Zu Staub Und Asche
Marc pflegte sie in solchen Situationen als störrisch zu bezeichnen.
»Schon, aber macht nicht jeder von uns einmal einen Fehler? Wahrscheinlich hatte er Angst vor deiner Reaktion.«
»Er hatte allen Grund dazu.«
Fern legte den Kopf schief, als könne ihr das dabei helfen, Hannah zu durchschauen. »Du glaubst doch nicht etwa im Ernst, er hätte etwas mit Bethanys Tod zu tun?«
»Nein ...«
»Na dann.« Fern stand auf. »Mit ein bisschen Glück kommt er wieder zur Vernunft. Und du auch. Okay, und jetzt lass uns die Truppen zusammentrommeln.«
Beim gemeinsamen Briefing der beiden Abteilungen kamen unzählige Fragen auf. Obwohl die Heizkörper nicht funktionierten, beklagte sich niemand. Die Beamten, die unter Ferns Leitung am Fall George Saffell arbeiteten, waren in eine Sackgasse geraten. Die neuen Aspekte führten zu einem wahren Adrenalinstoß.
Fern berichtete, dass in Stuart Waggs Haus noch immer mit Hochdruck nach Spuren gesucht würde, die den Mord an dem Anwalt in Verbindung mit dem todbringenden Feuer in dem Bootshaus am Ullswater bringen könnten. Trotz gewisser Unterschiede in der Vorgehensweise lägen Ähnlichkeiten auf der Hand. Zwei wohlhabende Selbstständige, die sich in den gleichen gesellschaftlichen Kreisen bewegten und sogar das gleiche Hobby pflegten, waren beide in ihren eigenen vier Wänden ermordet worden. Niemand glaubte ernsthaft, dass die Wahl der Opfer zufällig erfolgte. Wenn man diese Mixtur dann noch mit der eventuellen Sichtung des Täterfahrzeugs würzte, war es kein Wunder, dass der ganze Raum vor Erregung bebte.
Ein Landarbeiter hatte von einem kleinen violetten Wagen berichtet, der etwa eine Dreiviertelstunde lang gegenüber dem Anwesen von Crag Gill parkte, und zwar unmittelbar nachdem Louise Kind Stuart Wagg das letzte Mal lebend gesehen hatte. Das Auto stand zwischen den Bäumen versteckt, doch der Mann hatte es von seinem Traktor aus gesehen, als er zu seiner in der Nähe gelegenen Weide und wieder zurück fuhr. Die Fenster waren beschlagen; daher glaubte er, dass sich im Innern vielleicht ein Pärchen vergnügte. Leider fiel seine Beschreibung nicht wirklich genau aus, und in einer perfekten Welt hätte er wahrscheinlich auch das Kennzeichen notiert. Leider war die Welt nicht perfekt, und der Mann verstand mehr von Traktoren als von Personenwagen. Möglicherweise handelte es sich um einen Nissan Micra, vielleicht aber auch um einen anderen Kleinwagen. Trotzdem sah man die Aussage als einen gewissen Durchbruch an.
Im Anschluss brachte Hannah eine mögliche Verbindung mit dem ungeklärten Tod Bethany Friends durch Ertrinken im Schlangenweiher zur Sprache. Bethany war ebenso wie die beiden Männer eine Büchernärrin und hatte außerdem in deren Unternehmen gearbeitet. Außerdem gab es den psychologischen Zusammenhang, dass alle drei Opfer in qualvollen Ängsten gestorben waren.
»Sollten wir vielleicht einen Profiler zu Hilfe rufen?«, schlug ein junger DC namens Ciaran vor, der sich wie ein eifriges Hündchen aufführte.
Hannah ignorierte das Murmeln der Skeptiker, zu denen auch Greg Wharf gehörte, der ganz hinten im Raum stand. Einige Kriminalbeamte nannten die operativen Fallanalytiker in einem Atemzug mit Wahrsagern und Leuten, die Tipps für Pferderennen verbreiteten, aber man durfte keinen Aspekt außer Acht lassen.
»Wir haben Trudy Groenewald von der Lancaster University angefordert. Sie kommt heute Nachmittag und nimmt Einsicht in die Akten.«
»Wieso liegen sechs Jahre zwischen den Verbrechen?«, wollte ein DS aus Ferns Team wissen.
»Natürlich bleiben wir nach allen Seiten hin offen, was eine mögliche Verbindung zwischen den Todesfällen angeht. Dass Bethany Angst vor Wasser hatte, kann reiner Zufall sein. Falls aber dieselbe Person oder Gruppe für alle drei Todesfälle verantwortlich sein sollte, gibt es mehrere mögliche Erklärungen für die inaktiven Jahre.«
»Zum Beispiel, dass der oder die Mörderin in der Zwischenzeit gar nicht inaktiv war«, fuhr Hannah fort. »Es ist möglich, dass es in diesen sechs Jahren andere Todesfälle gab, die nur bisher nicht zugeordnet werden konnten. Denken Sie nur an die Vorgehensweise im Fall Bethany Friend. Da sie ertrunken ist, konnten wir die Möglichkeit einer Selbsttötung nicht ausschließen. Bei Saffell hat sich der Mörder schon weniger Mühe gegeben, das Verbrechen zu vertuschen, und Wagg hätte sich auf diese Weise gar nicht selbst töten können. Wir erkennen hier eine Art Progression - einen
Weitere Kostenlose Bücher