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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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nicht das Schlimmste. Dieser Satz verstörte ihn viele Jahre lang.
    Daniels Mutter verlangte immer, dass Ben seinen Job außen vor ließ und die Tür vor der harten, entsetzlichen Welt der Verbrechen verschloss, sobald er nach Hause zu seiner Familie kam. Sie fürchtete den Gedanken, dass die Morde ihr Privatleben beeinflussen könnten. Doch Ben brachte es niemals fertig, lange unbeteiligt zu bleiben. Der Drang, Gerechtigkeit zu üben, trieb ihn an; ironischerweise war genau das der Grund dafür, warum er den Menschen, die ihm am meisten bedeuteten, häufig keine Gerechtigkeit widerfahren ließ.
    Plötzlich verspürte Daniel den drängenden Wunsch, mit Hannah Scarlett über seinen Vater zu sprechen. Ben musste die Leidenschaft bewundert haben, die sie für ihre Arbeit an den Tag legte. Ihr ging es nicht einfach nur darum, Kästchen auf Formblättern anzukreuzen und in die Rentenkasse einzuzahlen, bis sie nach dreißig Jahren eine ordentliche Pension kassieren und sich zwischen Golfreisen an die Algarve als Sicherheitsberaterin für Unternehmen ein nettes Zubrot verdienen konnte. Hannah gehörte ebenfalls zu den Menschen, die dafür einstanden, dass unschuldigen Opfern die verdiente Gerechtigkeit widerfuhr.
    Seit er Hannah begegnet war, hatte er Mord aus nächster Nähe erlebt und hatte die Verwüstung gesehen, die ein solches Verbrechen hinterließ. Mord veränderte Menschenleben für immer und riss Familien auseinander. Trotzdem hatte es keinen Sinn, sich vorzumachen, sein Interesse wäre rein akademischer Art. Mord faszinierte ihn nicht nur, er verfolgte ihn geradezu. Das hatte er mit de Quincey gemein. Schon als kleiner Junge hatte er Stunde um Stunde auf seinen Vater gewartet und sich ausgemalt, wie er mit einer Hand und unbewaffnet dabei war, verrückten Killern Handschellen anzulegen.
    Aber auch einer anderen Tatsache sollte er ins Gesicht sehen. Es war nicht allein das Interesse an der Arbeit von Kriminalisten und die Möglichkeit, mehr über den Vater zu erfahren, der seine Familie für ein neues Leben verlassen hatte, die ihn an Hannah faszinierte. Schon bevor Miranda ihn verlassen hatte, fühlte er sich stark zu ihr und der Leidenschaft hingezogen, die unter ihrer kühlen Professionalität loderte. Aber Hannah war mit Marc zusammen, und Daniel würde sich nie dazu hinreißen lassen, in eine Beziehung einzubrechen.
    Das Telefon klingelte. Froh über die Ablenkung griff er zum Hörer. Seine Gedanken bewegten sich auf gefährlich dünnem Eis.
    »Daniel Kind.«
    »Arlo hier.« Denstone telefonierte mit einem Handy, und der Empfang war miserabel - ein häufiges Problem im Lake District.
    »Ich bin gerade in der Gegend und wüsste gern, ob Sie einen Augenblick Zeit haben.«
    »Klar, das wäre toll. Ich habe Sie übrigens heute Morgen im Radio gehört.«
    »Wirklich?« Arlo klang erfreut.
    »Sofort hat sich mein schlechtes Gewissen gemeldet. Bis zum Termin zur Ablieferung meines Skripts für das Festival ist es nicht mehr lang.«
    »Ich brauche es Ende der Woche und freue mich schon darauf.«
    »Ich äh ... sitze gerade an der Arbeit.«
    »Es macht Ihnen hoffentlich nichts aus, dass ich mich einfach so bei Ihnen einlade. Glauben Sie bitte nicht, dass ich Sie kontrollieren will.«
    Mit zusammengepressten Zähnen äußerte Daniel einige annähernd wohlmeinende Laute.
    »Ich verspreche Ihnen, Sie nicht allzu lang zu stören, aber seit Sie als Hauptredner zugesagt haben, möchte ich Sie doch gern mal kennenlernen. Und bleiben Sie ruhig am Schreibtisch sitzen, bis ich da bin. Ich denke, ich schaffe es in einer Viertelstunde.«
    »Dann setze ich schon einmal Kaffee auf.«
    Daniel legte auf und trottete barfuß in die Küche. Wenn die Worte nicht mehr wie von selbst kamen, war jede Entschuldigung, die Arbeit zu unterbrechen, willkommen. Er fühlte sich wie ein Steinmetz, der auf einen unnachgiebigen Fels einhämmerte. Trotzdem ärgerte er sich, dass der Anruf seine Konzentration gestört hatte - zumindest bis ihm klar wurde, dass seine Gedanken beim Klingeln des Telefons schon längst von Mord zu DCI Hannah Scarlett abgedriftet waren.
    Cassie Weston hätte eigentlich an diesem Morgen freigehabt, doch nachdem sich zwei Halbtagskräfte mit dem grassierenden Virus angesteckt und krankgemeldet hatten, war sie bereit gewesen, bis zur Mittagspause einzuspringen. Marc zahlte nicht gern für Überstunden, doch für Cassie machte er gern eine Ausnahme. Er gestattete sich sogar den Gedanken, ob ihre Bereitwilligkeit, ihm zu

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