Zukunftsmenue
Handlungsdefizit.
Herr Dr. Focke, werden Sie trotz aller Widrigkeiten weiter kämpfen?
Ich mache weiter wie bisher, halte Vorträge und Vorlesungen, schreibe Bücher und Artikel, gebe Interviews für unterschiedliche Medien, setze mich mit Landes- und Bundesministern auseinander und, und, und. Denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. Wenn dann aufgrund des aktuellen Geschehens immer mal wieder Zweifel aufkommen, dann halte ich es mit Martin Luther, der da sagte: »Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, dann würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen.«
Tierhaltung ohne Tierschutz
Die Deutschen gelten als außergewöhnlich tierlieb, zumindest wenn es um ihre vierbeinigen Mitbewohner wie Hund und Katze geht. Doch der Schutz von Nutztieren wird hierzulande noch immer nicht ernst genug genommen: Laut dem Deutschen Tierschutzbund werden jährlich mehr als 20 Millionen männliche Ferkel kastriert – meist ohne Betäubung, bereits 24 Stunden nach der Geburt. Warum? Damit ihr Fleisch gar nicht erst einen möglichen, etwas strengen Ebergeschmack entwickeln kann. Schnäbel von Legehennen und Masthähnchen werden weggeschmolzen, Schwänze und Zähne bei Schweinen kupiert, damit sie sich auf engem Raum nicht verletzen. Gemeinsam mit anderen Organisationen hat der BUND einen »Tierschutz-TÜV« entwickelt, den der Bundestag zumindest für Legehennen akzeptiert hat. Dieser TÜV soll dafür sorgen, dass in Deutschland nur solche Ställe verkauft werden dürfen, die ein »ethisches Mindestmaß an Tierschutz« gewährleisten. Das bedeutet beispielsweise für Legehennen, dass sie so gehalten werden, dass sie für artgerechtes Verhalten wie Fressen, Trinken, Ruhen, Sandbaden und Eierlegen genügend Platz zur Verfügung haben. Ein Tierschutz-TÜV sollte gewährleisten, dass der Stallbau sich nicht allein an den ökonomischen Ansprüchen der Hersteller und Betreiber orientiert, sondern auf die Bedürfnisse der Tiere abgestimmt wird. Verletzungen, gesundheitliche Schäden und weitere Leiden der Tiere, die auf ein falsches »Stalldesign« zurückzuführen sind, könnten damit in serienmäßig hergestellten Stallsystemen verhindert werden. Seit 2012 sind die alten Käfiganlagen in der EU verboten.
HÜHNER AUS ALTERNATIVER HALTUNG SIND AUF DEM VORMARSCH
Verbraucher haben schon einmal bewiesen, dass sie etwas ändern können: Seit im Jahr 2004 europaweit der Kennzeichnungs-Code auf jedem Ei eingeführt wurde, kaufen wir in Deutschland mehr Eier aus alternativen Haltungen. Laut Statistik hat sich in Deutschland die Zahl der Bio-Eier zwischen den Jahren 2004 und 2009 mehr als verdoppelt: 2004 wurden rund 270 Millionen Bio-Eier produziert, im Jahr 2009 waren es insgesamt 565 Millionen Bio-Eier. 6 Zudem ist Deutschland 2009 aus der konventionellen Käfighaltung ausgestiegen, und die Einzelhaltung in Legebatterien ist seit 2010 nicht mehr erlaubt. Zum Vergleich: Vor fünf Jahren wurden noch mehr als 70 Prozent der Legehennen in konventionellen Käfigen gehalten.
Bild 35
Bodenhaltung ermöglicht den Hühnern wenigstens ein bisschen mehr Bewegungsfreiheit als die Käfighaltung, die seit 2012 in der Europäischen Union verboten ist. Doch die Probleme der Massentierhaltung sind hier mindestens ebenso massiv.
Turbohühner für die Masse
Beim Umgang mit Hühnern ist der Gipfel des verantwortungslosen Geschäftemachens erreicht. Aus der wilden Stammform des Haushuhns, dem Bankivahuhn, ist ein hochgezüchtetes Hybridhuhn geworden, das zwischen 215 bis 300 Eier pro Jahr legt. Von diesen Hybridrassen stammen übrigens auch Bio-Hennen und -Hähnchen ab. Doch damit nicht genug: Inzwischen wird an einem Zuchthuhn gearbeitet, das jeden Tag ein Ei legt, so dass der enorme Bedarf an Eiern gedeckt werden kann. Von Natur aus ist die Eierproduktion im Frühjahr am höchsten. Mit zunehmender Dunkelheit setzt dann im Winter die Mauser ein, und während dieser Zeit, die mehrere Wochen dauert, legt ein Huhn nur noch wenige oder gar keine Eier mehr. Diesen Vorgang steuern körpereigene Hormone. Da die Hybridhühner in dieser Phase keinen Ertrag mehr bringen, werden sie in der Regel geschlachtet, wenn sie in die Mauser kommen.
Die Mastzeit von intensiv gehaltenen Hähnchen hat sich in den letzten fünfzig Jahren von 90 auf 30 Tage verringert. Die Hochleistungszucht hat dazu geführt, dass Masthühner bei möglichst geringem Futterbedarf möglichst schnell viel Fleisch ansetzen – insbesondere im Brustbereich. Durch den
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