Zukunftsmenue
inzwischen verdiente ich genug Geld, um mir den Luxus zu erlauben, der unseren Ernährungsüberfluss kennzeichnet: Essen, was und wann ich will, so viel ich will – und auch wegschmeißen, was ich nicht mehr will. Vor allen Dingen fehlte mir das Bewusstsein für die Folgen meiner Verschwendung.
Gut essen ist keine Frage des Geldes
Als Kind war Essen für mich von überragender Bedeutung. Ich aß schon immer gern, das ist meiner ganzen (zum Großteil unerklärlich schlanken) Familie zu eigen. Dass ich auch gerne
koche, verdanke ich wahrscheinlich meiner Großmutter väterlicherseits. Sie war eine sehr mütterliche Tschechin, die außer ihrem warmen Akzent auch diverse Rezepte aus ihrer Heimat mit nach Wien gebracht hatte. Und ich habe wohl ihr kulinarisches Erbe angetreten.
WIE LANGE SIND LEBENSMITTEL FRISCH?
Eier: Legen Sie ein rohes Ei in ein Glas mit Wasser. Bleibt das Ei auf dem Boden liegen, ist es ganz frisch. Wenn es sich aufrichtet, ist es noch immer zu verwenden. Schwimmt es oben, ist es nicht mehr genießbar. Der Auftrieb kommt durch die allmählich größer werdende Luftkammer am stumpfen Ende des Eis zustande. Übrigens: Wann genau ein Ei gelegt wurde, weiß man, wenn man vom Mindesthaltbarkeitsdatum drei Wochen rückwärts rechnet.
Wenn man ein Ei aufschlägt und es hat ein schön pralles, nicht zerlaufendes Dotter, ist auch dies ein Zeichen von Frische. Die Dotterfarbe sagt übrigens nichts über die Qualität eines Eis aus. Heute bekommen viele Hühner Betacarotin ins Futter gemischt, damit das Eigelb schön orange leuchtet. Der etwas schwefelige Geruch und der berühmte grüne Dotterrand bei gekochten Eiern sagt nichts über die Frische aus, sondern nur, dass sie zu lang gekocht wurden. 8 bis 9 Minuten reichen völlig aus, um ein Hühnerei hart zu kochen.
Käse: Ich habe schon Hartkäse gegessen, der drei Jahre alt war. Er sah zwar zugegebenermaßen nicht mehr wirklich appetitlich aus, schmeckte aber hervorragend. Solange er nicht verschimmelt ist, kann man beruhigt reinbeißen. Einfach den Anschnitt wegschneiden. Fein reiben geht auch, dann kann man ihn zum Würzen oder Überbacken für diverse Speisen verwenden.
Joghurt: Wird nicht so schnell schlecht, wie man denkt. Wenn, dann schimmelt es oder es riecht sehr unangenehm. Beides kann man unschwer erkennen.
Die Oma mütterlicherseits, Oma Gerda, war dagegen ein kulinarisches Fiasko. Sie war auch die Dünnste in unserer Familie, und schon als kleines Mädchen habe ich mich gefragt, wie man als Oma nur so mager sein kann. Oma Gerda war sehr resolut. Was auf den Tisch kam, wurde gegessen. Ihre im kochenden Wasser vollgesogenen geplatzten Würstchen ohne eine Chance auf Widerspruch essen zu müssen, gehört zu meinen traumatischsten Esserinnerungen. Dazu war sie eine der sparsamsten Personen, die ich je kennengelernt habe. So pinselte sie die Brotscheibe mit Margarine ein, kratzte dann mit dem Messer das überschüssige Fett wieder ab, bevor sie eine akkurat passende halbe Scheibe Lyoner darauf platzierte. Heute denke ich mir, das hat wohl mit ihren Kriegserfahrungen zu tun.
Dafür hat meine Mutter beinahe göttergleich gekocht. Ich und meine beiden Geschwister, wir haben ihr Essen geliebt. Meine Mutter kochte
zwar nicht täglich für uns, denn sie war alleinerziehend und berufstätig. Das Geld reichte hinten und vorne nicht, und ihr blieb nicht viel Zeit für ein großes Mittagessen, daher aßen wir meist in der Schule und ansonsten sehr viele Margarinebrote mit Extrawurst. Wenn meine Mutter aber kochte, dann war es ein Fest. Es gab krosse Bratkartoffeln und manchmal Bratwürstel dazu, Kohlrouladen mit Gehacktem und ab und an einen Gugelhupf oder einen gedeckten Apfelkuchen. Ich stibitzte oft die Rosinen, die für den Kuchen bestimmt waren. Mutti kochte immer frisch, Konserven oder Fertigprodukte waren in den späten fünfziger und frühen sechziger Jahren unerschwinglich und kamen erst allmählich in Mode. Für meine Familie war das also überhaupt keine Option. Zum Glück.
Als ich später in Berlin wohnte, ohne Schulabschluss und folglich auch ohne Berufsausbildung, allein, ohne Geld und mit einem drei Monate alten Säugling, musste ich Sozialhilfe beantragen, damit ich etwas zu essen kaufen konnte. Ich habe mich sehr dafür geschämt, dass ich staatliche Hilfe in Anspruch nehmen musste, und war gleichzeitig unendlich dankbar für diese Möglichkeit. Die Sozialhilfe war meine Rettung, ich hätte sonst nicht gewusst, was ich hätte machen
Weitere Kostenlose Bücher