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Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Titel: Zuckermacher 02 - Aschenblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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ich aufwachte, weil jemand rief, es sei acht Uhr morgens, war es wegen des dichten Rauchs, der uns umgab, immer noch dunkel. Einen Augenblick lang wusste ich nicht, wo ich war, dann sprang ich mit einem Satz auf. Ich sah, dass Anne bereits wach war und Kitty eine Tasse Milch gab. Es war ebenfalls frisches Brot geliefert worden, weil der König angeordnet hatte, dass alle Bäcker, die noch arbeiteten, für diejenigen backen sollten, die ohne Heim und Herd waren.
    Während wir aßen, kamen Passanten vorbei und erzählten, bis wohin das Feuer jetzt vorgedrungen war, was abgebrannt und was verschont geblieben war und dass in den Geschäften gekämpft und geplündert wurde. Am Tag zuvor hatten Anne und ich gesehen, dass der Brand bis zum Bridewell-Gefängnis vorgedrungen war. Inzwischen standen seine Mauern, die zu unerschütterlich waren, um ganz und gar einzustürzen, vom einen Ende zum anderen in Flammen. Dort hatte das Feuer auf die andere Seite der hohen Stadtmauer Übergegriffen, raste nun in Richtung Westen die Fleet Street hinunter und vertilgte auf seinem Weg die vornehmen Häuser der Kaufleute, die Tom und ich am vergangenen Sonntag gesehen hatten.
    Der Wind trieb das Feuer immer noch in den Norden und den Westen der Stadt; in Richtung Osten war es nur zwei Straßenzüge weiter als die Pudding Lane gekommen, wo es ausgebrochen war (entweder, weil ein Bäcker es nicht geschafft hatte, seinen Ofen richtig auszumachen, oder weil ein Fremder den Brand gestiftet hatte, das wussten wir nicht). Die einzig gute Nachricht, die uns erreichte, war, dass die London Bridge bislang verschont geblieben war, weil das Feuer nur vier Streben weit gekommen war, bis es auf eine Lücke zwischen den Häusern stieß und aufgehalten wurde. Doch es brannte Überall am Ufer und auf den Kais, und der Tower von London schwebte in großer Gefahr, Feuer zu fangen.
    »Die wilden Tiere des Königs in der Menagerie brüllen so laut, dass sie den Teufel wecken könnten!«, erzählte ein junger Mann mit verrußtem Gesicht und versengtem Haar atemlos. »Niemand traut sich in ihre Nähe - und man kann sie nicht an einen anderen Ort bringen.«
    »Kann man ihnen denn nicht irgendeinen Lecksaft oder Kräuter geben, um sie einzuschläfern?«, fragte jemand.
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Das Feuer wütet Überall um sie herum, und in ihren Käfigen ist es furchtbar heiß - niemand hält es lange genug in der Hitze aus, um in ihre Nähe zu kommen. Die wilden Tiere wandern auf und ab und werfen sich vor lauter Verzweiflung immerzu gegen die Käfigstäbe.«
    »Aber was ist, wenn das Feuer ihre Käfige abbrennt und sie entkommen?«, fragte ihn eine Frau ängstlich. »Dann laufen Überall Menschenaffen und Tiger durch die Straßen.«
    Der junge Mann schüttelte den Kopf. »Davor würden sie bei lebendigem Leibe verbrennen«, sagte er, »wenn der Rauch sie nicht jetzt schon erstickt hat.«
    »Dann wünsche ich den armen Viechern ein schnelles, schmerzloses Ende«, sagte die Frau. »Die Tiere müssen ja vor Angst alle schier wahnsinnig werden.«
    Bei diesen Worten hoben Anne und ich Kitty auf der Stelle hoch und setzten sie wieder in ihren Korb. Durch die Pest hatte ich unsere Katze Miau verloren, jetzt wollte ich nicht auch noch durch das Feuer Kitty verlieren.
    Als unsere Nachbarn die Kirche nach und nach verließen - entweder um nach Hause zu gehen oder um sich in Sicherheit zu bringen -, begannen wir uns Gedanken zu machen, was wir als Nächstes tun sollten. Wir hatten nicht alles aus dem Geschäft mitgenommen und fragten uns, ob wir versuchen sollten, einen Karren zu bekommen, um unser Bett und unsere wenigen Möbel zu holen und sie in die Kirche in Sicherheit zu bringen. Doch als wir einen Blick hinauswarfen, wurde uns schnell klar, dass es uns niemals gelingen würde, irgendein Transportmittel zu ergattern, weil alles, was Räder hatte, bereits unterwegs war und die Straßen sich in ein einziges heilloses Durcheinander verwandelt hatten.
    »Glaubst du, dass Mutter von dem Feuer gehört hat?«, fragte Anne.
    »Ganz bestimmt«, sagte ich. »Die Rauchwolke Über London soll noch aus fünfzig Meilen Entfernung zu sehen sein.«
    »Sie wird sich Sorgen machen...«
    Ich nickte, doch es bestand keinerlei Möglichkeit, unsere Familie wissen zu lassen, dass mit uns alles in Ordnung war, denn wir hatten gehört, dass das Posthaus in der Nacht abgebrannt war.
    Ein Geräusch draußen schreckte mich auf. »Hör mal!«, sagte ich und griff nach Annes Hand.

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