Zuckermond
die Untertreibung des Jahres ist. Mein Seelenzustand befindet sich auf dem absoluten Nullpunkt.“ Sabina pfiff leise durch die Zähne. „Immer noch diese brennende Sehnsucht nach Leonard?“ „Bingo! Bevor ich ihm begegnet bin, ging es mir jedenfalls deutlich besser. Da war sie so schön eingeschnürt – die Sehnsucht. So dick verpackt, so fest gezurrt, dass nicht einmal ihre Nasenspitze rausgucken konnte. Kein Wimpernschlag konnte Dinge auseinander fallen lassen, kein leises Wispern drang hindurch. Das war – wenn man von den ständigen Einmischungen meiner Eltern einmal absieht – eine ruhige schöne Zeit. Eine Zeit, in der ich noch nicht wusste, zu welchen Empfindungen mein Körper fähig ist. Und was man nicht kennt, kann man auch nicht vermissen, nicht wahr? Und nun vermisse ich sie – die heißen Liebesspiele mit einem Mann, der meinen geheimsten Träumen zu entspringen scheint. Ich vermisse sie schmerzlich, eindringlich, sehnsuchtsvoll. Sehne mich nach seinen Berührungen. Es gibt keinen Moment, in dem ich nicht an diesen Teufel denke und würde am liebsten ständig in heißen Dessous und mit blankem Hinterteil vor ihm hin und her stolzieren, um seine feurigen Blicke zu genießen, mit Vorfreude auf das, was anschließend folgt. Ich bin heiß auf ihn, komme mir schon vor wie eine läufige Hündin und weiß nicht, wohin mit meinen Gefühlen.“ „Ich wüsste schon, was ich an deiner Stelle tun würde“, griente Kathrin. „Sag nichts. Ich kann es mir denken. Du würdest augenblicklich bei Mister Wonderful anrufen und ihn für süße Stunden zu dir bestellen, stimmt’s?“ „Genau. Und ich kann, ehrlich gesagt, absolut nicht nachvollziehen, wieso du dich so quälst, anstatt der Fleischeslust nachzugeben. Nimm ihn dir. Und wenn es auch gegen Bezahlung ist. Sex ist gesund und ich wüsste keinen Grund, weshalb man für die Erhaltung seiner Gesundheit nicht auch ein paar Scheinchen locker machen sollte. Oder aber du suchst dir etwas Nettes in meinem Laden aus. Ich hätte da so einiges, was einsame Frauenherzen glücklich machen kann. Außerdem habe ich jede Menge Tipps, wie man eine heiße Sexparty mit sich selbst veranstaltet.“ Kathrin zwinkerte ihrer Freundin schelmisch zu. Sie wusste, dass Helena und Sabina für Sexspielzeug eigentlich nichts übrig hatten, versuchte aber immer wieder, ihre Freundinnen dazu zu animieren, diesbezüglich etwas aufgeschlossener zu sein. Nicht, dass sie es nötig gehabt hätte, auf diese Weise auf Kundenfang zu gehen – im Gegenteil – denn der Laden lief gut und florierte von Jahr zu Jahr mehr. Vielmehr war sie der Ansicht, dass Ihre Freundinnen etwas verpassten und in dieser Hinsicht viel zu spießig waren. Kathrin führte schon seit Jahren ein kleines Geschäft, in dem sie alles anbot, was der Lust einer Frau dienlich war. Es war allerdings kein gewöhnlicher Sexshop, sondern hatte tatsächlich Stil und bot ein Flair, in dem sich Frau wohl fühlte. Von außen mutete er eher wie ein Beautysalon an, was auch gar nicht so abwegig war, denn Kathrin bot neben den unterschiedlichsten „Sexartikeln für die moderne Frau von heute“ auch diverse Massagen für ihre Kundinnen an. Außerdem brachte sie ihre Vorliebe fürs Pendeln und für Tarotkarten in das Geschäft mit ein und hatte schon so manch unglücklicher Dame wertvolle Tipps geben können. Zu ihrer Kundschaft gehörten neben jungen Mädels und Hausfrauen auch angesehene Ärztinnen und Rechtsanwältinnen. Kundinnen aus jeder Schicht und jeglicher Altersklasse waren vertreten, worauf Kathrin stolz war, lag es ihr doch am Herzen, ihre Geschäftsidee richtig verstanden zu wissen. Dennoch hatte sie mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Zu Unrecht – denn bei ihr gab es keine billigen Scharfmacher, sondern nur Ware, von der sie selbst überzeugt war. „Ich weiß, dass du es gut meinst, Kathrin, aber ehrlich gesagt, ticke ich da etwas anders als du. Ich finde weder Gefallen daran mir Sex zu kaufen, noch diverse Artikel aus deinem Laden an mir auszuprobieren. Ich möchte deine Ansicht damit auf gar keinen Fall verurteilen. Im Gegenteil – jeder nach seiner Fasson. Aber für mich ist das nichts.“ „Du weißt nicht, was dir entgeht. Aber nun gut. Wer nicht will, der hat schon. Falls du dich aber doch noch mal mit Leonard treffen solltest, melde dich bei mir für den Fall, dass er einen adäquaten Freund oder Bruder haben sollte! So und nun bestelle ich uns noch eine Runde Erdbeer-Margarita.“ „Gibt es was Neues
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