Zugzwang
Auge. Absolut integre Leute, die voll und ganz hinter seiner Ideologie standen. Direkt nach der Wahl würden sie ihre Arbeit aufnehmen. Dafür war er bereit, seine Versprechen zu brechen. Statt eines Postens bekämen sie eine Zelle. Sie konnten ihm nicht gefährlich werden, dafür hatte er gesorgt. Die meisten jedenfalls. Die anderen werden die Wahl nicht mehr erleben. Sie mussten dem Sieg geopfert werden.
»Dürften? Was haben sie?«
»Sie haben zwar sehr viel Material sichergestellt, untersuchen aber nur die Wahlspots.«
Das beruhigte ihn wieder. Er grinste zufrieden. Es war ein kluger Schachzug, nach der Warnung ihrer Leute die Botschaften nur noch in Bier- und Zahnpastawerbungen unterzubringen. Weil diese Art Werbung öfter gesendet werden durfte als Wahlwerbung, deren Ausstrahlung einem strengen Reglement unterlag, war die Wirkung zudem um einiges höher. Sie lagen mittlerweile mit achtundvierzig Prozent vorne. Jetzt galt es, die Feinabstimmung im Auge zu behalten. Ein Wahlsieg mit siebzig Prozent würde zu viel Aufsehen erregen und etliche unangenehme Untersuchungen nach sich ziehen. Die absolute Mehrheit war aber zwingend erforderlich, um die Polizei des Landes personell nach ihren Wünschen umzustrukturieren. Diese Mehrheit würde die Basis werden für die Bundestagswahl im kommenden Jahr. Von Nordrhein-Westfalen aus konnten sie dann ohne nennenswerte Gegenwehr ihre weiteren Ziele in Angriff nehmen. Allerdings lief längst nicht mehr alles so glatt, wie es seit langem geplant war. Zuerst der unerwartete Absprung von Skopje, jetzt Bönisch, der dem g anzen nervlich nicht gewachsen war und schließlich die Panne mit Rahn und Kaiser. Die beiden konnten das gesamte Projekt in Gefahr bringen. Er sah den Hünen mit stählernem Blick an.
»Du regelst das mit Kaiser und Rahn. Sie dürfen auf gar keinen Fall der Polizei in die Hände fallen, verstanden!«
»Sie können sich auf mich verlassen, Chef.«
Ihm kamen erste Zweifel. Sie würden jetzt mit Hochdruck daran arbeiten, die beiden festzunehmen. Vor allem Trempe. Er schien ihnen beharrlich näher zu kommen. Er drehte sich zu der schlanken Frau mit den langen dunkelroten Haaren herum und sah in ihre grünen Augen. Ihr Blick verriet eine Mischung aus Raffinesse und Kälte.
»Was ist mit dir? Wolltest du dich nicht um diesen Trempe kümmern?«
Sie verzog ihre Mundwinkel zu einem gequälten Lächeln. Betont gelassen zündete sie sich eine Zigarette an.
»Der zieht sich heute selbst aus dem Verkehr.«
»Wie meinst du das?«
Sie blies den Rauch durch die Nase aus und lächelte ihn an.
»Ich habe da eine interessante Neuigkeit erfahren. Trempe steigt heute Abend in unser Labor ein. Mit Schlüsseln übrigens. Die hat dieser Trottel von Bönisch in seinem Büro liegen gelassen.«
Er rieb sich vergnügt die Hände.
»Das ist doch mal was. Einen Einbrecher auf frischer Tat ertappt und Peng.«
Er setzte sich den Zeigefinger der rechten Hand an die Schläfe und deutete einen Schuss an. Dabei bemerkte er nicht die Unruhe, die seine Gesprächspartnerin befiel.
»Das wird nicht nötig sein. Wir brauchen ihn nur einige Tage aus dem Verkehr zu ziehen. Beruflich ist der sowieso erledigt.«
»Nein. Ich möchte kein weiteres Risiko mehr. Du erledigst das!«
Er sah dabei kurz zu dem Hünen herüber. Trempe durfte ihr Unternehmen nicht weiter gefährden.
»In Ordnung, Chef.«
24
Joshua kehrte wieder ins Haus zurück. Sie mussten mehr über diese beiden Kollegen herausfinden. Frau Kaiser wirkte konsterniert. Jeden Augenblick konnte ihr Anwalt hier erscheinen, dann würde es schwierig werden, dachte er. Beruhigend sprach er auf sie ein.
»Frau Kaiser, niemand macht Ihnen einen Vorwurf. Ihr Mann ist da in eine Sache hineingeraten, die wir aufklären müssen.«
Es widerstrebte ihm, den Sachverhalt auch nur annähernd in einem guten Licht erscheinen zu lassen. Zu groß war seine Wut auf den vermeintlichen Mörder von Rosalinde Schändler. Es fiel ihm schwer, seinen Hass und seine Wut zu unterdrücken. Aber ein lautes Wort würde diese Frau zum Schweigen bringen.
»Zu wem hatte er in der letzten Zeit Kontakt?«
Die Frau ihm gegenüber war farblos. In ihrem befleckten hellblauen Kittel und mit den strähnigen Haaren sah sie ihn hilflos an. Ihre Stimme war sehr leise und zitternd.
»Ich habe ihn doch kaum noch gesehen. Der war dauernd mit Ludger unterwegs.«
»Hat er Andeutungen gemacht, wohin er mit seinem Kollegen ging?«
»Nein. Er sagte immer, ich solle mir keine
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