Zuckerguss (German Edition)
Kopf geschlagen. Das hat Stephan nicht ernsthaft vorgeschlagen. Ich muss mich verhört haben!
»Du fährst statt mit mir mit Thorsten nach Wismar. Er tut das sicher gerne, wenn ich ihn darum bitte.«
Er hat das ernst gemeint!
Mir fehlen die Worte. Selbst wenn ich noch so erbärmlich klinge, doch so nötig habe ich es echt nicht. »Danke für das überaus nette Angebot«, beginne ich zuckersüß, »aber weißt du was, Stephan? Das kannst du dir mitsamt deiner beschissenen Hochzeitseinladung in deinen beschissenen Arsch schieben! Schönen Tag noch.« Zornentbrannt kappe ich die Verbindung und werfe das Handy auf den Küchentisch. Ich bin von Stephan einiges gewohnt, das allerdings setzt dem Ganzen wirklich die Krone auf. Mich einfach an den Erstbesten weiterzureichen wie ein angegessenes Butterbrot. Der Kerl hat sie ja nicht mehr alle!
Ich kenne Thorsten nur vom Sehen. Vermutlich ist er ein netter Kerl. Kann ja sein. Trotzdem. Allein die Idee! Da kann ich mir ja gleich einen Callboy mieten. Ts. Und wenn ich einfach Moritz mitnehme?
Unauffällig linse ich zu meinem Mitbewohner, dessen Kopf im Kühlschrank steckt, und betrachte eingehend seinen Hintern in der schwarzen Jeanshose. Definitiv knackig. Nicht unlecker. Wie der Rest von ihm. Optisch macht Moritz in jedem Fall etwas her.
»Macht Stephan mit?«, kommt es nuschelnd aus dem Kühlschrank.
»Nein. Er will lieber heiraten und mit Anne am Samstag in einen Babyladen gehen. Weil er aber solch ein Wahnsinnstyp ist, hat er mir vorgeschlagen, mit seinem Kumpel Thorsten zu fahren. Das ließe sich ganz easy arrangieren«, erwidere ich sarkastisch. Wenn die Situation nicht so absurd wäre, müsste ich lachen.
Moritz sieht mich ungläubig an. Wahrscheinlich denkt er, dass ich ihn verscheißere. Er will etwas sagen, aber ich winke ab. Über diesen Schwachkopf will ich kein Wort mehr verlieren. Es hätte mir zu denken geben müssen, dass wir seit unserer Trennung nicht mehr miteinander gesprochen haben. Vor allem hätte ich auf Moritz hören sollen, der meinen Plan von Anfang an idiotisch fand. Wenigstens um diese Erkenntnis bin ich klüger.
»Sag mal, Moritz«, beginne ich vorsichtig, »wieso fährst du nicht mit mir zur Geburtstagsfeier meiner Mutter?«
»Ich?«
Ich strahle Moritz zwecks meines kongenialen Gedankens selbstsicher an.
»Das ist nicht dein Ernst?!«
Ich nage an meiner Unterlippe. Mit etwas mehr Enthusiasmus habe ich dann doch gerechnet. »Wäre das so schlimm? Es ist nur für einen Tag. Kannst du dich da sexmäßig nicht in Enthaltsamkeit üben und stattdessen so tun, als ob du wahnsinnig in mich verliebt wärst?« Ich lächele ihn flehentlich an.
Moritz zeigt mir einen Vogel.
Ich ziehe mein letztes Ass aus dem Ärmel. »Es gibt mit Sicherheit ein großes Buffet«, appelliere ich an seinen stets hungrigen Magen.
»Vergiss es!«
»Och, komm. Für ein paar Stunden kannst du ja wohl meinen Freund mimen! So furchtbar sehe ich nun auch nicht aus.« Ich mache einen Schmollmund.
»Darum geht es gar nicht!«, blafft er mich vorwurfsvoll an. Er steckt sich eine weitere Zigarette an und dreht mir demonstrativ den Rücken zu.
»Sondern?«
»Ich spiele nicht deinen Freund! Das geht über meine Schmerzgrenze.«
»Seit wann besitzt du eine Schmerzgrenze?«, entfährt es mir mit einem amüsierten Zucken um die Mundwinkel.
Er guckt mich mit zusammengekniffenen Augen an. Oh, oh, er sieht richtig böse aus. »Nur über meine Leiche!«
»Meine Familie ist wirklich in Ordnung. Das wird bestimmt ganz lustig«, lüge ich dreist drauflos und setze mein gewinnbringendstes Lächeln auf. Innerlich haue ich mir vor Lachen auf die Schenkel. Wem will ich hier eigentlich was vormachen? Von Tante Gloria gelöchert zu werden und sich in den familiären Kleinkrieg mit meinem Vater hineinziehen zu lassen, versteht wohl niemand unter gepflegter Wochenendunterhaltung.
»Bitte, Moritz. Du bist meine letzte Rettung«, jammere ich mit weinerlicher Stimme.
»Du bettelst.«
Ich verziehe das Gesicht zu einer Schnute. Das weiß ich selber, du Klugscheißer. Aber wenn es hilft …
»Miriam, selbst wenn ich rein theoretisch auf der Party mit dir auftauchen würde und du deiner Schwester die Angelegenheit mit Stephan erklärst, wie um alles in der Welt willst du ihr weismachen, dass du urplötzlich mit mir zusammen bist? Für sie bin ich dein Mitbewohner und mehr nicht!«
Mit einer Handbewegung wische ich seinen Einwand weg. »Dein Auftritt nach dem Duschen lässt allerhand
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