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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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»Gutgetan hat es trotzdem.«
    »Ihr seid zwei Kindsköpfe!«
    »Ich nicht!«, erwidere ich schnippisch und verschränke die Arme vor der Brust.
    »Du bist seine Tochter durch und durch«, setzt Olli noch eins drauf.
    Beleidigt schiebe ich die Unterlippe vor. Das wird ja immer besser! »Vielen Dank auch!«
    »Ach komm, sei keine Spielverderberin. Schließlich freue ich mich, dass du da bist.«
    In diesem Moment steckt eine hochgewachsene Blondine ihren Kopf zur Tür herein. Als sie mich sieht, zuckt sie leicht zurück und nestelt an ihrer John-Lennon-Brille herum. »Oh, tut mir leid, ich wusste nicht, dass du Besuch hast. Ich wollte auch nur fragen, ob du mich noch brauchst.«
    Olli verneint. »Mach ruhig Feierabend, Tina.«
    Sie wünscht uns einen schönen Abend und stöckelt von dannen. Ich ziehe wissend die Augenbrauen hoch. »Tina?«
    »Unsere Volontärin.«
    »Aha.«
    »Wag es ja nicht!«
    »Was denn?«, frage ich unschuldig und klimpere mit den Wimpern.
    »Solltest du mir eine Affäre mit Tina andichten, schreibe ich deine Schlagzeile.« Er droht mir mit erhobenem Finger.
    Ich lache auf. »Das würdest du nicht wagen!«
    »Wollen wir wetten?«
    Er schiebt die Ärmel seines Hemdes hoch und lockert die Krawatte. Seit wann trägt Olli eigentlich Krawatten? Hasste er die nicht früher wie die Pest? Ich betrachte meinen besten Freund von oben bis unten. Er hat sich verändert, wirkt männlicher, richtiggehend attraktiv. Keine Spur mehr von dem einst ungelenken Jungen mit dürren Armen bis zu den Kniegelenken. Olli ist erwachsen geworden. Nicht nur äußerlich. Er tritt deutlich reifer und überlegter auf, hat sein Leben, wie es scheint, voll im Griff. Beruflich tut er genau das, was er schon mit zehn machen wollte. Und mit Sicherheit wartet daheim auch eine Tina auf ihn. Oder eine Simone. Mir wird schlagartig bewusst, dass ich praktisch keine Ahnung von Ollis Leben habe. Jahrelang hatten wir keinen Kontakt. Da kann eine Menge passieren. Ich muss mir ja bloß meine letzten drei Tage vor Augen führen.
    »Also, ich weiß ja nicht, wie es dir geht, aber ich sterbe vor Hunger.«
    »Musst du nicht den Artikel fertig schreiben?« Nickend deute ich zu dem hellerleuchteten Computerbildschirm, wo der Cursor mitten im Satz anklagend blinkt.
    »Die Ausgabe für morgen steht und geht nachher in Druck. Das hier …« – er deutet auf seinen Laptop – »ist erst für Montag vorgesehen.«
    »Dann darfst du mich selbstredend zum Essen ausführen.«
    »Prima. Ich hab da eine Idee«, sagt Olli mit einem geheimnisvollen Lächeln.
    »Tatsächlich?«
    Er reicht mir die Hand und zieht mich vom Sessel hoch. »Was ist, kommst du mit?«
    Habe ich eine Wahl?
    »Du hast nicht zu viel versprochen.«
    Rückwärts lasse ich mich in den Sand fallen und lecke mir genüsslich mit der Zunge über die Lippen. Olli weiß, wie er mich verwöhnen kann. Erst ein superleckeres Abendessen mit Fischbrötchen und geräuchertem Heilbutt, und jetzt liegen wir an meinem Lieblingsplatz am Strand. Eine entlegene Ecke hinter den Dünen. Keine Touristen. Keine Eltern. Bloß das Meeresrauschen und das vereinzelte Kreischen der Möwen. Ein Traum. Ich seufze zufrieden.
    »Das Meer hast du vermisst, oder?«, fragt Olli, den Blick in die Ferne gerichtet, wo der Himmel die Ostsee küsst, wie Eichendorff es ausgedrückt hätte.
    Ich atme den salzigen Geruch des Meeres ein. »Sehr.« Für einen Moment schließe ich die Augen und lausche dem Wellenschlagen.
    »Wohin der Wind dich tragen mag, du kehrst immer zu deinen Wurzeln zurück«, philosophiert Olli mit ungewohntem Ernst in der Stimme.
    »War das jetzt das Wort zum Sonntag?«
    »Überleg doch mal.« Er dreht sich auf die Seite und stützt sich auf seinem rechten Oberarm ab. »Schon als Kinder sind wir zu der alten Strandweide geflohen, wenn wir uns mit unseren Eltern gestritten haben. Sie war unser Versteck. Ein Ort, an dem wir uns unsere Geheimnisse anvertrauten, wo wir Freud und Leid miteinander teilten. Schau uns heute an, nach all den Jahren hat sich daran nichts geändert.«
    »Du klingst reichlich pathetisch.«
    »Möglich«, gibt er zögernd zu. »Aber als ich nach meinem Studium nach Wismar zurückgekehrt bin, war dies mein erster Anlaufpunkt. Ein idealer Platz, um abzuschalten. Ich habe oft an dich gedacht, Miriam.«
    Die letzten Sonnenstrahlen scheinen durch das Blätterdach der alten Weide und lassen Ollis Haare golden aussehen. Ich setze mich auf und gucke ihn verdutzt an. Mein bester Freund verwirrt mich

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