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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Gedanken machen. Er würde bald befördert und es würde uns dann richtig gut gehen.«
    Joshua sah sich um. Das Mobiliar war bunt zusammen-gewürfelt. Der Teppich schon lange zerschlissen. Es machte auf ihn den Eindruck, als wohne hier eine Familie am Rande der Armutsgrenze. Sie verstand seine Blicke und sah beschämt zu Boden.
    »Mein Mann war spielsüchtig. Er hat uns damit völlig überschuldet. Seit einem halben Jahr ist er in therapeutischer Behandlung. Wir mussten einen Privatkonkurs anmelden«, sie wischte sich mit einem Taschentuch die Augen trocken, »seitdem leben wir vom Existenzminimum und das acht Jahre lang. Eine fremde Person regelt unser Konto. Mein Mann sagt immer, dass es nicht mehr lange dauert, aber …«
    Sie bekam einen Weinkrampf. Joshua wartete geduldig, ohne ein Wort zu sagen.
    »Was hat er denn verbrochen, warum durchsuchen Sie unsere Wohnung?«
    Joshua verschwieg den Mordverdacht.
    »Hat Ihr Mann jemals die Namen Schändler, Skopje, Baker oder Hellström erwähnt?«
    Sie schüttelte den Kopf und hielt sich dabei das Taschentuch vor ihr linkes Auge. Joshua glaubte ihr und verabschiedete sich.
    »Eine Frage noch, Frau Kaiser«, Joshua drehte sich im Flur noch einmal zu ihr herum, »wo war Ihr Mann letzten Dienstag zwischen achtzehn und einundzwanzig Uhr?«
    Sie sah ihm sekundenlang ohne eine Regung in die Augen.
    »Da war er mit Ludger unterwegs.«
    »Den ganzen Abend?«
    »Das nehme ich an. Am Nachmittag hat er noch eine Alarmanlage repariert und später kam Ludger.«
    Joshua stutzte.
    »Ihr Mann repariert Alarmanlagen?«
    Sie sah ihn verwundert an, als sei es selbstverständlich.
    »Ja. Er hat das doch mal gelernt. Bevor er zur Polizei ging. Seit ein paar Jahren verdient er sich damit nebenbei was dazu«, sie biss sich auf die Lippen, »bitte, er hat es nicht angemeldet …«
    »Keine Sorge, Frau Kaiser. Darum geht es uns nicht.«
    Langsam fügte sich alles zusammen. Kaiser musste es also gewesen sein, der bei Schändler die Alarmanlage manipuliert hatte.
    Als er aus dem Haus kam, standen nur noch Marlies und Daniel auf dem Bürgersteig und unterhielten sich.
    »Hast du was rausbekommen?«
    »Kaiser kennt sich bestens mit Alarmanlagen aus. Er installiert sie sogar. Du hast sicher die Dienstpläne?«
    »Liegen im Wagen. Sie hatten zu keinem Tatzeitpunkt Dienst.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Winnie hat gerade angerufen«, Marlies lachte ihn fröhlich an, »er hat für sechzehn Uhr eine Pressekonferenz angesetzt und wünscht deine persönliche Anwesenheit. Du sollst allerdings kein Wort über diese subliminalen Botschaften oder überhaupt eine Beeinflussung sagen.«
    »Soll ich übers Wetter reden?«
    »Na ja, immerhin haben wir ja ein weiteres Opfer und zwei flüchtige Tatverdächtige. Außerdem bin ich bei dir«, scherzte Daniel. Unterwegs ging Joshua das Gespräch mit Frau Kaiser nicht mehr aus dem Kopf. Ihr Mann hatte die Familie durch seine Leichtsinnigkeit ganz tief nach unten gezogen. Trotzdem blieb sie bei ihm. Wie würde Janine wohl reagieren? War ihr Grund für die Trennung dagegen nicht geradezu nichtig? Es dauerte fünf Minuten, bis Joshua die Situation klarer beurteilen konnte. Genau das war es wohl, was seine Frau ihm mitzuteilen versuchte. Er konnte sich zuwenig in sie hineinversetzen. Ihre Ängste und Albtraumnächte müssen sie seelisch so in die Enge getrieben haben, dass sie keinen anderen Ausweg mehr sah. Als er in der Toilette des Präsidiums in den Spiegel sah, ärgerte es ihn, sich nicht umgezogen zu haben. Ein großer Fleck unterhalb vom Kragen verunzierte seine Lederjacke. Er zog sie aus und hing sie über den Arm. Seine Hose war auch nicht mehr die sauberste. Gerade jetzt wollte er keine Angriffsfläche bieten. Es war zu spät.

    Elsing gab ihnen vorher noch genaueste Instruktionen, vermied aber jeden Blickkontakt mit Joshua. Als sie durch einen Nebeneingang den der Kantine angeschlossenen Sitzungsraum betraten, waren sie überrascht. Der Saal war hoffnungslos überfüllt. Gleißendes Licht erhellte das Podium. Ein Fernsehteam war anwesend und hatte zwei mächtige Stative mit Scheinwerfern vor den Pulten positioniert. Joshua wunderte sich über den enormen Andrang. Er spürte den Anflug von Nervosität. Kurz nachdem Elsing die versammelte Medienschar begrüßt hatte und an Joshua weitergab, erfuhr er den Grund dafür. Ein Journalist des Fernsehteams kam direkt zur Sache.
    »Herr Trempe, ein Sprecher der PdV hat sich heute Morgen öffentlich darüber beschwert,

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