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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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Knotentechniken einzuarbeiten, um eventuell die Umstände von Bethanys Tod in einem neuen Licht sehen zu können. Maggie telefonierte hinter den Leuten auf der Liste her, die sie bisher noch nicht aufgetrieben hatten.
    Am Ufer des Sees blieb Hannah stehen und blickte hinaus auf die graue Wasserfläche. Weiße Schwäne schlugen mit den Schwingen, als bemühten sie sich, alle Spuren des Sprühregens abzutrocknen. Hannah hatte Daphne mehr oder weniger erfolglos zu Bethanys Zeit im Antiquariat befragt. Es musste etwa zu Beginn ihrer Beziehung zu Marc gewesen sein. Damals hatten sie beide hart gearbeitet; Hannah war dabei, eine Karriere bei der Polizei aufzubauen, während sich Marc damit beschäftigte, das Geschäft aus den roten Zahlen zu holen. Ihnen war kaum Zeit füreinander geblieben. Hannah ging ganz in ihrem Beruf auf - Enttäuschungen waren noch nicht in Sicht. Marc hingegen lebte einzig für seine große Leidenschaft: die Bücher. Er hatte schon als Kind von einer eigenen Buchhandlung geträumt, wie andere Kinder davon träumen, eines Tages ein Süßwarengeschäft zu besitzen. Hannah war zufrieden damit gewesen, ihn einfach machen zu lassen.
    Sie erinnerte sich an das Foto, das Greg Wharfs Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Es stellte eine junge Frau dar, die auf eine ruhige Weise die Neugier anfachte. Eine Herausforderung. Vielleicht ein wenig so wie Hannah selbst. Es gab einen Typ Frau, auf den Marc flog. Und Bethany passte in dieses Profil.
    Sie folgte dem Rundweg um Ambleside, scherzhaft auch die »Anorakhauptstadt der westlichen Welt« genannt. In Schaufenstern wurden unschlagbare Nachlässe auf Wanderschuhe angeboten und regenfeste Bekleidung zu Niedrigstpreisen verhökert. Hannah jedoch war nicht in der Stimmung für Schnäppchenjagd.
    Als sie an diesem Abend heimkam, brannten im Haus bereits die Lichter. Marc kam ihr mit federndem Schritt aus der Küche entgegen. Er küsste sie auf die Wange und tätschelte ihr Hinterteil. Seine Laune war so ausgezeichnet, dass sie unwillkürlich vermutete, er habe eine seltene Erstausgabe verkauft. Oder eine zu einem Schleuderpreis erworben.
    »Na? Viel Arbeit gehabt?«, erkundigte sie sich.
    »Ich habe vor einer halben Stunde ein signiertes Exemplar von Psmith macht alles über das Internet vertickt. Im Laden war nichts los - kaum überraschend bei dem Wetter. Aber das macht nichts, der Wodehouse-Verkauf hat alles wieder wettgemacht.« Er legte den Arm um ihre Taille und zog sie an sich. »Ich habe den Ofen angemacht und zur Feier des Tages eine Flasche Rotwein aus dem Keller geholt.«
    Er küsste sie sanft auf die Lippen, und Hannah sagte sich, dass dies sicher nicht der richtige Augenblick war, ihm Fragen zu Bethany Friend zu stellen. Harmonische Momente waren einfach zu wertvoll. Er würde sich über die Fragen ärgern und ihr vorwerfen, ihm nachzuspionieren. Sie konnte seine beleidigte Unschuld schon jetzt geradezu hören.
    »Um Himmels willen, Hannah, was ist bloß in dich gefahren? Traust du mir etwa nicht mehr? Also ehrlich - du wirst doch nicht etwa eifersüchtig auf eine tote Frau sein, oder?«
    Und so drückte sie seine Hand und sagte: »Prima!«

Kapitel Acht
    An diesem Abend erwähnte Hannah Bethany Friends Namen nicht. Marc bereitete einen köstlichen Bœuf Bourguignon zu, und dazu tranken sie eine Flasche Merlot. Beim Essen sahen sie sich eine DVD mit einer sentimentalen romantischen Komödie an, deren Inhalt Hannah schon beim Abspann wieder vergessen hatte. Als Marc vorschlug, früh zu Bett zu gehen, stimmte sie sofort zu. Während sie sich auszog, überlegte sie, wann sie sich das letzte Mal mitten in der Woche geliebt hatten - schließlich mussten sie beide morgens früh aufstehen. Es wäre einfach unverzeihlich, diesen wunderbaren Augenblick mit einem Kreuzverhör über die im Schlangenweiher ertrunkene Frau zu entweihen.
    Marc war ein geduldiger und zärtlicher Liebhaber. So war es immer zwischen ihnen gewesen. Als sie sich kennengelernt hatten, bewunderte Hannah vor allem die Tatsache, dass Marc sich erheblich mehr für Bücher als für Rugby oder Fußball interessierte. Als junge Polizistin war sie oft mit Männern ausgegangen, denen Sport mehr bedeutete als Sex. Marcs Sinnlichkeit hatte sie erregt; sie unterschied ihn von anderen. Als er sie fragte, ob sie zu ihm ziehen wollte, hatte sie ja gesagt, bevor er seinen Entschluss hatte widerrufen können. Sie hatte diesen Schritt noch nie bereut. Manchmal musste man eben seinen Instinkten vertrauen

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