Zuckerguss und Liebeslieder Roman
sein werde. Und, wenn es dem HERRN gefällt, unseren Kindern ein strenger, aber gerechter Vater. Sechs an der Zahl, hoffe ich.« Er räuspert sich. »Nun denn, was sagt Ihr, Miss Heidi?«
»Ich sage Ja, Mr. Brown!«
Alle werfen die Hüte in die Luft, glücklicherweise ist sogleich eine Fiedel zur Hand, und zu ihren Klängen tanzen die jungen Männer und Frauen von Barnsley spontan eine Gigue. Die alte Dame nickt beifällig zu den beiden hin. »Bis zum Frühjahr wird sie ein Kind unter ihrem Herzen tragen.«
Im Cottage angekommen, mache ich meine Atemübungen - zum ersten Mal seit drei Monaten. Eine verzweifelte Lage erfordert verzweifelte Maßnahmen: Ich gehe auf alle viere, lege den Küchenfußboden mit Zeitungspapier aus und schrubbe den Backofen.
Nach einer Stunde - die Einschübe glänzen wie neu - bin ich wieder so weit hergestellt, dass ich online gehen und das Cupcake-Rezept von Martha Stewart ausdrucken kann. Und schon geht es mir wieder schlechter. Es gibt so viele Wahlmöglichkeiten: Vanille- oder Schokolade-Cupcakes? Einfarbige oder gemusterte Papierförmchen? Buttercreme oder Zuckerguss als Glasur? Ich muss mich irgendwie berappeln, also durchbreche ich Stephens Einmal-pro-Woche-Regel
für Telefonate und rufe ihn an, weil ich dringend moralische Unterstützung brauche.
Er klingt überrascht. »Alice? Ist alles in Ordnung?«
Bevor ich etwas sagen kann, redet er weiter. »Warte einen Moment, ich gehe ins Schlafzimmer.« Ich höre undeutliche Geräusche, als ob er die Hand über die Sprechmuschel hält.
»Stephen, was ist denn los?«
In den letzten Wochen hat unsere Kommunikation sich schwierig gestaltet, weil Stephen praktisch jeden Abend mit Brettspielen beschäftigt ist.
»Nichts«, sagt er ausweichend.
Ich versuche angestrengt, aus dem Geräusch im Hintergrund schlau zu werden. Klick, Klick, Klick.
»Was ist das?«
Sein Lachen klingt nicht überzeugend. »Ich höre nichts. Vielleicht ist es die Leitung.«
Klick, Klick, Klick. Surr, Surr, Surr.
»Stephen«, sage ich eindringlich.
Ein tiefer Seufzer. »Ich dachte mir schon, dass du es irgendwann herausfinden würdest.« Er zögert. »Das ist Zaras Strickmaschine.«
Ich verstehe nur Bahnhof. »Aber du hast doch gesagt, dass Andy und Jennifer ausgezogen sind.«
Ominöses Schweigen. »Sie schon«, sagt er betont.
Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, was das zu bedeuten hat.
»Es ist einfach passiert, Alice«, versucht Stephen sich zu rechtfertigen. »Zwischen uns hat etwas klick gemacht.«
Stephen hat gerade einen Witz gerissen, aber nicht mit Absicht, das weiß ich. »Wie lange geht das schon so?« , schnauze ich.
»Das ist schwer zu sagen. Ich habe auf den richtigen Moment gewartet, um es dir zu erzählen.«
Mir kommt ein grässlicher Gedanke. »Schläfst du mit ihr?«
»Es steht mir nicht frei, darauf zu antworten«, sagt Stephen kühl.
»Du Dreckskerl!« Ich bin am Boden zerstört. Wie konnten sich zwei Mitglieder der Selbsthilfegruppe für Angstgestörte nur zu so etwas zusammenrotten?
»Es lag nie in meiner Absicht, dass es sich so entwickelt hat«, sagt Stephen, als handle es sich bei dem Ganzen um so etwas wie einen unglücklichen Zufall.
Ich schäume vor Wut. »Was dachtest du denn, wie es sich entwickeln würde, als du Zara gebumst hast?«
»Es ist bedauerlich, dass du dich auf solch eine Ebene hinabbegeben musst«, sagt Stephen hochmütig. »Wenn du es unbedingt wissen willst, Zara und ich sind seelenverwandt. In den vergangenen paar Wochen sind wir unzertrennlich geworden. Ich hatte die Idee, die Strickmaschine zu kaufen, und das hat Zaras Leben verändert. Jetzt kann sie sich ein geregeltes Einkommen verdienen, bequem und sicher von Zuhause aus.«
»Es ist immer noch mein Zuhause«, protestiere ich.
»Wie es aussieht, werde ich deine Sachen im Self-U-Store in New Malden einlagern.«
Ich muss schlucken. »Du verschwendest keine Zeit, hm?«
Das perlt an Stephen offenbar ab. »Die Platzfrage ist vorrangig, nachdem wir nun die Strickmaschine hier haben.«
Ich knalle das Telefon hin, schmeiße mich aufs Bett und breche in Tränen aus. Ich kann nicht anders. Auch wenn Stephen mich jahrelang bis zur Weißglut getrieben hat,
ich bin einfach völlig durch den Wind. Er macht mit mir Schluss wegen einer Frau, die noch verrückter ist als ich. Das ist doch so was von unfair! Und wenn man wie eine heiße Kartoffel fallen gelassen wird, führt das unweigerlich dazu, dass einem der andere mit einem Mal unendlich viel
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