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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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»Mensch, das ist die Idee!«
    Er starrt mich entgeistert an.
    »Das war ein Scherz!«, pruste ich los.
    »Haha«, brummt er, aber seine Erleichterung ist ihm deutlich anzumerken.
    »Meine Idee war es nicht, möchte ich anmerken. Ich bin ein anständiges Mädchen.« Ich deute einen Heiligenschein über meinem Kopf an.
    Olli guckt mich bedeutungsvoll an. »So siehst du aus.«
    Ich mache mein Sphinxgesicht.
    »Über mein erbärmliches Liebesleben weißt du nun Bescheid«, fahre ich fort. »Wie ist die Lage bei dir?«
    »Ich muss dich enttäuschen, da gibt es nichts zu erzählen«, wehrt Olli ab, darum bemüht, mir nicht in die Augen zu schauen. Das macht mich stutzig.
    »Und was ist mit dieser Tina?«
    »Hör endlich mit Tina auf!«, blafft er mich an. Ich zucke erschrocken zusammen. »Erstens ist sie nicht mein Typ, und zweitens ist sie verlobt.«
    Hätte ich mir denken können, dass mich der Heiratswahn bis nach Wismar verfolgt. Ich beschließe, besser das Thema zu wechseln. »Wie geht es Lissy?«
    »Wie kommst du denn plötzlich auf Lissy?«, fragt Olli eine Spur zu heftig, fieberhaft bemüht, die einzelnen Sandkörner zu zählen.
    Unwillkürlich ziehe ich die Augenbrauen hoch. »Gibt es da etwas, das ich wissen sollte?«
    » NEIN !«
    Ich nicke beifällig. »Natürlich …«
    Er blickt mich streng an. »Zwischen Lissy und mir ist nichts. Und wird nie etwas sein. Ende der Diskussion!«
    Abwehrend hebe ich meine Hände. »Okay, okay.«
    Ich glaube Olli kein Wort. Dafür behauptet er viel zu versessen, dass zwischen Lissy und ihm nicht mehr als Freundschaft ist. Dabei weiß ich es besser, denn Olli ist seit Schulzeiten in meine beste Freundin verliebt. Zu seinem Leidwesen sah sie in ihm immer nur einen Kumpel, selbst meine zahlreichen Verkupplungsversuche halfen nicht. Und das, obwohl die beiden beständig miteinander flirteten. Unabsichtlich, wie mir Lissy regelmäßig versichert hat. In meinen Augen sind sie seitdem füreinander bestimmt. Aber auf mich hört ja wie immer niemand.
    »Hast du ihr irgendwann mal gesagt, dass du in sie verknallt bist – warst?«
    »Ich bin nicht verknallt! Verknallt sind vierzehnjährige Teenager, die keine Ahnung von der Liebe haben!«
    »Meine Güte, da ist aber jemand liebestechnisch frustriert«, necke ich ihn.
    Olli wirft mir einen tödlichen Blick zu.
    Ich weiß, dass ich auf dem Thema Lissy nicht weiter herumreiten sollte, aber ich bin zu neugierig. Und Ollis Rumdruckserei sagt mehr als tausend Worte. »Sie hat keinen Schimmer, habe ich recht?«
    »Ich habe ihr jahrelang Hinweise gegeben«, verteidigt er sich aufgebracht. Er hat verblüffende Ähnlichkeit mit einem bockigen kleinen Jungen. Fehlt nur noch, dass er mit dem Fuß aufstampft.
    »Hinweise? Meinst du diese dämliche Aktion mit dem Leberwurstbrot?«
    »Zum Beispiel.«
    Fassungslos verberge ich meinen Kopf in den Händen. Das kann er nicht ernst meinen! Olli hatte Lissy in der sechsten Klasse sein Leberwurstbrot gegeben, auf dessen Belag er mit dem Messer ein Herz eingeritzt hatte. Er glaubte damals wirklich, sie dadurch auf sich aufmerksam zu machen. Der Schuss ging selbstredend nach hinten los. Lissy biss in die Stulle, und die Angelegenheit war im wahrsten Sinne des Wortes gegessen. Wer fummelt auch sein zusammengeklapptes Pausenbrot auseinander, um dort geheime Botschaften zu entdecken?
    »Deine angeblichen Liebesbekundungen verstand außer mir kein Mensch! Und ich war eingeweiht.« Von wegen erwachsen. Das ist der reinste Kindergarten.
    »Lissy ist eben eine Nummer zu groß für mich.«
    Ich wedele mit meiner Hand vor dem Gesicht herum. »Du spinnst!«
    Olli verfällt in dumpfes Schweigen.
    »Und, was macht Lissy sonst so?«, hake ich nach. Ich bemühe mich, mein schlechtes Gewissen zu überspielen, aber es gelingt mir nicht, zu groß sind die Vorwürfe, nichts unternommen zu haben, um unseren Kontakt nach dem Abi aufrechtzuerhalten. Aber mit einer Weltenbummlerin als Freundin ist das auch nicht ganz einfach, war sie doch meist unterwegs. Lissy hält es äußerst selten zwei Wochen an einem Ort aus. Das letzte Lebenszeichen war eine Postkarte aus einem Land, dessen Namen ich nicht annähernd richtig aussprechen konnte und in der mir meine Freundin mitteilte, dass sie gedachte, irgendwo Japanologie, Finnougristik, Psychologie oder Gender Studies zu studieren.
    »Lissy geht’s gut. Sie ist vor einem Jahr aus Köln zurück nach Wismar gezogen, hat sich dort nie wohl gefühlt. Ich glaube, es lag am Karneval«, meint

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