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Zugzwang

Zugzwang

Titel: Zugzwang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erwin Kohl
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Blick deutete auf das Telefon neben ihr. Wortlos griff sie nach dem Hörer und hackte förmlich mit ihren langen, rot lackierten Fingernägeln eine Nummer in die Tastatur.
    »Herr Doktor«, säuselte sie los, »hier ist ein äußerst unfreundlicher Herr von der Kripo, der Sie sprechen möchte«, sie sah ihn dabei missbilligend an, »ja in Ordnung, Herr Doktor.«
    »Folgen Sie mir bitte!«
    »Na, geht doch«, antwortete er leise. Nicht leise genug, sie schluckte. Die Chance auf ein gemeinsames Abendessen mit dieser Dame schien jetzt gegen Null zu tendieren. Glücklicherweise war sie nicht sein Typ. Sie stakste vor ihm her den linken Gang herunter. Das Laufen in den Stöckelschuhen schien ihr auf dem glatten Parkettboden leichte Probleme zu bereiten. Joshua ertappte sich bei dem Gedanken, warum diese Dame ausgerechnet von einem Institut eingestellt wurde, das sich die Erforschung des menschlichen Hirns zur Aufgabe gemacht hatte. An der vorletzten Tür klopfte sie kurz an und trat ein. Joshua ging hinterher.
    »Herr Doktor …«
    »Danke, Frau Ruben.«
    Joshua stellte sich kurz vor und bat seinen Gastgeber ein paar Fragen stellen zu dürfen. Doktor Bönisch war eine stattliche Erscheinung. Mit seinen fast zwei Metern Größe und seinem enormen Bauchumfang wirkte er auf Joshua fast wie ein ehemaliger Bundeskanzler. Mit einer Handbewegung bot er ihm einen Stuhl an und nahm selbst hinter einem riesigen Schreibtisch Platz. Er beugte sich nach vorne und sah Joshua über den vergoldeten Rand seiner Brille fragend an.
    »Herr Doktor Bönisch, woran arbeiten Sie hier?«
    Bönisch breitete die Arme aus und antwortete jovial:
    »Wir sind ein freies und unabhängiges Forschungsinstitut. Wir beschäftigen uns hauptsächlich mit der Hirnforschung, was ein breites Feld ist, wie Sie sich vorstellen können.«
    »Frei und unabhängig? Womit finanzieren Sie ihre Forschung?«
    »Wir geben unsere Forschungsergebnisse an die Wirtschaft weiter, teilweise arbeiten wir auch in deren Auftrag. Sie haben natürlich Recht, die Finanzierung ist ein wichtiges Kriterium. Forschung, speziell unsere, ist nicht gerade preiswert.«
    Joshua zückte einen Notizblock und einen Kugelschreiber und notierte sich die Aussagen des Doktors. Mit der Freiheit und Unabhängigkeit schien es nicht weit her zu sein.
    »Wer gibt Ihrem Institut denn Aufträge und welcher Art sind sie?«
    Bönisch grinste ihn an. Joshua glaubte in diesem Grinsen eine Spur Arroganz zu erkennen.
    »Das kann ich Ihnen natürlich nicht sagen. Diskretion wird bei uns groß geschrieben.«
    »Gehörte Ramon Schändler zu Ihren Auftraggebern?«
    »Nein.«
    Die Antwort kam sofort. Zu schnell, um Joshuas Bedenken auszuräumen.
    »Kannten Sie Ramon Schändler?«
    »Wie ich schon sagte, nein.«
    »Sie verneinten die Frage, ob er zu Ihren Auftraggebern gehörte.«
    »Ich kannte ihn auch nicht und jetzt entschuldigen Sie mich bitte, ich habe zu arbeiten.«
    Bönisch stand auf und hielt ihm den ausgestreckten Arm hin. Joshua ärgerte sich, er war noch gar nicht zu seinem eigentlichen Anliegen vorgestoßen.
    Plötzlich fiel ihm etwas auf.
    »Herr Bönisch, Ansgar Skopje, einer Ihrer ehemaligen Mitarbeiter, ist doch zur Werbeagentur Schändler gewechselt. Haben Sie das nicht gewusst?«
    Sein Blick wurde kälter.
    »Doch, natürlich. Das muss aber doch nicht bedeuten, dass ich Schändler kannte. Oder glauben Sie, der hat ihn hier persönlich abgeholt?«
    Joshua stand jetzt auch auf, gab Bönisch die Hand zur Verabschiedung und ging. Er musste nach einer anderen Möglichkeit suchen, an relevante Informationen zu kommen.
    Für eine Minute saß er hinter dem Steuer seines Wagens und dachte nach. Die kurze, knappe Antwort auf seine Frage nach Schändler. Warum hatte Bönisch nicht eine Sekunde gezögert? Warum hatte er nicht gesagt, sein Mitarbeiter sei dorthin gewechselt, aber persönlich kannte er Schändler nicht?
    Nein. Kurz, knapp und ohne zu zögern verneinte er diese Frage. Geradezu so, als habe er sie erwartet. Warum wechselte Skopje, ein Wissenschaftler, wirklich zu der Werbeagentur? Das herauszufinden dürfte nicht leicht werden. Beide Seiten blockten ab.
    Joshua startete seinen Wagen und fuhr los, ohne zu wissen, wohin. Auf einmal hatte er ein Ziel. Seine Familie, da war noch eine Entschuldigung offen und die damit verbundene Hoffnung auf eine Wiederholung dieser Unterhaltung. Er steuerte wieder auf die Autobahn zu. Zwanzig Minuten später stand er vor dem Haus, das noch vor einigen Tagen sein zu

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