Zu viele Flueche
schämen.« Er warf einen missbilligenden Blick auf sie hinab, obwohl er den Blick schweifen lassen musste, um sicherzugehen, dass er die unsichtbare Echo erwischte.
»Spinner.« Sir Thedeus flog hinter Nessy her.
»O verdammt«, seufzte Echo. »Weißt du, als ich noch einen Körper hatte, war ich Dichterin, keine Heldin. Ich habe einen bösen Limerick über einen Zauberer geschrieben, von dem ich dachte, ich würde ihm nie begegnen. Und jetzt bin ich hier.« Ihre Stimme folgte dem Flughund. »Verdammt. Warum musste es auch so schwierig sein, einen Reim auf Spargel zu finden?«
Nessy kroch langsam zum Ende des Flurs. Es gab keinen Grund, Angst zu haben. Natürlich war die Tür etwas, das Margle fürchtete. Natürlich gab es da dieses unaussprechliche Grauen, das sie immer überkommen hatte, wenn sie nur den Blick darauf richtete. Natürlich hatte der Demontierte Dan in seiner wahnsinnigen Tirade ausdrücklich Die Tür erwähnt. Und natürlich sank die Temperatur ab und wurde das Licht der Fackeln trüber, je näher sie ans Ende des Flurs kam. Aber der Schrecken hinter Der Tür, auch wenn er noch so spürbar war, war doch die reine Spekulation. In einem Schloss voller echter Monster und fluchbelegter Bewohner erschien es ihr unvernünftig, sich davor zu verstecken.
Auf halbem Weg wurde die Luft so kalt, dass sie ihren Atem sehen konnten. In solchen Augenblicken konnte man Echo als frostige Nebelfetzen erkennen. »Es sieht ganz gut aus. Ich glaube, wir sollten umkehren.«
Sir Thedeus, der sich eng an Nessys Rücken klammerte, stimmte zu: »Aye, alles scheint in Ordnung zu sein. Kein Grund, näher ranzugehen.«
Das Nurgax jaulte leise.
Nessy ging weiter. In den meisten Fällen war sie für Vorschläge offen. Vor allem für Vorschläge, die mit ihren Instinkten in Einklang standen. Aber keine Furcht, vor allem keine so vage und unbestimmte, war ihrer Abscheu für Unordnung und ihrem hartnäckigen Arbeitsethos gewachsen.
Das Schloss machte immer Geräusche. Es rumpelte und ächzte, knarrte und murmelte; manchmal dröhnte und bebte es sogar. Nessy nahm den ständigen Radau kaum noch wahr, aber sie bemerkte sein Fehlen, als sie noch zehn Fuß vom Ende des Flurs entfernt waren. Es schien, als wage das Schloss nicht zu atmen.
Nessy war nie zuvor so weit den Flur entlang gegangen. Und auch niemand sonst, soweit sie wusste. Nicht einmal Margle.
»Wir sind ohne jeden Zweifel nah genug«, flüsterte Echo. »Kein Grund, noch näher heranzugehen.«
Sir Thedeus sprang von Nessys Rücken. »Ganz meine Meinung.«
Aber Nessy ging weiter, und das Nurgax, zwar widerstrebend, aber treu wie immer, folgte ihr auf dem Fuß. Sie streckte die Hand vor und legte sie an die kalte Wand, wo sich vorher die Tür befunden hatte. Der Flur bebte fast unmerklich.
Dann: nichts.
»Ist sie da?«, fragte Echo. »Ist sie unsichtbar?«
Nessy schüttelte den Kopf. Sie hatte ihre Angst verloren und fuhr nun mit den Händen an der Steinwand auf und ab. »Nein, hier ist nichts.«
»Aber sie muss hier sein«, sagte Sir Thedeus. »Spürst du sie nicht? Mir graut’s, ich hab furchtbare Schmerzen in den Zähnen, und wenn meine Zähne wehtun, dann ist immer was faul.«
Nessy musste ihm zustimmen. Sie spürte zwar nichts in ihren eigenen Zähnen, aber es stand fest, dass das Prickeln in ihren Ohren über die reine Einbildung hinausging. Wenn Die Tür nicht hier war, dann war sie auf jeden Fall nicht weit entfernt. Das Problem, das ihr durch den Kopf ging, bestand darin, sie zu rinden und dorthin zurückzubringen, wo sie hingehörte.
»Können wir jetzt gehen?«, fragte Echo. »Ich glaube, wir sollten gehen.«
»Aye.« Sir Thedeus flog zurück, ohne auf die anderen zu warten, und krachte gegen Die Tür Am Ende Des Flurs. Er krabbelte davon, bis in die entfernteste Ecke, die er hoch unter der Decke finden konnte.
Das offene Ende des Flurs war verschwunden, stattdessen befand sich dort Die Tür.
»Wir sitzen in der Falle.« Echos weißer Atem wurde zu ängstlich ausgestoßenen Wölkchen. »Sie hat uns eingeschlossen.«
Die Tür ächzte, als sich ihre eichenen Bohlen vorwölbten.
Das Nurgax heulte vor Entsetzen. Nessy legte ihm eine Hand auf die Schnauze. Es beruhigte sich wieder.
Sie ging zu Der Tür, jetzt nicht mehr ängstlich. Es war doch absurd, sich vor einer Tür zu fürchten, beschloss sie. Gleichgültig, wie viel übernatürliche Bosheit dahinter stehen mochte. Sie hatte Die Tür noch nie so aus der Nähe gesehen. Der Eisenbalken davor
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