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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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Kristallkugel einer Wahrsagerin. Aber wen interessierte das? Marcs Rückgrat kribbelte.
    Nun mach schon!
    Er angelte sein Handy aus der Tasche.
***
    »Daniel?« Hannahs Stimme klang weich an sein Ohr. »Tut mir leid, dass ich stören muss.«
    Er rieb sich die Augen. Es war halb acht. Das mitleidlose Schrillen des Telefons hatte ihn aus dem Bett geholt. Gott sei Dank hatte er der Versuchung widerstanden, es einfach weiterklingeln zu lassen. Er war erst morgens gegen drei ins Bett gegangen. Weil er zum Schlafen noch viel zu angespannt war, hatte er sein Laptop eingeschaltet und sich die letzten Absätze seiner Rede für Arlo Denstone noch einmal vorgenommen. Er hasste es, Fristen nicht einzuhalten, und arbeitete häufig lang und bis tief in die Nacht, um den Termin eines Verlegers nicht zu verpassen, und außerdem waren ihm ein paar gute Sätze eingefallen, mit denen man Thomas de Quincey und die schöne Kunst des Mordens hervorragend umreißen konnte.
    Aber sein Herz war nicht mehr richtig dabei. Es war eine Sache, mit der Vorstellung von Mord als Vergnügungstat witzige und fantasievolle Spielchen zu spielen, aber schon etwas ganz anderes, zufällig über die raue Realität zu stolpern. An einem echten Mord war weiß Gott nichts Hinreißendes zu finden. De Quinceys spöttische Prosa war zweifellos brillant, aber durchaus mit Grausamkeit durchsetzt, und Daniel fühlte sich von seinen morbiden Rachefantasien manchmal abgestoßen. Sein Hang zu gewaltsamen Todesarten wäre vielleicht geheilt worden, hätte er je in einen ungenutzten Brunnen blicken und dort eine verwesende Leiche sehen und riechen müssen.
    »Hallo, Hannah.«
    Er drückte den Hörer so fest, dass es fast schmerzte. Um sich zu beweisen, dass er nicht träumte? Sein Hirn arbeitete noch auf Sparflamme - eigentlich hätte er erst einmal eine kalte Dusche und einen heißen Kaffee gebraucht. Aber sie hätte bestimmt nicht so früh angerufen, wenn es nicht dringend wäre.
    »Sie haben gestern Abend etwas über Stuart Wagg gesagt. Ich war allerdings so müde, dass ich nicht sofort reagiert habe.«
    »Entschuldigung, ich kann nicht ganz ...«
    »Heute Morgen um halb vier fiel es mir plötzlich ein. Ich bin davon wach geworden.«
    Daniel blinzelte. »Was meinen Sie, Hannah?«
    »Sie erwähnten, dass er an Klaustrophobie litt.«
    »Louise hat es mir erzählt. Ich glaube nicht, dass er ein Geheimnis daraus machte. Angeblich benutzte er nicht einmal den Lift zu seinem Büro im obersten Stockwerk, sondern stieg immer die Treppe hinauf.«
    »Deswegen hat also sein Architekt Crag Gill mit diesen riesigen Räumen entworfen und statt Türen Torbögen eingebaut!«
    »Richtig. Er hat sich zwar selbst darüber lustig gemacht, aber die Angst war ganz real. Louise erzählte, dass ein Mitschüler ihn als Kind in einen Schrank eingesperrt hat. Eigentlich nur ein Lausbubenstreich, aber Stuart hat sich wohl fast zu Tode gefürchtet und ist nie über dieses Trauma hinweggekommen. Deswegen kann ich mir fast keinen qualvolleren Tod für ihn vorstellen - irgendwo unter der Erde eingeschlossen zu sein, ohne auch nur die geringste Hoffnung zu entkommen!«
    Während Hannah schweigend über seine Worte nachdachte, ging Daniel zum Fenster und hob einen Zipfel des Vorhangs. Der Irrgarten war im Nebel verschwunden, Bäume und Sträucher nur noch als dunkle, formlose Schemen erkennbar. Den Weiher konnte Daniel nicht sehen. Er hätte überall und nirgends sein können.
    »Perfekt«, sagte Hannah schließlich. »Danke für die Hilfe.«
    »Worum geht es?«, fragte er.
    »Um die Verbindung zwischen dem Mord an Stuart und den beiden anderen Todesfällen.«
    »Ich glaube, ich verstehe nicht ganz.«
    »Ich auch nicht. Noch nicht! Aber ich finde es heraus, da können Sie Gift drauf nehmen.«
    Ihre Stimme wurde hart. Sie ärgert sich, dachte er. Sie ärgert sich um der Opfer willen. Er kannte diesen Klang wütender Entschlossenheit aus der Zeit, als sein Vater noch zu Hause wohnte.
    »Was, glauben Sie, könnte es bedeuten?« Als Hannah zögerte, entschuldigte er sich. »Verzeihung, ich hätte nicht fragen dürfen.«
    »Schon gut«, gab sie zurück. »Wenn Sie es wirklich wissen wollen.«
    Plötzlich spürte er wieder diese tiefe Vertrautheit wie am Abend zuvor. Er musste ihr die Möglichkeit geben, ihre Meinung zu ändern und einen Rückzieher zu machen.
    »Ich möchte nicht, dass Sie mir Dinge verraten, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.«
    »Es verstößt nicht gegen die Regeln, laut

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