Zu viele Flueche
ich noch schneller sause, werden wir einem scheußlichen Schicksal entgegensehen. Lass mich landen und meinen Leib luxurieren.« Sie ließ die Maus los, um ihre Beine zu strecken.
»Ich glaube aber nicht, dass das die richtige Verwendung von luxurieren ist«, bemerkte er.
»Schenk mir doch ein Stückchen Spielraum in meiner Sprache. Da ich meinen Fluch nicht ganz und gar unter der Fuchtel habe, muss ich mein Murmeln von Moment zu Moment in die Mangel nehmen.«
Morton putzte seine Schnurrhaare. »Ich verstehe immer noch nicht, warum dich Margle doppelt verflucht hat.«
»Mögen Magier miserable Mirakel?« Sie knabberte an ihrem Flügel. »Ich glaube, dieses Gemengsei gruselt nur unser Gehirn. Ich persönlich postuliere, Margle wollte nur den Pococurantismus prokrastinieren.«
»Pococurantismus?«
»Ein Synonym für Stumpfsinn.« Olivia seufzte. Ihr Fluch der endlosen Alliterationen war an sich zwar nicht so schlimm, aber er konnte wirklich lästig sein.
Morton verbrachte viel Zeit mit ihr, und es kam immer noch vor, dass er ihr nicht folgen konnte.
»Vielleicht kannst du jetzt, wo Margle tot ist, bald wieder normal reden.«
»Du bist wirklich permanent positiv, Morton. Trotz meiner negativen Neigung muss ich ehrlich eingestehen: Du wirkst überaus überschwänglich.«
»Zu freundlich von dir.« Seine Schnurrhaare zuckten, als er kicherte. »Obwohl ich schon glaube, dass es mir ein bisschen fehlen wird, falls es tatsächlich aufhört. Eigentlich ist es manchmal wirklich schön.«
Sie lachte. »Eine außergewöhnliche Abstrusität.«
Er grinste. »Absolut.«
Maus und Eule waren sehr ineinander verliebt. Ihre verzauberten Gestalten mochten ihrer Beziehung Grenzen auferlegen, aber keiner von beiden verschwendete seine Zeit damit, über Dinge nachzudenken, auf die sie keinen Einfluss hatten. Sie waren einfach glücklich, einander zu haben. Er schmiegte sich eng an ihre Daunen, und sie deckte einen Flügel über ihn. So saßen sie zufrieden schweigend ein paar Minuten lang da, bis das Geläut von Glocken ihre Aufmerksamkeit weckte.
Der Vampirkönig torkelte aus den Schatten. Einst war er ein mächtiger Herrscher der Untoten gewesen. Jetzt aber war er nur noch ein stolpernder Leichnam, der sich keine frische Mahlzeit beschaffen konnte. Margles Fluch, der dem König gegolten hatte, war einfach: Zunächst hatte er dem Vampir einen großen Teil seiner übernatürlichen Fähigkeiten genommen.
Dann hatte er dafür gesorgt, dass die geringfügigste Bewegung das Klingeln von unsichtbaren Glocken auslöste. Wenn er ging, läutete er. Wenn er rannte, konnte man ihn aus tausend Yard Entfernung hören. Das machte es ihm vollkommen unmöglich, ein Opfer zu finden.
Olivia schnappte Morton mit ihren Krallen und flog auf eine hohe Stange, während sich der König unter ihr dahinschleppte.
»Guten Abend«, sagte Morton.
Der Vampirkönig grunzte. Er winkte, und drei hübsche Töne erklangen.
»Auf dem Weg zu einem Plausch mit Walter?«
Wieder grunzte er. Jede Nacht stieg er auf der Suche nach frischem Blut aus seiner Krypta empor, und jede Nacht musste er sich damit begnügen, an der blutenden Wand zu lecken.
»Kläglicher kümmerlicher Kerl.«
»Könnte freundlicher sein«, sagte Morton. »Wir haben hier alle unter Flüchen zu leiden.«
Der König blieb kurz stehen, in den Fluren war es still. »Wir haben nicht alle gleichermaßen zu leiden.« Selbst wenn er seinen Mund bewegte, setzte sich das Klingeln fort. »Ich war der General der größten Armee von Untoten, die die Welt je gesehen hat. Meine Soldaten streiften durchs Land. Sieben Königreiche wurden meinen Ghulen verfüttert. Und die, die wir nicht fraßen, wurden eingereiht. Wir waren einfach nicht zu stoppen. Ich war nicht zu stoppen.«
»Eine totale Tatsachenverdrehung«, sagte Olivia.
»Vollkommen verzerrt durch dein Vorhandensein in dieser verderblichen Villa.«
Die roten Augen des Vampirkönigs blitzten wütend in seinem verhärmten weißen Gesicht. »Es geht darum, dass ich jemand von Bedeutung war, bevor ich diesem abscheulichen Zauberer begegnet bin! Beschränkt zu sein auf das hier …« Er breitete die Arme aus und erfüllte den Flur mit einer lieblichen Melodie. »Das ist undenkbar!«
Empört rümpfte Morton seine rosa Nase. »Mit dieser Einstellung ist es kein Wunder, dass du keine Freunde hast.«
»Ich brauche keine Freunde.« Gebeugt schleppte sich der König mit melodischen Schritten davon. »Ich brauche Blut.«
Ein frostiger Wind fegte
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