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Zuflucht Im Kloster

Zuflucht Im Kloster

Titel: Zuflucht Im Kloster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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entstehen lassen, zu ersticken. Ihre tastenden Hände stießen an die harte Kante eines in Stoff eingewickelten Bündels, das an der Wand auf dem Boden stand, und sie löschte einen Funken, der sich im ausgefransten Ende der Schnur, mit der es umwickelt war, festgesetzt hatte. Einige weitere Funken flogen durch die Luft. Sie erstickte sie mit dem Saum ihres Rockes. Dann war es ganz dunkel. Inzwischen mußten alle im Haus wach geworden sein, und gleich würden sie mit Kerzen und Lampen herbeikommen, aber für einige Augenblicke herrschte absolute Finsternis. Auf allen vieren tastete Rannilt umher und versuchte, die alte Frau zu finden, die irgendwo hier liegen mußte.
    »Bleib, wo du bist«, sagte Susanna hinter ihr. »Ich werde Licht machen.«
    Schnell und entschlossen wie immer ging sie in ihr Zimmer, wo Feuerstein und Zunder griffbereit neben ihrem Bett lagen.
    Sie kehrte mit einer Kerze zurück und entzündete die Öllampe, die an einer Halterung an der Wand hing. Rannilt stand auf und eilte zu Juliana, die mit dem Gesicht nach unten am Fuß der Treppe lag. Aber Susanna war schneller da als sie: sie kniete neben ihrer Großmutter und tastete sie ab, um festzustellen, ob irgendwelche Knochen gebrochen waren, bevor sie sie aufhob.
    Alte Menschen haben spröde Knochen, aber Juliana war nicht schwer gestürzt, sondern eher von Stufe zu Stufe die Treppe hinabgerollt.
    Dann waren plötzlich die anderen da und umringten sie. Sie hatten Kerzen in der Hand und riefen Fragen. Daniel und Margery hatten sich eilig einen Umhang umgeworfen, Walter war verschlafen und stieß klagende Laute aus, Iestyn eilte aus dem Keller die Außentreppe hinauf und stürzte durch die Hintertür in Susannas Zimmer, die Rannilt offen gelassen hatte, hinein. Ein Licht nach dem anderen wurde entzündet – die eiserne Regel, zu sparen wo es nur ging, galt nicht mehr.
    Erschreckt und bestürzt redeten sie wirr durcheinander. Die rußenden Kerzen erfüllten die Halle mit Schatten, die um die beiden auf dem Boden knienden Gestalten tanzten. Was war geschehen? Warum der Lärm? Warum lag die alte Frau nicht in ihrem Bett? Woher kam der Brandgeruch? Wie war das gekommen?
    Susanna schob einen Arm unter ihre Großmutter, stützte mit der anderen Hand ihren Kopf und drehte sie auf den Rücken.
    Sie sah auf und warf ihrer klagenden Familie einen kalten Blick zu, und nur Rannilt bemerkte die Verachtung für ihre Verwandten, die darin lag und von der nur die alte Frau ausgenommen war, die Susanna jetzt in ihrem Arm hielt.
    »Seid still und macht Euch nützlich. Könnt Ihr nicht sehen?
    Sie kam mit ihrer Bettlampe, um zu sehen, wie ich zurechtkam, und dann hatte sie einen Anfall wie kürzlich erst und stürzte die Treppe hinunter. Rannilt kann das bestätigen – sie hat es gesehen.«
    »Das stimmt«, sagte Rannilt zitternd. »Sie ließ die Lampe sinken, griff sich an die Brust und fiel die Treppe hinunter. Das öl spritzte umher und fing Feuer. Ich habe es gelöscht…« Sie dachte an die brennende Schnur und richtete ihren Blick auf die Stelle, an der das Bündel, was auch immer darin gewesen war, gelegen hatte, aber es war verschwunden. »Sie ist nicht tot…
    Seht nur, sie atmet… Hört doch!«
    Tatsächlich – Juliana lebte. Als das Stimmengewirr erstarb, konnte man ihre flachen, rasselnden Atemzüge hören. Die eine Seite ihres Gesichtes war angespannt, ihr Mund grotesk verzerrt, und die Augen waren halb geöffnet, so daß man das Weiße sehen konnte. Ihr Körper war auf dieser Seite steif wie ein Brett, und ihre Hand hatte sich verkrampft.
    Susanna sah von einem zum anderen und gab ihre Anweisungen. Niemand widersprach ihr. »Vater und Daniel, ihr tragt sie in ihr Bett. Sie hat sich nichts gebrochen und hat keine Schmerzen. Wir können ihr nichts von ihrer Arznei geben – sie könnte sie gar nicht schlucken. Margery, mach Feuer in dem kleinen Ofen in ihrem Zimmer. Ich werde Wein warm machen, den kann sie trinken, wenn es ihr wieder besser geht – wenn es ihr jemals wieder besser geht.«
    Sie sah Iestyn an, der hinter Rannilt im Schatten stand und nicht wußte, was er tun sollte. Ihr Gesicht war so kalt und ausdruckslos, als sei es aus Marmor gehauen, aber ihre Augen blickten entschlossen. »Lauf zum Kloster«, sagte sie. »Bruder Cadfael soll sofort kommen. Manchmal, wenn er Arzneien herstellt, arbeitet er noch um diese Zeit. Aber selbst wenn er schon in seiner Zelle ist, wird der Pförtner ihn holen lassen. Er hat gesagt, er würde kommen, wenn er

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