Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
zurückgelassen hatten, zu entfernen. Wie mit Widerhaken krallten sie sich in seiner Seele fest und blieben unausrottbar.
Seine Söhne? Wie stand es mit ihnen? War nicht Abdallah zur Welt gekommen acht Monate nachdem er von einer längeren Reise zurückgekehrt war? Er hatte dem nie Bedeutung zugemessen, aber - ähnelte ihm dieses Kind? War es ihm nicht fremder als all die andern? Er hatte das immer darauf geschoben, dass seine Mutter ihm so gleichgültig war —ach, diese Hind hatte so große Hände, einen so trägen Gang, ihre Lider hingen ihr so schwer über den Augen - doch gerade weil das so war und er sie vernachlässigt hatte: Vielleicht hatte sie sich wirklich schadlos gehalten!
Doch nie, niemals würde er in Erfahrung bringen können, ob der Verdacht zu Recht bestand. Sinnlos, sie zu befragen. Sie würde es leugnen bis in den Tod. Am besten, jeden Gedanken daran zu ersticken!
Er nahm ein Aktenstück zur Hand und begann sich hinein zu vertiefen. Wichtigeres hatte er zu tun, als sich mit Weiberdingen zu befassen. Da hörte er plötzlich Hinds Stimme, unangenehm laut. Mussten die Frauen auch ewig mit ihren Mägden schelten?
Er rief sie herein.
»Die Frist ist verstrichen«, sagte er, »ohne dass eine von euch sich entschlossen hätte, meine Bitte zu erfüllen. So sollst du es sein, der ich den Scheidebrief gebe.«
Sie stand da wie von Allahs Hand geschlagen. »Ich? Was habe ich denn verbrochen? Womit habe ich gesündigt? Welche Verfehlung kannst du mir nachsagen?«
»Keine. Du hast nichts verbrochen und dich nicht versündigt. Untadlig seid ihr alle, gutwillig, gehorsam, gottesfürchtig, wie es sich für gläubige Frauen schickt. Aber da ich gezwungen bin, eine von euch zu entlassen, habe ich mir vorgenommen, die fortzuschicken, die mir den ersten Anlass gibt, mich über sie zu ärgern. Und das bist du. Du hast mich mit deinem Gekeife« (er gebrauchte absichtlich dieses unfeine Wort) »in meinen Gedanken gestört.«
»Verzeih mir, Abu Amir«, bat die Frau und konnte kaum ihr Weinen unterdrücken. »Nie wieder sollst du ein lautes Wort von mir hören. Verzeih mir nur dieses eine Mal, ich bitte dich.«
Er schwieg.
»Schlage mich, wenn ich deinen Zorn erregt habe, aber schick mich nicht fort!«
Er schwieg.
Da nestelte sie an ihrem Obergewand, dass es zu Boden fiel, stand vor ihm in einem dünnen Hemd, und er sah, wie ihr der Angstschweiß über den fetten Nacken und die schlaffen Brüste rann. Sein Widerwille war größer als sein Mitleid.
»Ich schlage niemals eine Frau, das weißt du, Hind. Ich kann das Geschrei nicht hören.«
»Ich will keinen Ton von mir geben! Schlag mich, nur verstoße mich nicht, Vater meines Sohnes!«
Wenn sie gewusst hätte, was für ein Gefühl dieses Wort bei ihm aus- lösen musste, wäre sie eher darein erstickt, als dass sie es ausgesprochen hätte. Nun zuckte schon seine Hand, um nach dem Riemen zu greifen, aber es gehörte zu seinen hervorstechendsten Eigenschaften, dass er sich niemals vom Zorn überwältigen ließ, sondern alles, was er tat, mit kühlem Kopf tat. So beherrschte er sich auch dieses Mal, bückte sich, hob ihren Umhang auf, gab ihr ihn zurück und sagte: »Der Anlass war geringfügig. Mein Zorn ist längst verflogen. Einen Entschluss nehme ich niemals zurück. Geh. Wenn deine Wartezeit vorüber ist, lasse ich dich zu deinem Vater bringen.«
Sie ging über den Hof, ihre Schritte, die noch langsamer waren als gewöhnlich, taten ihm weh. Noch weher aber das Lachen, das plötzlich unbekümmert zu ihm herüberscholl.
Er ging hinaus und sah die Tscherkessin am Brunnen stehn.
»Warum hast du gelacht?«
Erschrocken blickte die Sklavin zu ihm auf. »Die Frau«, stotterte sie. »Ihr Umhang fällt ihr fast von der Schulter. Der Wind blähte ihn so komisch.«
»Hind!« rief Abu Amir hinter der sich Entfernenden her. Sie blieb stehen und wandte sich um.
»Geh und rücke deiner Herrin den Mantel zurecht.«
Die Magd tat es.
»Sie hat gewagt, über dich zu lachen, Hind. Über meine Gattin zu lachen. Ich schenke sie dir. Strafe sie, wie du willst. Und nimm sie mit dir mit, wenn du fortgehst.«
Nun war die Reihe zu weinen an der jungen Magd. Aber die Frau fasste sie an der Hand und sagte leise: »Komm! Du sollst es bei mir besser haben als bei ihm.«
Und Abu Amir wusste, dass Merwes Fluch begonnen hatte, sich zu erfüllen.
Merwe! Gibt es denn auf der Welt keine Frau, die dich auslöscht in meinem Herzen?
Asma! Man sagt von ihr, sie sei schön. Und da sie
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