Zuchthengst zu verkaufen
aus, als würden sie hinter der nächsten Zimmertüre gleich über einander herfallen.
„Dürfen wir Thomas auf unseren Ausflug mitnehmen – bitte? Gestern habe ich den ganzen Nachmittag verschlafen und hatte gar keine Gelegenheit, mich meinem Patenkind zu widmen.“
Bestimmt konnten weder Lea noch Ewan diesem treuherzigen Hundeblick widerstehen, der Scott ihnen zuwarf. Und damit lag Kate völlig richtig, denn wenige Minuten später marschierte sie an der Seite eines stolzierenden Scotts mit dem kleinen Thomas im Arm aus dem Frühstückszimmer. Beim letzten Blick zurück über ihre Schulter erhaschte sie die Blicke, die Lea und Ewan einander zuwarfen, und sie musste lächeln. Offensichtlich gedachten die beiden, die gewonnene Freiheit entsprechend zu geniessen und nicht unnütz verstreichen zu lassen.
***
Eine halbe Stunde später sassen sie in der geräumigen Kutsche mit zurückgefaltetem Verdeck, da der Tag zwar frisch, aber sonnig war. Scott hatte an alles gedacht und bereits vor Monaten eine Vorrichtung auf der Bank angebracht, mit der er den Kindersitz festmachen konnte. So sass der kleine Thomas wie ein König zwischen ihnen und machte ein wichtiges Gesicht. Fast schien es, als ob er genau verstünde, was ihm sein Onkel da erzählte, als dieser ihn informierte, dass er nun die allererste Tour über seine Ländereien unternehmen würde.
„Dies hier wird eines Tages alles Dir gehören, mein Junge.“ sagte er mit Stolz in der Stimme, als ob dies sein eigener Sohn sei. Kate fand die Szene rührend.
„Ist es nicht schwer für die jüngeren Geschwister zurückzustehen und dem Ältesten das gesamte Erbe zu überlassen?“ wunderte sie sich.
„Wer hat denn je behauptet, dass wir jüngeren Geschwister nichts geerbt hätten?“
„Oh, ich hatte angenommen –“
„Du hattest angenommen, dass ich trotz meiner Verwandtschaft zum Earl bloss dessen Angestellter bin.“
Betreten sah sie Scott an, worauf er seine barschen Worte gleich mit einem schelmischen Lächeln und seinem allseits bekannten Ohrenwackeln abschwächte.
„Wir haben alle grosse Summen Geld geerbt. Es ist nicht gut, das florierende Unternehmen, das sich über die ganze Grafschaft Ayrshire erstreckt, auseinander zu reissen. Deshalb werden die jüngeren Geschwister bei uns ausbezahlt. Aber jeder von uns Dreien hat sich entschieden, sein Geld in der Firma zu lassen und stattdessen Mitinhaber zu werden. Inzwischen könnte man uns vier Geschwister und unsere Mutter wie Verwaltungsräte sehen – Ewan ist natürlich der Präsident des Ganzen.“
„Dann bist Du wirklich reich?“
„Macht das einen Unterschied?“ Kate konnte so etwas wie Bedauern in seinem Gesicht lesen.
„Inwiefern sollte es einen Unterschied machen?“
„Du kannst Dir wohl denken, dass wir Mcleans als führende Familie in der Region meist hauptsächlich unseres Geldes wegen auf Anerkennung stossen. Ich wusste nie, ob ein Mädchen mich oder bloss mein Geld mochte.“
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Du bist ein so wundervoller Mensch, dass Du mit Deiner sonnigen Persönlichkeit jeden Haufen Gold überstrahlen würdest.“
Hätte nicht Thomas zwischen ihnen gesessen und vor Freude gequietscht, hätten sie sich bestimmt geküsst.
***
Die Ländereien waren weitläufig. Kate konnte nicht ganz fassen, was nun tatsächlich Mcleans Eigentum und was Privatbesitz anderer Bewohner der Grafschaft war. Offensichtlich gehörte fast alles der Grafenfamilie, und diese verpachtete Gutshöfe mitsamt dem umliegenden Land. In vielerlei Hinsicht waren die Bauern autonom und arbeiteten in die eigene Kasse, wo aber mit Synergien gespart werden konnte, spannte man in der ganzen Region zusammen. So war die Schafschur beispielsweise ein alljährliches Volksfest, bei dem man einander half. Ein anderes Beispiel war der Maschinenpark. Die Mcleans brüsteten sich offenbar, auf dem neuesten Stand der Technik zu sein und liessen alle Pächter davon profitieren. So konnten alle auf die beste Ausrüstung für Aussaat, Pflege und Ernte zurückgreifen.
Kate war beeindruckt vom Geschäftssinn der findigen Schotten. Was sie aber am meisten beeindruckte, war die Beliebtheit der Mcleans in der Gegend. Zweimal hatten sie angehalten und Scott hatte voller Stolz ‚seine Kate’ vorgestellt und den kleinen Thomas von allen bestaunen lassen.
„Du solltest mich nicht allen als ‚Deine Kate’ vorstellen. Das ist furchtbar peinlich.“
„Ist es Dir denn peinlich, zu unserer Familie –
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