Zuckerpüppchen - Was danach geschah
‘Zuckerbaby’ ”, sie strich Gaby über den Bauch, “wird. Ich freue mich schon darauf, es in den Armen zu halten. Mein Patenkind!”
Gaby hatte es Hubert vorgeschlagen. “Ich möchte, daß Ursel und Jean als Patinnen für unser Baby benannt werden. Ist dir das recht?” “Natürlich, Kleines”, hatte Hubert gesagt und sie an sich gezogen. “Die beiden scheinen mir bestens geeignet. Ich freue mich, daß du so guten Kontakt hier in Holland gefunden hast.” Gaby schloß die Augen in seiner sicheren Umarmung. “Ich hätte nie gedacht, daß ich so glücklich sein kann. Du, die Kinder und dann meine Freundinnen. Besonders Ursel, sie ist nur drei Jahre älter als ich, aber sie ist mir wie eine mütterliche Freundin.” — “Ja, eine besondere Frau”, murmelte Hubert. “Sie meint auch, daß ich mir nicht so viel Sorgen wegen der Schwangerschaftspunktion machen soll. Schließlich wird der Eingriff in einer Universitätsklinik ausgeführt.” — “Sag ich doch”, antwortete Hubert abwesend.
Als sie am nächsten Morgen nach Rotterdam ins Krankenhaus fuhren, hatte Gaby trotzdem einen dicken Kloß im Hals. Hubert tätschelte im Auto ihr Knie. “Nun mach dir bloß keine Gedanken. Es wird schon alles gutgehen.” Gaby legte schützend die Hand auf ihren Bauch. Seit zwei Wochen spürte sie das Kind. Es strampelte kräftig. Ein gutes Zeichen. Sechzehn Wochen war ihr Baby. Erst nach der sechzehnten Woche konnte eine Schwangerschaftspunktion durchgeführt werden. “Ist vielleicht besser”, hatte Professor de Ruiter gesagt. “Damit wir ganz sicher sind, daß unser ‘Zuckerbaby’ kein anderes Handikap hat. Wenn wir das entnommene Fruchtwasser untersuchen, können wir feststellen, ob das Kind mongoloid ist oder einen offenen Rücken hat. Schließlich sind Sie mit achtunddreißig Jahren etwas mehr gefährdet, ein behindertes Kind zu bekommen.” Als Gaby ihn erschrocken ansah, hatte er beruhigend gelächelt. “Etwas mehr, sagte ich. Nicht viel. Deswegen diese Punktion. Damit wir uns die restlichen fünf Monate darüber keine Sorgen zu machen brauchen.”
Nachdem in der Erasmus-Klinik ihre Personalien verglichen waren — Gaby war als Privatpatientin angemeldet — wurde sie zusammen mit Hubert ins Behandlungszimmer geführt. “Legen Sie sich bitte auf das Bett”, bat die Schwester sie freundlich. “Ihren Schlüpfer können Sie anbehalten.” Fürsorglich deckte sie sie mit frisch duftenden Bettlaken zu, nur ihr Bauch blieb frei. Sie rieb ihn mit einem Desinfektionsmittel ab. Zwei Ärzte kamen herein und begrüßten Hubert und sie mit Handschlag. “Wir führen diese Untersuchung pro Tag — zigmal durch”, sagte Dr. Lehnart. “Sie brauchen sich also keine Gedanken zu machen. Wir verstehen unser Handwerk.” — “Die Gefahr einer Fehlgeburt durch den Eingriff ist nicht gegeben?” wollte Hubert wissen. “Minimal”, sagte Dr. Heeschen und schaltete den Bildschirm ein. Verbunden mit den Elektronen, konnte Gaby auf dem Monitor in ihren Bauch sehen. Es kam ihr vor wie ein Wunder. Bei ihren ersten beiden Schwangerschaften hatte es diese Untersuchungsmethoden noch nicht gegeben, und auch bei Daniel war keine Ultraschall-Untersuchung gemacht worden.
Im ersten Moment konnte sie nicht viel erkennen. Nur hin- und herwogende Felder. “Hier ist Ihre Gebärmutter”, erklärte ihr Dr. Heeschen. “Sieht gut aus. Und hier”, er wies mit einem Bleistift auf den Bildschirm, “hier haben wir den Kopf Ihres Babys, hier die Füßchen.” Gaby stützte sich ein wenig ab, um besser sehen zu können. Ihre Hand suchte die von Hubert. Ihr Baby. Friedlich schwamm es in dem Fruchtwasser. “Sieht aus, als nuckelt es”, flüsterte sie. “Tut es, ja, es nuckelt.” Dr. Lehnart holte eine Kanüle mit einer langen Nadel. Gaby sank zurück und schloß die Augen. “Das Kind liegt sehr günstig. Und Sie haben viel Fruchtwasser. Wir brauchen nur wenig für unsere Untersuchung. Ihre Bauchdecke betäuben wir. Trotzdem werden Sie den Einstich spüren, weil wir nur die Haut betäuben. Aber Sie werden nicht viel mehr als den Druck fühlen.” Wenn das alles ist, dachte Gaby. Hauptsache, dem Baby geschieht nichts. Es war schon ein richtiges kleines Menschlein. Es nuckelte. Sie hätte ihm gerne übers Köpfchen gestreichelt. Sie sah zu Hubert. Er drückte ihre Hand. “Man kann jetzt auf dem Monitor sehen, wie die Nadel ins Fruchtwasser kommt”, erklärte er ihr. “Das Kind ist weit von der Nadel entfernt.” Sie atmete tief durch.
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