Zügel der Leidenschaft
Wange. »Danke«, sagte sie. »Dir gelingt es immer, meine Stimmung aufzuhellen.«
»Denk immer daran, Liebling«, erwiderte er lächelnd und duckte sich unter einem niedrigen Ast hindurch. »Ich kann alles in Ordnung bringen.«
»Selbst mein Leben?« Trauer klang in ihrer Stimme.
»Besonders dein Leben, mon ange .« Dann blieb er einen Moment unter einem von Äpfeln strotzendem Baum stehen, um sie zu küssen. »Weißt du denn nicht, daß ich aus diesem Grund hier bin?« murmelte er, als sich sein Mund wieder von ihren Lippen löste. »Nur, um dich glücklich zu machen.«
»Das gelingt dir auch wunderbar«, sagte sie leise.
»Ich gebe mir alle Mühe«, erklärte er bescheiden – aber mit einem völlig unbescheidenen Grinsen.
Ein paar Sekunden später schob er die Küchentür auf, und sie betraten die kühle Stille des Hauses. »So«, sagte er ruhig, »das ist besser als deine Party. Hier brauchst du niemanden zu unterhalten – nur mich natürlich«, fügte er leicht grinsend hinzu. »Und mich bei Laune zu halten ist äußerst leicht. Soll ich dir eine Tasse Tee machen?«
»Kannst du das?« Ihre Augen wirkten in dem von Sonnenlicht gefleckten Raum riesig.
»Du vielleicht nicht?«
»Mir hat das nie jemand gezeigt.« Sie war von der Wiege an eine reiche Erbin gewesen, und die Küche war eine unbekannte Welt für sie.
»Dann paß gut auf, Schatz.« Und nach wenigen Minuten stellte er zwei Tassen Tee vor sie, und sie setzten sich einander gegenüber an den Tisch, als sei Kit schon sein ganzes Leben lang in ihrer Küche zu Hause gewesen.
»Du überraschst mich wirklich«, sagte Angela. Allein das Vergnügen, Kit zu betrachten, hatte ihre düstere Stimmung vertrieben.
»Ist das nicht viel besser als in deinem Salon?«
»Unendlich viel schöner. Weil du hier bist.« Sie spürte in sich eine unglaubliche Zufriedenheit. »Was mache ich nur, wenn du wieder fortgehst?«
»Mit mir kommen, natürlich.«
»Du bist ein sehr unpraktischer Mann.«
»Und du lebst schon viel zu lange in dieser behüteten Welt, ma petite. Komm, trink deinen Tee, und dann gebe ich dir ein Geschenk.«
Ihre Augen leuchteten auf. »Ich liebe Geschenke.«
»Eigentlich müßtest du jetzt bescheiden abwehren – oder zumindest etwas sagen, das mir schmeichelt«, neckte er sie.
»Wo ist es?«
»Und das steht auch nicht so in den Büchern über Etikette«, meinte er grinsend. Sie war so viel charmanter als alle Priscillas der Welt, die ihre gespielte Weigerung noch dann vortrugen, wenn sie einem das Schmuckstück schon aus den Händen rissen.
»So – jetzt habe ich meinen Tee ausgetrunken.« Sie setzte herzhaft die Tasse ab.
»Lieber Gott, ich habe nicht gewußt, wie gierig du bist.«
»Wirklich nicht?« gab sie neckend und zärtlich zurück.
»Also, das Geschenk ...« Er streckte die Hand über den alten Holztisch. »Mach die Augen zu.«
Sie folgte sofort wie ein kleines Kind und streckte ebenfalls die Hand aus. Er lächelte, wie stets bezaubert von ihrem Charme.
Dann folgte sie ihm Hand in Hand durch einige der Räume im Erdgeschoß, und als er sagte: »Jetzt kannst du die Augen öffnen«, standen sie in dem Zimmer, das sie als Büro für die Verwaltung des Anwesens benutzte. »Da drüben«, sagte er und deutete auf einen schmalen Umschlag auf dem Tisch am Fenster. Sie hatte ein Schmuckstück erwartet, ein kleines Andenken – eines der üblichen Geschenke, die Männer Frauen verehren. Aber nur ein cremefarbener Umschlag lag geheimnisvoll auf dem Schreibtisch, vor den sie nun trat. Darauf stand bloß ›Angela‹, ohne jeden Schnörkel, in einer Handschrift, die sie von seinem vorigen Briefchen erkannte. Ehe sie den Brief aufhob, warf sie Kit einen forschenden Blick zu, doch er lächelte bloß ein wenig und sagte: »Mach ihn auf.«
Der Umschlag war nicht versiegelt; er hatte ihn nicht einmal zugeklebt. Sie zog eine schmale Karte heraus, auf der in schlichten Lettern Kits voller Name gedruckt war: ›Thomas Kitredge Braddock.‹ Das paßt zu ihm, dachte sie und fuhr mit dem Finger über die Prägeschrift. Es klang solide und männlich. Dann las sie den Brief – seine markante Schrift bedeckte die kleine Karte:
Ein kleines Geschenk zum Dank für deine Gesellschaft: Die Überholung der ›Shark‹ nach den Plänen und unter der Leitung von Henry Watson.
In Liebe, Kit
Er hatte ihr ein unglaubliches Geschenk gemacht, nach der Art von amerikanischen Millionären, wenn alle Geschichten von deren extravaganten, großzügigen Gaben wahr
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