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Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
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Liebesstil erkannte. Da explodierte eine unwahrscheinliche Wut in ihr.
    Er ist ein Lügner, tobte sie, und ich führe mich auf wie ein leichtgläubiges junges Ding! Verraten, getäuscht, verführt von seinem verzehrenden Charme. Verdammt sei er, dachte sie bitter, und Tränen brannten in ihren Augen, verdammt diese Olivia, die ihn so leicht verführen konnte.
    Dann verschwand er plötzlich aus ihrem Blickfeld, verschluckt von den Schatten der massigen Mauern, und Angela preßte die Wange gegen das kühle Fensterglas. Sie fühlte sich betrogen, unglücklich und unendlich schutzlos angesichts ihrer hartnäckigen Begierde.
    Denn sie wollte ihn immer noch, trotz aller Frauen in seinem Leben, trotz der blutigen Erinnerungsmale Olivias, trotz aller praktischen Mahnungen ihres Verstandes. Wie seltsam, einem Mann zum Opfer zu werden, der abgesehen von flüchtiger Leidenschaft keine Gefühle kannte. Wie ironisch, weil sie selbst genau diese Haltung immer gespielt hatte.
    Das Frühstück würde zu einem Opfergang werden. Olivia würde sich ihrer Eroberung brüsten, und sie wäre gezwungen, die beiden zusammen zu sehen – wie sie intime Blicke austauschten, miteinander in der uralten Sprache der Liebenden redeten, unter dem Schutz neutraler Konversation Pläne schmiedeten, um einander später wiederzutreffen. Aber in der inzestuösen Gruppe auf Schloß Morton war eine Konfrontation nicht zu vermeiden. Wenn sie nicht beim Frühstück stattfand, dann beim Lunch, Tee oder Dinner. Also mochte sie sich ebenso gut wappnen und jetzt ins Frühstückszimmer gehen, um sich das Geturtel und Getue anzusehen. Es war immerhin der letzte Tag heute, und den würde sie auch noch überleben.
    Kit war bereits im Frühstücksraum, als sie eintrat, aber sie nahm ihn mit keiner Geste zur Kenntnis. An zwei Raumseiten waren Buffettische aufgebaut, auf deren polierten Flächen eine beachtliche Vielfalt an heißen und kalten Speisen auf den berühmten Goldtellern der Mortons aufgereiht waren. Sie würde sich eine kleine Portion vom Menue nehmen, sich einen Tisch etwas abseits suchen, so rasch wie möglich essen und sofort auf ihr Zimmer zurückkehren. In dem morgendlichen Gewirr von Gästen, die früh aufgestanden waren, um mit dem Prinzen vor dessen Kirchgang zu frühstücken – eine Sitte, an der er niemals rüttelte –, war es sicher möglich, unbemerkt wieder zu verschwinden.
    Und wenn Bertie sich nicht eingemischt hätte, wäre der Plan vielleicht gelungen. Aber der Prinz rief sie mit so lauter Stimme zu sich an seinen Tisch, daß sie nicht so tun konnte, als habe sie ihn nicht gehört. Er besorgte ihr umständlich einen Platz neben sich, zwang Alice, einen Stuhl weiterzurücken, und rief einem Diener zu, frischen Tee zu bringen. Und als Angela sich schließlich gesetzt hatte, dauerte es lediglich Sekunden, bis sie die übrigen Leute am Tisch begrüßt hatte. Die Mortons wirkten so frisch und proper wie Leute vom Land, Alice Keppel war wie stets makellos gekleidet und lächelte, und als Angela über den Tisch zur letzten Person in dieser kleinen Gruppe blickte, starrte Kit sie an und wünschte ihr mit ausdrucksloser Stimme guten Morgen. Er hatte dunkle Ringe unter den Augen, zwei rote Kratzer zierten seine Wangen, und der Hals wies deutliche Spuren von Zähnen auf.
    Beim Anblick von Olivias auffallenden Spuren drehte sich ihr der Magen um. Falls es noch Zweifel gegeben hatte, so waren sie nun fortgewischt. Er wirkte nach dieser Nacht der Zerstreuung völlig fertig. Neue Wut überkam sie.
    »Kommen Sie mit uns zur Kirche?« fragte der Prinz.
    Angestrengt zwang sie sich, diese Frage zu bedenken, einzuordnen und eine angemessene Antwort zu finden, so als habe es sich um eine komplexe Bitte gehandelt und nicht um eine ganz einfache Frage. Schließlich antwortete sie: »Heute nicht«, worauf sie innehielt, weil ihr keine plausible Antwort einfiel.
    »Angela hat sich schon gestern abend nicht wohlgefühlt, Bertie. Ich bin sicher, sie ruht sich lieber aus«, warf Alice Keppel freundlich ein.
    »Sind Sie krank, meine Liebe?« fragte der Prinz mit besorgter Stimme.
    »Nichts Ernstes«, antwortete sie. »Ich bin seit Beginn der Saison schon müde.«
    »Sie unternehmen immer viel zu viel«, schalt Bertie sie.
    »Das ist nach all den Jahren zur Gewohnheit geworden«, entschuldigte sich Angela. »Nächste Woche kann ich mich in Easton ausruhen.«
    »Das tun Sie besser, meine Liebe. Es geht doch nicht an, daß Sie außer Form sind, wo doch die Ferien in

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