Zügel der Leidenschaft
Angela vielleicht – sollte sein Charme bei ihr versagen.«
»Zur Hölle mit der Politik, Freddy. Er wird sie kriegen, denk an meine Worte«, erklärte der Prinz nachdrücklich. Keine Frau hatte Seiner Königlichen Hoheit jemals etwas abgeschlagen, obwohl er klein und dicklich war, und obzwar er alle Liebespartnerinnen freundlich behandelte, war keine Rede davon, daß zwischen den Geschlechtern Gleichgewicht herrschte. Er zog hübsche, üppige Frauen vor, die wußten, daß ihre einzige Rolle darin bestand, charmant zu sein.
»So bleibt ... uns also nur noch die Frage ... wann«, murmelte Souveral verhalten.
»Fünfzig Guineen darauf, daß er sie heute noch verführt«, erwiderte der Prinz.
»Wirklich, Hoheit, ich bin mit ihr befreundet!«
»Kein Grund zur Zimperlichkeit, Freddy. Unter Wahrung der Diskretion selbstverständlich, und es bleibt zwischen uns beiden. Kommen Sie.«
»Wenn Sie darauf bestehen. Fünfzig Guineen, daß er es nicht schafft.« Der Botschafter kannte Angela besser als der Prinz, der nie über die Schönheit einer Frau und ihre Unterhaltsamkeit hinausschaute. »Und weitere fünfzig, daß er Schloß Morton in gedrückter Stimmung verläßt.«
»Niemals, Freddy«, strahlte der Prinz. »Sehen Sie sich die beiden doch an!«
Die Gesellschaft fuhr zurück nach Schloß Morton, und Kit und Angela befaßten sich den größten Teil dieser Rückfahrt, obwohl sie die Kutsche mit Olivia und Lexford teilten, nur miteinander. Nachdem die Frauen und die meisten der Männer ins Schloß gegangen waren, begleiteten ein paar Freunde den Prinzen von Wales zur Koppel, um sich zu versichern, daß die Pferde für die Nacht gut versorgt waren.
Kit und Souveral standen in dem Getriebe beim Ausladen der Rennpferde im Stallhof ein wenig abseits von dem Gewimmel aus Trainern, Stallburschen, Jockeys, den Tieren und ihren Besitzern.
»Er gewinnt nun einmal gern«, bemerkte Souveral über den Prinzen, der in leutseliger Stimmung mit seinem Trainer sprach.
»Tun wir das nicht alle?«
Kits Stimme enthielt einen bewegten Unterton, so daß der Botschafter leise sagte: »Sie ist ganz anders als noch vor einem Jahr.«
»Was bedeutet?« Er brauchte nicht nachzufragen, wen der Botschafter meinte.
»Sie stellt ihre Identität in Frage, ihre Klasse, alle Vergnügen von früher.«
»Das erklärt ihre schwankende Zurückhaltung. Es scheint mir, als sei ich zum falschen Zeitpunkt gekommen.«
»Nehmen Sie es nicht persönlich. Ihre neuen, bilderstürmerischen Einstellungen haben vermutlich Joe Manton dazu gebracht, endlich zu heiraten.«
»Hat sie ihm den Abschied gegeben?« Das war eine unverblümte, irrationale Frage.
»Emotional vielleicht«, gab Souveral unverbindlich zurück.
»Und das hat ihm etwas ausgemacht?« Kit fragte mit der männlichen Mißachtung für philosophische Feinheiten.
»Sie ist eine sehr unabhängige Frau.«
»Aber trotz dieses Mangels sehr provokativ«, erwiderte Kit grinsend.
»Ihr Interesse scheint unmißverständlich.«
»So?« Dieses einzige Wort war von träger Gleichgültigkeit durchtränkt.
»Ich würde mich in diesem Fall vor Mr. Manton in acht nehmen. Seine Frau hat sich allerdings über Ihre Aufmerksamkeit gegenüber Angela sehr gefreut. Aber ich glaube, Joe hat wirklich etwas dagegen, wenn Sie in seinem Revier wildern.«
»Seinem Revier?« Kit kniff leicht die Augen zusammen. »Der Mann ist aber gierig.«
»Nur eine freundliche Warnung. Er ist sehr eifersüchtig.«
»Dann hätte er sie heiraten sollen.«
»Die Engländer lassen sich nicht so oft scheiden wie die Amerikaner.« 7
»In welchem Fall er sich daran gewöhnen muß, zu teilen.«
»Bertie hatte also doch recht. Er war sicher, daß Sie sie hartnäckig verfolgen.«
»Bis jetzt nicht, Souveral«, gab Kit leise zur Antwort. »Aber bisher habe ich immer alles bekommen, was ich wollte.«
Kit hatte Joe Mantons Herausforderung nicht so rasch erwartet – vielleicht hatte er trotz Souverals Warnung überhaupt nicht damit gerechnet. So war er völlig überrascht.
Der Prinz von Wales war mit seinen Freunden im goldenen Licht der untergehenden Sonne auf dem Rückweg vom Stallgebäude zum Schloß. Es war eine Prozession kleinerer Grüppchen, die sich über den gewundenen Pfad durch den Park dahinzogen. Die Stimmen klangen gedämpft auf dem weiten Gelände, und nur Wortfetzen und -sätze trieben durch das stille, frühe Zwielicht. Über allem lag der überwältigende Frieden der Natur.
Der erste Trupp hatte gerade den sanften
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