Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
Vom Netzwerk:
Inspector. Erklärt das nicht vielleicht einiges? Also, mir ist es ehrlich gesagt zu kalt, um noch länger ohne Mantel hier herumzustehen, und ich bin ganz sicher, dass auch Sie üblicherweise Ihre Anhörungen nicht auf der Türschwelle absolvieren wie ein Klatschreporter. Kommen Sie rein, bevor wir uns beide hier noch den Tod holen.«
    Sie ging Hannah voraus in einen schmalen Korridor. Sie hatte darauf bestanden, in ihrem Verlag mit Hannah zu sprechen, und zunächst war Hannah enttäuscht gewesen. Seit ihren ersten Jahren bei der Kriminalpolizei führte sie ihre Anhörungen, wenn irgend möglich, gern in den heimischen vier Wänden ihrer Gesprächspartner. Und zwar am liebsten nach Beendigung des Arbeitstages, wenn die Leute nicht nur entspannter, sondern vielleicht auch weniger aufmerksam waren. Außerdem konnte man so während des Gesprächs sehr viel mehr über sein Gegenüber erfahren - indem man einen Blick in seine Regale warf und sich einen Eindruck über seinen Geschmack hinsichtlich der Einrichtung, der Bücher und der Musik verschaffte, mit denen er sich umgab. Andererseits hatte Wanda das Haus mit George geteilt, und das ließ darauf schließen, dass dessen Innenleben vermutlich mehr über den beklagenswerten Verstorbenen als über Wanda selbst aussagte. Vielleicht gab es hier sogar mehr Anhaltspunkte.
    »Kennen Sie sich mit Druckereien aus?«, erkundigte sich Wanda über die Schulter hinweg.
    »Leider nicht.«
    »Marc ist ausgesprochen interessiert, wie Sie vermutlich wissen.«
    Hannah wusste offenbar gar nichts. Nicht einmal nach all den Jahren.
    Vor einer Tür blieb Wanda stehen und stieß sie auf. Ein großer Raum mit drei unterschiedlichen Druckmaschinen und einem mit Papier beladenen Tisch rückte ins Blickfeld. Die gegenüberliegende Wand verschwand unter Schränken. Einer von ihnen stand offen, und Hannah konnte sehen, dass er von unten bis oben mit Drucktypen vollgestopft war.
    »Hier findet der größte Teil unserer Arbeit statt. Schauen Sie sich ruhig um.«
    Sofort fiel Hannah wieder der Geruch auf, den sie zuvor schon wahrgenommen hatte. Das also war Wandas Parfüm - das Aroma guter, altmodischer Tinte. Neben der Tinte dominierte der erdige Geruch gerade geschnittenen Papiers, abgerundet mit einem Hauch frischen Klebers.
    Wanda atmete tief ein. »Berauschend, nicht wahr? Seitdem ich hier angefangen habe, brauche ich fast jeden Tag meine Ration - eine volle Ladung ganzheitlich-sinnliche Erfahrung einer Druckerpresse in Aktion. Selbst der Maschinenlärm macht mich in gewisser Weise an. Wir leben heutzutage in einer mehr oder weniger virtuellen Welt, aber das hier ist Realität!«
    »Hm.«
    »Nicht Ihr Ding, Chief Inspector? Fragen Sie Marc, er versteht das.«
    Wieso brachte Wanda immer wieder Marc zur Sprache? Etwa, um ihr das Gefühl zu vermitteln, dass eine Frau, die der eigene Lebensgefährte gut kannte, keine Mörderin sein konnte?
    »Oh, da bin ich ganz sicher.«
    »Zumindest kann ich nicht dafür belangt werden, dass ich von Tintengeruch und Papierballen high werde.« Wanda zeigte auf ein großes, schweres Gerät, das in einer Ecke stand. »Eine fußgetriebene arabische Druckerpresse - ein tolles Gerät, das vor hundert Jahren überall benutzt wurde. Diese Pressen haben mich schon immer fasziniert, aber ich hatte nie genügend Zeit oder Mittel, mir eine zuzulegen. Diese hier fand ich schließlich auf einer Auktion. Sie war unglaublich billig, weil sie komplett auseinandergenommen war. Ein paar Tage später lernte ich George kennen, als sein Unternehmen die PR-Arbeit ausschrieb. Ich konnte nicht widerstehen, meine gerade erst erworbene, zerlegte arabische Presse zu erwähnen.«
    »Und wie reagierte er darauf?«
    »Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden lag ich in seinem Bett, und drei Monate später flitterten wir auf den Malediven. Ich ließ die PR zugunsten der Freuden eines eigenen Kleinverlags sausen. Kein Grund zur Missbilligung - mit reiner Geldgier hatte es nichts zu tun. Mein erster Ehemann war Musiker, und ich behielt ihn trotzdem jahrelang.«
    Sie blickte Hannah direkt in die Augen, als wolle sie sie herausfordern, sich ihre eigenen Gedanken darüber zu machen. Eine streitlustige Frau! Eine unangenehme Widersacherin.
    »Lassen Sie uns nach nebenan gehen«, verkündete Wanda, als fände sie, es wäre Zeit, den Mund zu halten. »Ich mache Ihnen eine Tasse Kaffee.«
    Es war eine Feststellung, keine Frage. Sie führte Hannah in einen etwas kleineren Raum auf der anderen Seite

Weitere Kostenlose Bücher