Zuckerblut
Hausmeister-Ehepaar konnte uns da weiterhelfen, obwohl die beiden den Eindruck machten, als wären sie über alles, was sich im Haus abspielt, gut informiert.«
»Wie sieht es mit Autos aus?«, fragte Lindt nach.
»Auch da will keiner etwas gesehen oder gehört haben. Nur der Hausmeister meinte – aber ganz vage – irgendwann weit nach Mitternacht, sich an ein Motorengeräusch im Hof zu erinnern. Leider war er gerade auf der Toilette, sonst hätte er sicherlich einen Blick durchs Fenster geworfen.«
»Hmm ...«, brummte Lindt, stand auf und lehnte sich an die Fensterbank, wo er begann, eine Pfeife zu stopfen.
Während des letzten Halbsatzes war Staatsanwalt Tilmann Conradi zusammen mit KTU-Chef Ludwig Willms hereingekommen.
»Keine heiße Spur bisher?«, wollte sich der kleine Staatsanwalt informieren. Lindt schüttelte nur stumm den Kopf.
»Es sei denn, die Technik könnte uns weiterhelfen«, sagte er in Willms’ Richtung.
»Leider nicht viel«, begann der seinen Bericht. »Die Spurensicherung konnte überhaupt keine Kampfspuren in der Wohnung feststellen, ja noch nicht einmal Hautabrieb oder Faserspuren von Kleidung, die nicht der Toten zuzuordnen wäre. Allerdings haben wir Schriftproben mitgenommen und unserem Graphologen zum Vergleich mit der Schrift auf dem Adressenaufkleber gegeben. Er arbeitet noch an dem genauen Gutachten, aber auf den ersten Blick hielt er es durchaus für möglich, dass der Briefumschlag, in dem der Stadtplan mit den Blutspritzern steckte, von Frau Helmholz beschriftet worden sein könnte.«
»Das haben wir Ihnen noch nicht mitgeteilt«, wandte sich Lindt an Conradi und erläuterte dem ›Kurzen‹, wie der Staatsanwalt wegen seiner eher kleinen Körpergröße in Polizeikreisen scherzhaft genannt wurde, die Zusammenhänge.
»Die Fingerabdrücke des Mordopfers waren auf diesem Stadtplan?«, vergewisserte sich der noch mal. »Dann sollten wir in dieser Richtung auf jeden Fall unbedingt weiter nachforschen.«
Lindt nickte und stellte die weitere Vorgehensweise zur Diskussion: »Paul und ich werden die anderen vier Häuser aufsuchen, die mit den Blutstropfen im Plan markiert sind und uns dort umhören. Und ihr ...«, schlug er den Kollegen vor, die seiner Ermittlungsgruppe als Verstärkung zugeteilt worden waren, »ihr könntet die Liste mit den Patienten von Schwester Andrea mal abarbeiten. Das Büro des Pflegedienstes hat sie uns kurz vor Mittag noch durchgefaxt. Achtundzwanzig verschiedene Patienten betreute sie im letzten Jahr und davon sind vier in dieser Zeit verstorben. Auch diesen Spuren müssen wir unbedingt nachgehen.«
Die Beamten waren einverstanden und Wellmann erläuterte ihnen mit Sternberg zusammen kurz die Überlegungen. »Eine Krankenschwester, die zur Pflege in einen Haushalt kommt, bekommt dort schon einiges mit. Sie würde sicherlich Verdacht schöpfen, wenn der Opa plötzlich mit gebrochenen Knochen unten an der Treppe liegt.«
Die Kollegen nickten: »Schon klar, die pflegebedürftige alte Frau liegt nach einem Schlaganfall seit zwei Jahren im Bett. Eine totale Last für die Angehörigen. Sie will und will einfach nicht sterben. Endlich wird sie erlöst. Man muss schon vom Fach sein, dass einem auffällt, ob und wie da nachgeholfen wurde.«
»Genau«, bestätigte Paul Wellmann, »in diese Richtung gehen unsere Überlegungen. Die Dunkelziffer ist mit Sicherheit recht hoch und wenn ein Hausarzt, den man am nächsten Morgen ruft, eine natürliche Todesursache bestätigt, gibt es keine Obduktion und niemals wird etwas ans Licht kommen.«
»Also, los geht’s«, gab Oskar Lindt den Startschuss für die weiteren Ermittlungen.
Er bat Ludwig Willms noch darum, umgehend die Ergebnisse der graphologischen und der DNA-Analyse durchzugeben. »Der Weg bis zum Labor vom Landeskriminalamt in Stuttgart ist anscheinend weiter, als ich gedacht habe«, war Willms’ leicht gereizte Antwort. »Natürlich melden wir uns sofort, wenn es Neues gibt.«
7
Jan Sternberg setzte sich sofort wieder an Telefon und Computer, um dort weiter nachzuforschen. »Als Erstes bitte die Todesbescheinigungen der fünf älteren Leute, die in den Häusern verstorben sind, wo wir die Markierungen auf dem Stadtplan haben«, wies ihn Lindt an und im Hinausgehen drehte er sich noch mal um: »Auch die Namen und Adressen der Ärzte, die jeweils den Tod festgestellt haben, brauchen wir schnellstens. Mit denen müssen wir unbedingt sprechen.«
Lindt und Wellmann waren schon an der Tür, als ihnen
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