Zügel der Leidenschaft
habe ich daran gedacht, nur nicht an die praktischen Aspekte. Ich weiß, daß sie hier sind.« Sie warf mehrere weitere Kleidungsstücke auf den Boden und sah ihn kurz über die Schulter hinweg an. »Ich werde nämlich schon schwanger, wenn ein Mann mich nur ansieht, also muß ich eins finden. Du bist vermutlich auch nicht allzu scharf darauf, heute nacht Vater zu werden.« Sie wandte sich zu einer letzten, ungeleerten Schublade, zerrte sie auf und kippte sie auf dem Kelimteppich aus.
Natürlich benutzt sie Verhütungsmittel, dachte er mit einem Blick über das Chaos auf dem Boden. Sie wäre dumm, das nicht zu tun. Doch egoistische, persönliche Motive lagen im Widerstreit mit Angela de Graes sinnlicher Zugänglichkeit und der Tatsache, daß sie einen ganzen Vorrat an Pessaren in diesem abgelegenen Häuschen bereit hielt. Nicht nur eines, sondern mehrere, überlegte er unmutig. Wie viele brauchte sie denn, zum Teufel? Plötzlich spürte er die Gegenwart von zahllosen Männern in dem feuerbeschienenen Raum.
Doch nur wenige Sekunden später setzte sein kühlerer Verstand wieder ein, und er rief sich in Erinnerung, daß Gräfin Angela schließlich eine Frau war, die für ihre Leidenschaft und verführerische Anziehungskraft bekannt war. Der Ruf, daß sie eine sinnliche Frau war, hatte ihn ja schließlich auch angelockt. Er hatte nicht erwarten können, einer Jungfrau zu begegnen. Doch trotz allem grübelte er weiter, mit einer perversen Unlogik, die für einen Mann von seinem ungezügelten Ruf geradezu ungewöhnlich war. Er wollte ihr einziger Mann sein, nicht nur heute abend, sondern auch gestern und letztes Jahr.
»Halleluja!« rief Angela nun leise und zog ein kleines grünes Lederetui aus dem seidenen Gewirr ihrer Wäscheschublade. Sie wirbelte mit einem bezaubernden Lächeln herum. »Es dauert nicht lange«, murmelte sie. »Ich muß nur noch ... etwas –, ah, da ist es«, sagte sie und zog ein kleines Glas aus dem Etui. »Wenn du mich bitte einen Moment lang entschuldigen willst ... das ist ein wenig peinlich.«
»Laß mich es machen. Die Frauen auf der Desirée benutzen alle Pessare.«
Sie erstarrte. Das Lächeln verschwand, ihr Blick wurde kühl. »Verdammt!« sagte sie leise.
»Komm doch endlich her«, nölte er träge, »und sag mir, wie viele Männer schon in diesem Bett geschlafen haben.«
»Wenn es um Rekorde geht, Mr. Braddock, bin ich sicher, daß ich im Vergleich mit Ihren saturnalischen Instinkten den kürzeren ziehe. Ich habe im allgemeinen immer nur einen Mann auf einmal.«
»Im allgemeinen?« hakte er nach, und das Knurren in seiner Stimme war unverkennbar.
»Fast immer«, erwiderte sie honigsüß. Sie hatte nicht die geringste Absicht, seinen Besitzerinstinkt mit der kargen Wahrheit zu befriedigen. »Wenn Sie also eine Jungfrau erwartet haben, dann sind Sie am falschen Platz. Und ich bin es ja schließlich nicht, die den ganzen Tag von London aus hergereist ist ...« Ihre Brauen hoben sich knapp, »... um zu vögeln.«
»Jetzt ärgerst du mich.« Er furchte die Stirn.
»Wie schade«, murmelte Angela, »wo ich doch immer noch von deinem so wunderbar großen Schwanz fasziniert bin.«
In dem Raum breitete sich Stille aus. Selbst das Prasseln des Feuers schien zum Schweigen gebracht, als habe die Spannung selbst die Flammen gelähmt.
Kit lag reglos auf dem Mönchsbett. Abschätzend sahen seine grünen Augen sie an.
»Es ist fünf Meilen weit durch den Regen bis zum ›Goldenen Hirschen‹«, sagte Angela leise.
»Ich könnte hier im Trockenen bleiben und dich trotzdem nicht vögeln.«
»Ist das eine Herausforderung? Das hältst du vermutlich nicht durch.«
»Doch.«
»In Schloß Morton hast du auch aufgegeben.«
»Heute nacht nicht.«
»Was für eine verdammte Verschwendung das wäre«, sagte Angela dann mit einem Lächeln. »Du hast die wunderbarste Erektion aller Zeiten. Doch das hast du vermutlich schon Hunderte von Malen gehört.«
Kits Mundwinkel zuckten unfreiwillig eine Sekunde lang, und dann brach er in echt belustigtes Lachen aus. »Du bist aber die erste Frau, Liebling, die mir ein so unverblümtes Kompliment macht. Danke«, sagte er lächelnd. »Verzeih meine schlechten Manieren«, fuhr er fort, und das Lächeln hellte seinen Blick auf. »Ich habe mich schon lange nicht mehr wie ein schmollender Schuljunge verhalten.«
»Mein siebzehnjähriger Sohn sieht genau so charmant aus, wenn er schmollt, um sich bei mir durchzusetzen.«
Es dauerte einen Moment, bis er diese
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