Zuckerguss (German Edition)
nämlich alles beichten. Oh Gott, oh Gott. Daran mag ich noch gar nicht denken!
Und auch wenn sich meine Mutter auf den Kopf stellt, ich finde, ich war jetzt lange genug in Wismar. Zumal ich nur das Geburtstagswochenende bleiben wollte. Am Ende sind daraus sieben Tage Zwangsurlaub geworden. Das reicht! Außerdem gibt es keinen Grund, länger zu bleiben. Jetzt, wo ich mich mit Papa ausgesprochen habe.
Das einzige wirkliche Problem ist Davids und meine nun vielleicht doch existierende Beziehung. Sind wir nun zusammen? Also, so richtig? Oder doch nicht? Und was heißt das für die Zukunft?
Argh!!!
Als ob ich es nicht geahnt hätte: Diese ganze blöde Freund-Geschichte bringt mir nichts als Ärger ein.
»Miriam, hey.« Eine Hand legt sich auf meine Schulter. Ich wirbele herum und starre geradewegs in Davids grinsendes Gesicht.
»Mir einen Schrecken einzujagen gehört anscheinend zu deinem Spezialgebiet«, necke ich ihn und bemühe mich, mir meine Nervosität nicht anmerken zu lassen.
Allein Davids bloßer Anblick lässt meinen Blutdruck in den ungesunden Bereich schnellen. Mein Herz schlägt in solcher Lautstärke gegen meine Brust, dass ich befürchte, David könnte es hören. Keine sonderlich guten Voraussetzungen, um die Coole zu spielen.
»Entschuldige.« David fährt sich verlegen durch die Haare, die durch die schwüle Luft lockiger sind als sonst. Er sieht unglaublich gut aus in seinem schwarzen Shirt mit dem tiefen V-Ausschnitt, das eine Menge gebräunter Haut preisgibt.
Nervös benetze ich meine Lippen und versuche, nicht zu auffällig auf seine muskulöse Brust zu starren. Hoffentlich fange ich nicht das Sabbern an!
»Hast du es dir mit der Bäckerei anders überlegt?« David deutet auf den gekühlten Tortenkarton, auf dem groß unser Firmenlogo zu erkennen ist.
»Nein. Aber ich habe einen kleinen Bruder, der genau weiß, welche Knöpfe er bei mir drücken muss, um seinen Willen zu kriegen«, entgegne ich lachend.
»Verstehe.« David streicht mir eine Haarsträhne hinter das Ohr, die sich aus meinem Pferdeschwanz gelöst hat. Er ist mir auf einmal so nah, dass ich verlegen seinem Blick ausweiche.
»Und du? Musst du arbeiten?«, frage ich und gebe mich betont lässig, obwohl ich innerlich das reinste Nervenbündel bin. Davids Nähe, die Hitze, der Gedanke an seine atemberaubenden Küsse gestern Nacht, das ist alles zu viel für mich.
»Gott bewahre, nein, ich hab einer Kundin nur ihre Fotos vorbeigebracht. Ganz wichtiger Auftrag«, erwidert er geschäftsmäßig, aber seine Augen blitzen schalkhaft.
»Soso.«
»Nicht, was du jetzt denkst.«
»Hm, was denke ich denn?«, frage ich herausfordernd, kann mir ein verschmitztes Grinsen jedoch nicht verkneifen.
Er lächelt dieses verführerische Lächeln, das mir jedes Mal aufs Neue die Schuhe auszieht und mich ganz konfus zurücklässt.
»David, warte! Du hast deine Mappe vergessen«, ruft eine weibliche Stimme aufgeregt, die mir irgendwie bekannt vorkommt.
Ich werfe einen Blick nach hinten und lasse vor Schreck beinahe die Torte fallen. Cora Schneider stolziert mit ihren geschätzten zwanzig Zentimeter hohen Absätzen auf uns zu, in der Hand eine schwarze Klemmmappe, mit der sie wichtigtuerisch in der Luft herumwedelt.
»David, Schatz, ich dachte schon, du wärst weg«, flötet Cora. Sie klimpert mit ihren falschen Wimpern und legt wie selbstverständlich ihre Hand auf Davids Hüfte.
Ich stehe da und verstehe die Welt nicht mehr. Fassungslos glotze ich abwechselnd David und Cora an. Der Mund klappt mir auf, aber außer einem tiefen Krächzlaut entweicht kein Piep meinen Lippen.
Cora blickt hochnäsig auf mich herunter. Ein triumphales Lächeln huscht über ihr Gesicht, während David stumm wie ein Fisch neben ihr steht und keine Anstalten macht, sich auch nur einen Zentimeter von ihr zu lösen.
Mir ist furchtbar schlecht, ich fürchte, mich jede Sekunde übergeben zu müssen. Mein Magen fühlt sich an wie ein dicker Stein, der mich nach unten zieht. Ein galleartiger Geschmack breitet sich in meinem Mund aus. Mir ist heiß und kalt, und ich zittere am ganzen Körper. Das kann alles nur ein Traum sein. Ein Alptraum. Oder ein ganz schlechter Film. Ein schlechter Film, in dem mir lediglich die Nebenrolle zufällt.
Als Cora die Frechheit besitzt, über Davids Wange zu streichen, drohe ich, endgültig die Fassung zu verlieren. Der Boden unter mir schwankt verdächtig, mit letzter Kraft kann ich mich mit einer Hand an der Häuserwand
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