ihr habt vier Wochen Zeit, euch zu bedenken. Ich werde mich solange von euch fernhalten.«
Das fiel ihm nicht schwer. Er hatte vor Kurzem eine blutjunge Sklavin geschenkt bekommen, eine Tscherkessin, die von ausgesuchter Schönheit war.
Als Merwe von dieser Sache erfuhr, dachte sie: Wie richtig habe ich mich entschieden, Abu Amir, als ich es vorzog, deine Sklavin zu bleiben!
Die Frist verstrich, ohne dass eine seiner Frauen sich zum Verzicht entschlossen hätte. Einerseits schmeichelte ihm das, andererseits brachte es ihn in die Verlegenheit, nun selbst eine Entscheidung treffen zu müssen.
Er hatte noch keinen Entschluss gefasst, als sich Folgendes zutrug: Eine Streife der Schorta griff des nachts eine
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