Zugzwang
meldete.
»Noch was: Kommst du heute Abend zur kleinen Soko-Sitzung?«
Joshua stutzte.
»Ich habe doch Urlaub.«
»Nee, ist klar. Und in deiner Freizeit jagst du Mörder. Wir treffen uns um fünf bei Viktor.«
»Warum bei Viktor?«
»Na, weil du Urlaub hast. Wenn du nicht langsam mit dem Denken anfängst, lösen wir den Fall nie.«
Zufrieden beendete er die Verbindung. Sie hielten also zu ihm. Das war zwar in der Vergangenheit auch immer so, aber dieses Mal hatte er leichte Bedenken gehabt.
»Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja. Es gibt Parallelen. In beiden Fällen geschehen Dinge, die rational nicht zu erklären sind. Und in beiden Fällen spielt Schändler eine Rolle«, Joshua dachte kurz darüber nach, dass Werner ja eigentlich an demselben Fall arbeitete, »wir haben heute Nachmittag bei Viktor eine private Soko-Sitzung, hast du nicht Lust zu kommen? Die werden Augen machen.«
Man konnte Werner seine Freude ansehen.
»Nein, das geht doch nicht. Ich bin draußen …«
»Es ist ein privates Treffen unter Kollegen. Da gehörst du immer noch dazu.«
Joshua klärte ihn in wenigen Sätzen über seine vorübergehende Beurlaubung auf, verschwieg dabei aber den Zusammenhang mit Rosalinde Schändler und König.
Werner Verheugen willigte ein. Sie verabschiedeten sich bis zum Nachmittag. Joshua zog es nach Kamp-Lintfort. Die Adresse hatte er sich notiert. Hirnforschung und Werbung, welche Verbindungsstellen gab es da? Ihm fielen die Sätze von Ansgar Skopje ein. Wir müssen das Bewusstsein der Käufer erreichen, hatte er gesagt. Als Wissenschaftler meinte er damit wohl eine andere Intensität als ein Werbefachmann. Wie weit konnte man das menschliche Bewusstsein beeinflussen? Eine neutrale, ehrliche Antwort würde er in Kamp-Lintfort wohl nicht bekommen. Sie mussten sich also über kurz oder lang an Experten auf diesem Gebiet wenden. Der Sitz des Institutes lag in einem modernen Gewerbepark. Man siedelte hier zunehmend Hightech-Firmen an. Ausgerechnet hier, gegenüber der alten Zeche. Zwischen diesen Industrieformen lag nicht nur die Friedrich-Heinrich-Allee. Es lagen Welten zwischen dem Bergbau auf der einen und modernen Instituten, Elektronik- und Grafikbetrieben auf der anderen Seite.
Die Größe des Gewerbeparks wurde Joshua erst bewusst, als er fast eine Viertelstunde nach dem Institut suchte. Wie in einem Schneckenhaus führten die Wege ihn immer tiefer hinein. Endlich stand er vor dem unauffälligen Flachbau. Das Anwesen war von einem hohen Metallzaun umrahmt. Auf einem Pfosten an der Einfahrt thronte eine große Kamera, an der ein rotes Lämpchen blinkte. Drei kleine Parkplatzreihen, durch unscheinbare Grünstreifen getrennt, lagen direkt vor dem Eingangsbereich. Joshua parkte seinen Wagen und ging zum Eingang. Auch dort nahm eine Kamera alle Besucher in Empfang. Er gelangte, nachdem die Tür automatisch geöffnet wurde, in einen kleinen Empfangsraum. Rechts und links vor Kopf verliefen zwei lange Gänge. Am Ende des rechten Ganges befand sich eine Tür mit Zahlenschloss. Zwei Gestalten verließen gerade diesen Raum. Sie sahen so ähnlich aus, wie seine Kollegen von der Spurensicherung bei der Arbeit. Weißer Ganzkörperanzug, Haarnetz und Mundschutz. Er trat vor die kleine Theke, die mittig vor den beiden Gängen platziert war.
»Kann ich Ihnen helfen, junger Mann?«
Die brünette Empfangsdame versah ihre Worte mit einer Art Hintergrundmelodie. Sie erschien ihm einige Jahre jünger als er. Sollte das breite Sortiment der von ihr benutzten Kosmetika allerdings erfolgreich dem Zweck dienen, sie jünger wirken zu lassen, so könnte ihr tatsächliches Alter sein eigenes locker übertreffen. Er zückte seinen Dienstausweis und hielt ihn unter ihre Augen.
»Kripo Krefeld, Mordkommission. Ich würde mich gerne mit dem Leiter dieses Institutes unterhalten.«
»Also ich weiß nicht, ob ich Ihnen da weiterhelfen kann.«
Die Hintergrundmelodie hatte sich verflüchtigt. Ihre Augen änderten den Ausdruck von einem überfreundlichen Klimpern in eine gewisse Coolness. Noch immer sah sie ihn an.
»Wer weiß das denn, junge Frau?«, flötete Joshua ihr entgegen.
Das war zu viel. Ihre Mundwinkel fielen schlagartig nach unten, der freundliche Anfangston verkehrte sich nun ins Gegenteil.
»Ich meinte damit, ich weiß nicht, ob der Doktor für Sie zu sprechen ist.«
Joshua beugte sich über die Theke und flüsterte verschwörerisch:
»Kann man das denn irgendwie herausbekommen? Telefonisch vielleicht?«
Sein
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