Zügel der Leidenschaft
Antworten völlig unwichtig. »Niemand wird es erfahren. Darauf gebe ich mein Wort.« Er sprach in vollem Ernst und ohne seinen sonstigen Spott.
»Soll ich auf eine solche Unverfrorenheit vielleicht einfach ja sagen?«
Er zuckte mit den Schultern, aber seine Augen blieben ernst. »Das würde mir gefallen.«
»Hat das die Dame gestern nacht auch getan?«
In seinem Blick flackerte Überraschung auf.
»Darf ich das vielleicht nicht fragen?«
»Nein, natürlich nicht.« Aber er beantwortete die Frage auch nicht.
»Ich habe Olivia zufällig gehört. Stehe ich für Samstagnacht auf dem Programm?« Leichter Sarkasmus ließ ihre Stimme frostig klingen.
Da lächelte er, und aller Ernst verschwand aus seinem Blick.
»Bist du eifersüchtig?«
»Nicht auf eine der Anwesenden, das kann ich Ihnen versichern.«
»Nicht einmal auf die schöne, naive Marquise von Berwick?«
Wie klug, dachte sie grollend, genau zu wissen, welchen Neid eine so junge Schönheit hervorrufen konnte. »Nein, nicht einmal auf sie«, log sie.
»Ich persönlich finde eine so reine Süße ein wenig langweilig«, meinte Kit. Sein Mund verzog sich zu einem wölfischen Grinsen. »Ich ziehe schwierige, rätselhafte Frauen wie dich vor.« »Wie schmeichelhaft«, murmelte Angela sarkastisch, »aber Sie haben immer noch nicht meine Frage beantwortet.«
»Ich habe allein geschlafen«, sagte er und gab damit zu, daß er sie sehr gut verstanden hatte. »Ich hatte nicht gewußt, daß dir daran liegt.«
»Vielleicht liegt mir ja auch nichts daran.«
»Diese Unentschiedenheit war das Wochenende auf Schloß Morton vielleicht schon wert«, flüsterte er.
Einen Moment lang hatte sie das Gefühl, als habe er sie vor aller Augen intim berührt: Hitze stieg in ihr auf, und mit Mühe, denn ihre Stimme klang gepreßt vor Gefühl, brachte sie heraus: »Ich weiß nicht, was ich anfangen soll mit ... Ihnen und ... meiner unbeabsichtigten Anziehung ... und Ihren ...«
»Warum warte ich nicht einfach auf eine Einladung?« unterbrach er sie leise.
»Ich will nicht ... Sehen Sie«, fuhr sie mit einem leisen Seufzen fort, »es wird keine Einladung geben.«
»Ich warte trotzdem.«
»Das sollten Sie aber nicht.«
»Habe ich schon erwähnt, daß ich seit Cowes allein schlafe?«
»Ich muß schon sehr bitten«, unterbrach sie stürmisch. »Sie sind ein Mann mit einem Harem. Ich bin schließlich auch nicht von gestern.«
»Es stimmt aber.«
Seine Antwort verblüffte sie. »Und dieses neuerliche Zölibat hat mit mir zu tun?« fragte sie ungläubig.
»Ich würde das gerne verneinen.« Er seufzte. »Glaub mir, ich verstehe das auch nicht. Ich weiß nicht einmal, was ich hier will, aber ich konnte nicht fortbleiben. Und das Wort ›Zölibat‹ ist für meine Zunge ein solcher Stolperstein, daß ich lieber keine weiteren aufstörenden Fragen danach höre. Glaubst du, es würde auffallen, wenn ich dich jetzt einfach über meine Schulter werfe und auf die nächste Kutsche zurenne?« Sein Grinsen war herausfordernd und jungenhaft.
»Wechseln wir wieder das Thema?«
»Aber ja.«
»Nun, wenn ich die Welt ignorieren und allein nach meinem Gefühl leben könnte«, antwortete sie lächelnd, »dann wären Sie herzlich willkommen, es zu versuchen.«
»Das ist eine sehr angenehme Vorstellung, Gräfin. Liegst du lieber oben oder unten?«
»Sie schockieren mich.«
»Wirklich?«
»Alles an Ihnen ... beunruhigt mich stark.«
Da lachte er. »Wie verdammt kultiviert du bist. Mein Leben wird, seit wir uns trafen, von etwas verdammt Stärkerem angerührt als bloßer Unruhe, mein Liebling«, sagte er dann mit einer reumütigen Grimasse, »und ich bin nicht sicher, ob ich es einfach hinwegreden kann. Aber in Anbetracht dieses öffentlichen Schauplatzes und der Tatsache, daß die örtlichen Gäste viel schockierter reagieren würden als Berties kosmopolitischer Zirkel, benehmen wir uns besser. Komm, sehen wir uns das nächste Rennen an, vielleicht fällt mir etwas ein, das deine Ängste und meine Frustration zum Verschwinden bringt.«
»Und wenn das nicht klappt?«
Dann befassen wir uns im Bett damit, dachte er, sagte aber statt dessen: »Vielleicht nehmen wir alles einfach viel zu ernst. Was kann denn falsch daran sein, gern mit jemandem zusammen zu sein?«
»Sie wissen, wie die Leute reden.«
»Über mich? Ich würde nie einen Fuß vor die Tür setzen, wenn ich mir darüber Gedanken machte, und Gräfin, sicher ist Ihnen auch klar, daß über Sie fast Ihr ganzes Leben geredet worden
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