Zu viele Morde
und es dann in ihren Tresor gelegt haben. Es kam in einem hochgesicherten Aktenkoffer, an das Handgelenk des Kuriers gekettet, nach Holloman, und Bernard Spencer hat es in unserer Anwesenheit geöffnet. Es ist mit Sicherheit echt. Ich hatte gehofft, irgendwo würde stehen, warum sich Desmond für Erica entschieden hat, aber das war nicht der Fall. Es gibt keine einzige persönliche Bemerkung.«
»Glauben Sie nicht, dass Dr. Davenport eine gute Chefin abgeben wird?«
»Ich denke, sie wird Cornucopia zugrunde richten. Deswegen will ich ihr eine Vereinbarung abringen, dass ich das Vorkaufsrecht für Dormus erhalte, wenn der Crash eintritt«, sagte Grierson.
»Wie viele von Ihnen wissen, dass Dr. Davenport Mr. Skeps’ Geliebte war?«, fragte Carmine.
Das verblüffte sie; anders war die Reaktion nicht zu deuten. Keiner von ihnen hatte es gewusst. Und hier stehe ich, Carmine der Störenfried, und streue Salz in die Wunde. »Ach, kommen Sie!«, sagte er spöttisch. »Das müssen Sie sich doch spätestens in dem Moment gefragt haben, als Sie den Inhalt des Testaments gehört haben.«
»Ich zumindest habe ehrlich geglaubt, Desmond hätte sie wegen ihrer Fähigkeiten ausgewählt«, sagte Grierson. »Und eigentlich verstehe ich auch gar nicht, warum die Tatsache, dass sie eine Beziehung hatten, daran etwas ändert. Desmond war niemand, der von Emotionen beeinflusst wurde. Es war ein Fehler, sie für so fähig zu halten, aber dieses Urteil hat er nicht gefällt, weil sie seine Geliebte gewesen ist.«
»Danke, Mr. Grierson. In der Tat hat sich Mr. Skeps schon vor vier Monaten von Dr. Davenport getrennt und hat sein Testament erst zwei Monate später verfasst. Was für Gefühle er auch immer hatte, sie haben seine Entscheidung eindeutignicht beeinflusst, genau wie Sie behaupten. Was mich fasziniert, ist Ihre Überzeugung, entgegen der landläufigen Meinung, dass Dr. Davenport für den Posten nicht geeignet ist. Gibt es dafür einen Grund?«
»Mein Bauchgefühl«, sagte Wallace Grierson. »Erica ist eine Hochstaplerin. Sie sind ein gescheiter Mann, Captain Delmonico. Es gibt immer ein Kind an der Spitze der Klasse mit nahezu perfekten Noten und einer brillanten Zukunft. Aber es gibt auch immer noch ein anderes Kind, das zu den Besten gehört, aber es nie bis an die Spitze schafft, weil ihre – wir benutzen mal das Femininum – Arbeiten zu individuell und zu unorthodox sind. Und wissen Sie was? Beim Klassentreffen nach zwanzig Jahren ist sie diejenige mit der brillanten Karriere. Aber Erica ist das perfekte Kind mit den perfekten Noten. Doch sie war noch nie etwas anderes als die Geschäftsführerin von Legal und hat deswegen einen Tunnelblick und einen Taschenrechner als Kopf.« Er runzelte die Stirn. »Mein Bauchgefühl sagt mir auch, dass sie nicht mit dem Herzen dabei ist, ein Firmenimperium zu leiten. Sie sehnt sich nach etwas anderem, aber wonach, weiß ich nicht.«
»Ein Bauchgefühl, Mr. Grierson, ist eine wunderbare Sache«, sagte Carmine ernst und ging weiter, ohne Desdemona mitzunehmen.
Partys, dachte er, können bessere Informationsquellen sein als Polizeiverhöre. Wenn Myron diese nicht gegeben hätte, hätte die Frau mit dem braunen Pfannkuchen-Hut nicht Mrs. Highmans Erinnerung wachgerufen, und der alte Cornucopia-Vorstand hätte nicht einen über den Durst getrunken.
Und die Gastgeberin macht langsam schlapp, stellte er fest, als er in ihre Richtung wanderte. Natürlich macht sie schlapp, weil sie eben keine Partymaus ist. Wohingegen Myron, Westküste bis aufs Blut, Partys über alle Maßen liebt – nein, drückdich anders aus, Carmine. Er muss ständig von Glamour und Betriebsamkeit umgeben sein, von wunderhübschen Leuten, die um ihn herum Geschäfte abschließen. Partys sind nur ein Teil des Ganzen. Genauso wichtig sind Mittagessen in der Polo Lounge und Abendessen in dem Restaurant. Wenn Myron uns besucht, tut er Buße. Nein, Juden tun keine Buße. Er ist wie einer dieser Typen, die mit einem Bündel Zweige gepeitscht werden, bevor sie sich unter die kalte Dusche stellen oder ins Dampfbad gehen. Wir sind Myrons Bündel Zweige, damit er die Köstlichkeiten seiner eigenen Welt besser genießen kann. Warum mag ich ihn so sehr? Weil er ein wirklicher Gentleman ist, Sophias wirklicher Vater, die Freundlichkeit und Großzügigkeit in Person und ein rundum großartiger Kerl. Was mich umbringt, ist mein Bauchgefühl, dass Myron eine sehr ungemütliche Fahrt durch den Tunnel der Liebe bevorsteht. Erst
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