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Zu Staub Und Asche

Zu Staub Und Asche

Titel: Zu Staub Und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Edwards
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oder?«
    Scheiße, Scheiße, Scheiße! Hannahs Schuldbewusstsein fühlte sich an wie Magenkrämpfe. Könnte sich doch die Erde auftun und sie verschlucken! Warum nur hatte sie gestern Abend nichts gesagt? Schließlich gab es nichts zu verbergen! Hannah wusste nicht, wie Marc es herausbekommen hatte - aber vielleicht war einer seiner Kunden im The Tickled Trout gewesen und hatte sie und Daniel gesehen.
    »Das ist doch lächerlich«, murmelte sie.
    »Oh, da habe ich wohl einen Nerv getroffen, wie? Klar, Daniel ist schließlich Bens Sohn.«
    Hannah wirbelte herum. »Was soll das heißen?«
    »Du warst doch ganz wild auf Ben!«
    »Wir waren Kollegen, und weiter ist es nie gegangen. Und jetzt gehe ich. Ich weiß noch nicht, wann ich zurückkomme.«
    »Lass dir ruhig Zeit!«
    Schweigend band sie ihren Schal um und widerstand der Versuchung, ihn um seinen Hals zu zurren. »Ach übrigens, Hannah?«
    »Was denn?«
    »Dein Lippenstift ist verschmiert. Du solltest den Klecks abwischen, wenn du für Daniel Kind richtig gut aussehen willst.«

Kapitel Sechzehn
    An der Strecke von Undercrag zum The Tickled Trout lag am Ende einer Häuserreihe eine trendige Bar. Vor der Bar hatte man die Straße aufgerissen; eine provisorische Ampelanlage regelte den Verkehr. Während Hannah eine gefühlte Ewigkeit an der roten Ampel wartete, kamen ein Mann und eine Frau aus der Bar auf die Straße. Ihr unsteter Gang zeugte davon, dass sie ordentlich gebechert haben mussten. Irgendwann blieben sie stehen und küssten sich. Obwohl Hannah ihre Gesichter nicht sehen konnte, kamen ihr die beiden Gestalten bekannt vor. Die Frau lehnte sich an eine Backsteinmauer, der Mann drückte sich an sie. Seine Hände bewegten sich hinter ihr, als wäre er dabei, ihren Rock anzuheben. Hannah sah neugierig und ohne Scham zu. Manchmal muss ein Kriminalist auch zum Voyeur werden.
    Ein ungeduldiges Hupen riss ihre Aufmerksamkeit von dem Liebespaar zurück auf die Straße. Endlich war die Ampel auf Grün umgesprungen. Aber Hannah zögerte. Sie konnte sich nicht entschließen loszufahren. In diesem Augenblick wechselte die Anlage wieder auf Rot. Sie stellte sich vor, wie wütend der Fahrer des Autos hinter ihr jetzt sein musste, und hob entschuldigend die Hand. Leider war es so dunkel, dass er nichts sehen konnte.
    Beim Klang der Hupe war das Liebespaar auseinandergefahren. Wahrscheinlich dachten die beiden, der Beifall gelte ihnen. Eilig verzogen sie sich in eine düstere Passage, die hinter der Häuserreihe entlanglief. Für den Bruchteil einer Sekunde wurden ihre Gesichter im Schein einer Straßenlampe sichtbar. Hannahs Instinkt hatte sie nicht getrogen.
    Nathan Clare und Wanda Saffell hatten wieder zusammengefunden.
    Hannah drückte aufs Gas, sobald sie die Geschwindigkeitsbegrenzung des Stadtgebietes hinter sich gelassen hatte, kam aber trotzdem zehn Minuten nach der vereinbarten Zeit im The Tickled Trout an. Der Parkplatz war ziemlich voll. Hannah entdeckte Daniels Audi und quetschte sich auf die markierte Zone daneben. Als sie durch die Tür stürmte, brach am Stammtisch ein heiserer Jubel aus. Doch das Gejohle hatte nichts mit ihr zu tun: Im Pub fand der wöchentliche Quizabend statt, und zwei Runden vor Schluss führte nun die Heimmannschaft.
    Daniel lehnte an der Bar und beobachtete die Menschenmenge. Als sich ihre Augen trafen, setzte Hannahs Herz einen Schlag aus. Es war absurd, aber das Letzte, was sie jetzt brauchen konnte, war das Benehmen einer Siebzehnjährigen beim ersten Date. Sie drängte sich durch die Schar der Gäste und beneidete Daniel um seine Gelassenheit. Wie konnte jemand so entspannt wirken, nachdem er nur Stunden zuvor eine gefolterte Leiche gefunden hatte? Aber genau wie sein Vater schien er mit Katastrophen relativ locker umgehen zu können. Auf dem Tresen neben ihm standen bereits zwei Gläser Chablis. Offenbar besaß er die Fähigkeit, ihre Gedanken zu lesen, was jedoch bedeutete, dass sie höllisch aufpassen musste. Wenn er tatsächlich ihre geheimsten Wünsche erahnen könnte, würde sie sich in Grund und Boden schämen.
    »Hannah! Danke, dass Sie Zeit für mich gefunden haben.«
    Sie reichten sich die Hand. Sein Händedruck war warm und fest. Während er ihr voraus zu dem abgelegenen Tisch ging, an dem sie bereits am Vorabend gesessen hatten, erklang ein Glöckchen, und ein rundlicher Quizmaster, der sich offenbar hauptsächlich von Fritten ernährte, verkündete die nächste Frage.
    »Wer wurde im Battlecrease House in Liverpool von

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