Zu Staub Und Asche
freigestellt.
»Wahrscheinlich wissen Sie, dass ihr Ehemann kurz vor Weihnachten gestorben ist?«
»Louise sagte, er wäre verbrannt.«
Arlo wand sich in seinem Sessel. »Genau. Ist das nicht entsetzlich?«
»Sein Bootshaus ist abgebrannt?«
»Also, ein normales Bootshaus war das nicht. Es diente ihm offenbar als Bibliothek für seine seltenen Bücher - eine Art Unterschlupf oben am Ullswater. Wanda war Saffells zweite Frau, und ich glaube behaupten zu können, dass sie ganz schön schwierig war. Ich habe beide nach der ersten Veranstaltung kennengelernt, ein paar Tage nachdem ich meine Aufgabe hier aufgenommen hatte. Sie hatte schon ein paar Drinks intus und ... na ja, sie zeigte ziemlich deutlich, dass sie nicht allein an dem Festival interessiert war. Natürlich hat es mir geschmeichelt, aber ich brauche wohl nicht besonders zu erwähnen, dass ich mich recht bald entschuldigte und ging.«
Arlo bemühte sich redlich, verlegen auszusehen, doch Daniel ließ sich nicht recht überzeugen. Vielleicht war er gar nicht schwul und sein leicht affektiertes Benehmen nichts als Pose. Oder ein Verteidigungsmechanismus.
»Heikle Angelegenheit!«
»Danach hat sie mich fast täglich angerufen. Sie besitzt eine kleine Druckerei und veröffentlicht ab und zu künstlerisch gestaltete Bücher. Unter anderem auch einen Gedichtband eines ihrer Freunde, der sich an de Quincey orientiert und den sie unbedingt lancieren wollte. Natürlich habe ich gern dabei geholfen, aber sie hat meine Anstrengungen missdeutet.«
»Und dann starb ihr Mann?«
»Es war eine Tragödie und ein Schock für uns alle. Ich dachte, Wandas Gefühle würden abkühlen, aber Heiligabend hat sie mich wieder angerufen. Ich glaube, ich habe sie ziemlich abblitzen lassen. Nicht, dass ich unhöflich sein wollte, aber sie hat mich auf dem falschen Fuß erwischt. Als sie auf diese Party kam, wollte ich mich bei ihr entschuldigen, aber sie war nicht in der Stimmung für eine Versöhnung. Offenbar hatte sie bereits zu Hause ganz schön einen getankt, bevor sie bei der Party ankam, aber meiner Meinung nach wäre das durchaus verständlich. Vielleicht hatte sie Schuldgefühle.«
Daniel starrte ihn an. »Sie wollen doch nicht etwa behaupten, Wanda Saffell hätte etwas mit dem Tod ihres Mannes zu tun?«
Arlo machte eine Pause, ehe er antwortete: »Um Himmels willen! Ganz bestimmt nicht! Ich meine natürlich Schuldgefühle - weil sie so kurz vor Georges Tod mit einem anderen Mann geflirtet hat.«
»War das Feuer ein Unfall?«
»Ich habe gehört, dass der Brand bewusst gelegt worden sein soll.«
»Von Saffell selbst? Ein Versicherungsbetrug, der aus dem Ruder gelaufen ist?«
»Er brauchte kein Geld. Wanda hat mir erzählt, dass er sein Unternehmen zum Höchstpreis verkaufen konnte. Vielleicht wollte ihn jemand aus dem Weg räumen. Als ich ihn kennenlernte, hatte ich den Eindruck, dass er ein anständiger Kerl war - aber immerhin war er Immobilienmakler, und die sind nicht immer beliebt.«
»Aber man bringt doch niemanden um, bloß weil er einem den Umzug vermasselt!«
Arlo grinste schadenfroh, und Daniel vermutete, dass er ein ebensolcher Voyeur wie Thomas de Quincey war, wenn es um Mordfälle ging. »Wer weiß schon, zu welchen Taten Menschen fähig sind, wenn man sie in Extremsituationen bringt. Jedenfalls finde ich es wirklich jammerschade, dass Wanda mein Gespräch mit Louise unterbrochen hat. Ihre Schwester ist eine bezaubernde Frau!«
Daniel hätte Louise nicht unbedingt als bezaubernd bezeichnet. Sie war seine Schwester, und er ordnete sie nach wie vor in die Schublade der steifen Anwältin ein.
»Sie hat erzählt, dass sie Ihnen begegnet ist.«
»Ich wusste nicht einmal, dass sie und Stuart Wagg ...«
»Sie haben sich bei einem juristischen Seminar kennengelernt. Louise ist Dozentin für Unternehmensrecht.«
»Das hört sich ganz nach Liebe auf den ersten Blick an. Stuart ist ein sehr erfolgreicher Anwalt - genau der Mann, den man gern an seiner Seite hat.«
»Wie meinen Sie das?«
Arlo senkte die Stimme, als fürchte er heimliche Lauscher. »Er hat den Ruf, rücksichtslos zu sein. Ein guter Freund, aber ein schlechter Feind - das sagen zumindest die Leute. Ich persönlich halte ihn für ausgesprochen kultiviert und freue mich, dass seine Kanzlei unser Festival sponsert. Sie hat sogar eine Broschüre namens Rechtsanwälte für Literatur drucken lassen. Verständlich, immerhin ist Stuart ein absoluter Büchernarr. Er sammelt mit wahrer
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