Zu Staub Und Asche
Leidenschaft.«
»Genau wie George Saffell.«
»Merkwürdig, denn ansonsten sind sie sich absolut nicht ähnlich. George war ausgesprochen reserviert, ganz anders als der charismatische Stuart. Natürlich ist Stuart ein gutes Stück jünger.«
Das Telefon klingelte. Daniel griff nach dem Hörer.
»Bist du das, Daniel?«
»Louise?«
Ihre Stimme war kaum zu erkennen. Sie schien nicht nur völlig außer Atem zu sein, sondern klang auch noch ziemlich verängstigt. Daniel umklammerte den Hörer. Arlo Denstone lehnte sich in seinem Sessel nach vorn. Daniels besorgte Frage machte deutlich, dass etwas nicht stimmte.
»Ich stehe in einer Parkbucht in der Nähe von Windermere. Gut, dass du zu Hause bist. Kann ich zu dir kommen? Jetzt sofort?«
»Was ist passiert?«
»Es geht um Stuart.«
»Was ist mit ihm?«
Daniel warf Arlo einen Blick zu. Sein Gast bemühte sich zwar, seine Neugier zu verbergen, doch er spitzte ganz eindeutig die Ohren.
»Wir haben uns ganz furchtbar gestritten. So etwas habe ich noch nie ...«
»Gestritten?«
»Daniel!« Sie begann zu weinen. »Er ist ...«
»Ja?«
»Es ist vorbei.« Sie unterdrückte ein Schluchzen. »Tot.«
Kapitel Neun
»Du kommst am besten sofort her«, sagte Daniel.
Louise keuchte am anderen Ende der Leitung. Ihr fehlten die Worte.
»Hörst du? Jetzt gleich.«
Er war entschlossen, nicht panisch zu reagieren, doch das Problem dabei war, dass er Louise noch niemals so verzweifelt erlebt hatte. Ausgerechnet die beherrschte, besonnene Louise. Louise, deren Härte und erbarmungslos spitze Zunge ein halbes Dutzend Beziehungen zerstört hatten. Daniel mochte Stuart Wagg nicht, und es war nicht das Ende dieser Affäre, das ihm Sorge bereitete, sondern die nackte Angst in der Stimme seiner Schwester. Als wäre etwas ganz Schreckliches passiert, etwas, das sie weder zu beschreiben noch zu erklären wagte.
»Gut. Einverstanden.«
Louise hatte aufgelegt.
»Probleme?« Arlo Denstones Augen glitzerten neugierig.
Daniel atmete tief durch. »Meine Schwester. Sie ist ...«
»Ja?«
»Ziemlich nervös.«
Das klang zwar lahm, aber was sollte er sonst sagen? Arlo schien jede Art von Klatsch zu genießen, und am liebsten war es ihm offenbar, wenn das Gerücht nach einem Skandal roch. Und Daniel wollte unbedingt vermeiden, dass Louise zum Gegenstand von Geschwätz des gesamten Lake District wurde.
»Sie müssen sich natürlich jetzt um Ihre Schwester kümmern. Glauben Sie mir, Sie können froh sein, dass Sie sie haben.« Arlo blickte auf die Uhr. »Wenn sie jetzt kommt, mache ich mich lieber vom Acker. Ich habe auch noch eine Menge im Büro zu tun. Unser Zeitplan ist ziemlich knapp. Wir unterhalten uns noch einmal, sobald ich Ihre Rede auf dem Tisch habe.«
»Tut mir leid ...«
Arlo streckte die Hand aus. »Sie brauchen sich doch nicht zu entschuldigen! Ich hoffe, dass Louise nicht in Schwierigkeiten ist. Wirklich, sie ist eine ganz Süße. Und ich würde Ihnen gern helfen. Wenn ich irgendetwas für Sie tun kann, sagen Sie mir Bescheid, okay?«
»Danke, aber ich glaube, es ist alles halb so schlimm.«
Sobald sich die Tür hinter seinem Besucher geschlossen hatte, stürmte Daniel hinauf ins Gästezimmer und riss das Fenster auf. Draußen prasselte der Regen, doch das Zimmer musste gelüftet werden. Was mochte zwischen Louise und Stuart Wagg vorgefallen sein? Ein Satz von Arlo Denstone kam ihm plötzlich in den Sinn: Er hat den Ruf, rücksichtslos zu sein.
Es war nicht gerade eine taktvolle Bemerkung gegenüber dem Bruder von Waggs neuester Flamme, aber vielleicht war Arlo der Meinung, dass Daniel es wissen sollte. Oder gab es noch ein anderes Motiv? Das leicht affektierte Benehmen konnte man nicht ernst nehmen. Vielleicht hatte sich Arlo ebenfalls in Louise verguckt. Er war noch nicht lange wieder in England und sehnte sich möglicherweise nach weiblicher Gesellschaft. Nach einer intelligenten, attraktiven, selbstbewussten Frau. Dass er Wanda Saffell zurückgewiesen hatte, stand auf einem anderen Blatt.
Ihre Schwester ist eine bezaubernde Frau!
Daniel knallte die Schranktür zu. Louises Leben war schon jetzt schwierig genug. Sie brauchte weiß Gott keinen Arlo Denstone, um alles noch komplizierter zu machen.
Das Telefon klingelte erneut.
Himmel, was war denn jetzt noch? Daniel hastete die Treppe hinunter.
»Ist dort Daniel Kind?«
Die Stimme des Anrufers war ihm unbekannt. Ein langsam sprechender Mann. Nicht mehr ganz jung, gebildet, irischer Akzent.
»Ich bin
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