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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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dem Kind Gaby gesagt. Ihre Rippen hatten noch geschmerzt, und ihr Bauch hatte ihr wehgetan, aber sie hatte gelächelt und gesagt, daß alles gut sei. Es zählte nur, was man sah.
    Sie sah zu Hubert, der ohne jede Erregung alles aus Natalies Kleiderschrank räumte, einen großen Berg von ihren Kleidern machte. “Sie muß einfach etwas mehr Ordnung lernen. Du wäschst und bügelst, und sie wirft alles in die nächste Ecke. Ordnung ist das halbe Leben.”
    Sie hielt den Atem an, wenn Manfred ihn anschrie: “Ich denke nicht daran, das noch einmal abzuschreiben. Wenn du meine Schrift nicht lesen kannst, kauf dir eine Brille.” Jetzt wird er wütend, dachte sie, und wie frech Manfred doch geworden ist und wie ungerecht gegenüber Hubert, der ihm noch immer bei seinen Schularbeiten half. Aber Hubert blieb ruhig, erhob nicht einmal seine Stimme. “Wie du meinst. Bleib dann bitte heute abend auf deinem Zimmer.”
    Ihr wurde weich ums Herz, wenn sie sah, wie fürsorglich er Daniel fütterte, wie er ihn badete, ihn eincremte, wie Daniel bei ihm in der Armbeuge einschlief, den Mund leicht geöffnet, eine Hand noch um Huberts Finger geklammert. “Komm, bring mir einen Genever”, flüsterte Hubert ihr zu. “Ich will noch einen Moment hier sitzen bleiben.” Sie brachte ihm den Schnaps, setzte sich dazu. Sie führte ihm das Glas an die Lippen, nahm dann selbst auch einen Schluck. Sie lehnte ihren Kopf an seine Schulter, sah auf ihr schlafendes Kind in seinem Arm. Wie geborgen und friedlich es da lag. Welch ein Glück, so einen Vater zu haben! Einen Vater, der um das Wohl und Wehe besorgt ist, der eine innige Verbindung zu seinem Kind hat. Ich wollte, ich wäre seine Tochter, dachte sie. Er würde mich lieben und beschützen, für mich da sein. Alles für mich tun. Aber dann würde er keine Grenzen überschreiten.
    Ein wunderbarer Vater, dachte sie...

    Tante Inge hielt sie mit gestreckten Armen von sich. “Laß dich ansehen, Gaby, wie du ausschaust. Das letztemal habe ich dich auf der Beerdigung deiner Mutter gesehen. Das ist”, sie zog ihre Augenbrauen zusammen und legte den Kopf ein wenig schief, “ja, das ist schon wieder sieben Jahre her. Gut schaust du aus, wirklich. Damals warst du ja nur ein Häufchen Elend.” Gaby lächelte schwach. “Ja, das ist schon wieder sieben Jahre her. Darf ich dir Hubert vorstellen. Seit zwei Jahren mein Mann.”
    Mein Mann. Wieso ihr Mann? Gleich protestiert er, dachte sie. Was erzählst du denn da? Ich bin nicht dein Mann, das hast du nur geträumt. Sie sah auf den schmalen Goldring, den er ihr unter dem wohlwollenden Blick des Standesbeamten auf den Finger geschoben hatte. Und doch hatte er ja gesagt. Ihre Hand genommen, als der Standesbeamte von guten und schlechten Tagen gesprochen hatte und der Treue und der Achtung, die man füreinander hegen sollte. Warum fühlte sie sich dann nicht verheiratet? Sie hatte gehofft, daß mit dem Status Verheiratet-Sein so etwas wie Ruhe in ihr Leben kommen würde. Daß der Krampf in ihrer Brust abnehmen würde. Daß die Angst verschwinden würde.
    “Nein wirklich, die Ehe bekommt dir gut.” Tante Inge schob sie zu einem Stuhl. “Kommt, setzt euch. Ich bin so froh, daß ihr uns endlich einmal besucht. Auf dem Weg nach Hamburg ist das ja wirklich kein großer Umweg.” Das hatte Gaby auch zu Hubert gesagt. “Vielleicht können wir auf dem Rückweg von Achims Geburtstag einen kleinen Abstecher nach Ibbenbüren machen? Da wohnt eine Tante von mir. Die Schwester meines Vaters. Ich meine, meines leiblichen Vaters.” — “Ja, gerne”, hatte Hubert wie immer zuvorkommend gesagt. Er fragte nie weiter nach ihrer Familie. Mit Achim, ihrem einzigen Bruder, hatte er einen freundschaftlichen Kontakt. Den hatten sie jetzt gerade bei Achims Geburtstag erneuert.
    Daß sie keinen Kontakt mehr zu Pappi hatte, akzeptierte er, ohne nachzufragen. Ihren Standardsatz: “Meine Jugend kann ich vergessen. Ich bin mißhandelt und mißbraucht worden”, nahm er zur Kenntnis. Nicht mehr und nicht weniger. Und sie wußte nicht, ob sie darüber froh sein sollte.
    Sie hätte gerne Verwandtschaft gehabt. Aber Mutti hatte nach der Heirat mit Pappi mit fast allen gebrochen. Oder man hatte mit ihr gebrochen, Gaby wußte es nicht. Zu Muttis Beerdigung waren damals Tante Inge und ihr Mann Werner gekommen. “Ich habe dich früher auf meinen Knien geschaukelt”, sagte Onkel Werner. “Gott, warst du ein süßes Kind.” Gaby hatte sich ab wenden müssen. Da war jemand, der sie

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