Zukunftsmenue
»Verlust und Verschwendung von Nahrungsmitteln«, die im Mai 2011 vorgestellt wurde. Demnach verschwendet in Europa und Nordamerika jeder Mensch pro Jahr durchschnittlich bis zu 115 Kilogramm Lebensmittel. In ärmeren Regionen, wie Südostasien oder Afrika, sind es bis zu 11 Kilogramm. Hier gehen die Rohstoffe hauptsächlich beim Transport zwischen Ernte und Verkauf verloren, weil Mäuse und Ungeziefer sich über das Korn hermachen. Fleisch, Fisch oder Obst verdirbt auf langen Transportwegen, wenn es keine funktionierenden Kühlketten gibt und keine Möglichkeit, die Produkte vor Ort zu verarbeiten oder haltbar zu machen. In den wohlhabenden, industrialisierten Regionen sind überwiegend Händler und Konsumenten dafür verantwortlich, dass viele Lebensmittel auf dem Müll landen. Laut Joachim von Braun vom Zentrum für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn könnten von dieser Menge problemlos alle Hungernden dieser Welt ernährt werden.
Vor allem aber führt unsere Wegwerfmentalität dazu, dass zu viel an guten Nahrungsmitteln produziert wird: Weil wir von unserem Bäcker erwarten, dass er auch abends um sechs eine große Auswahl bietet, vom Dinkelbrot bis zum Ciabatta, produzieren die Backstuben bis zu einem Drittel mehr an Backwaren, als benötigt werden. Und wann hört man an der Fleischtheke schon mal: »Koteletts? Die sind ausverkauft.«? Salatköpfe mit einem welken Blatt gelten als unverkäuflich, Pfirsiche werden stiegenweise auf den Müll gekippt, wenn nur einer von ihnen zu schimmeln beginnt. Wenn neue Ware ins Regal geräumt wird, fliegt die alte in den Container. Und dass die Europäische Kommission im Jahr 2009 die völlig absurde »Gurkenverordnung« kippte (übrigens gegen die Mehrheit der EU-Mitgliedstaaten sowie der Handels- und Bauernverbände), nach der eine Gurke der Handelsklasse »Extra« maximal eine Krümmung von zehn Millimetern auf zehn Zentimetern Länge aufweisen durfte, ist dem Handel egal. In seinen Auslagen landen nach wie vor nur kerzengerade Exemplare.
WAS MAN AUS ALTBACKENEM MACHEN KANN
Altbackenes Brot eignet sich wunderbar zur Vorratshaltung. Allerdings sollte man es luftig gut durchtrocknen lassen und in einem Leinen- oder Baumvollbeutel aufheben. Ich mache aus Brotresten beispielsweise Brösel, also Paniermehl, oder Würfel für meine Semmelknödel (siehe Verwertung von Brotresten). Wunderbare Restegerichte für festes Brot sind Brotsalat, Arme Ritter und Scheiterhaufen (siehe Rezept). Suppen und Saucen lassen sich sehr schön mit Bröseln binden, und man kann aus dem klein gewürfelten Brot Füllungen für Braten und Knödel zubereiten. Dazu röste ich die Würfelchen mit Zwiebeln, Knoblauch, Kräutern oder Speck an.
Die Verschwendung der Lebensmittel ist nicht nur ein ethischer Skandal, sie hat auch handfeste Konsequenzen. Wer sich wirklich um die hungernde Bevölkerung der armen Länder kümmert, der merkt schnell: Am häufigsten hungert die Bevölkerungsgruppe, die der Nahrung am nächsten ist: die Bauern. Nach dem Welthungerbericht der FAO vom Oktober 2012 leiden weltweit rund 868 Millionen Menschen an Hunger. Besonders groß ist der Hunger in Entwicklungsländern, vor allem in Asien und in den afrikanischen Ländern südlich der Sahara. Dort haben etwa 852 Millionen Menschen nicht genug zu essen. Es sind Menschen, die direkt in die Produktion von Nahrungsmitteln involviert sind. Dazu kommen Umweltkatastrophen wie Überflutungen und Dürre oder Kriege, die zusätzlich jedes Jahr erneut Hungerkrisen in ganzen Regionen auslösen.
Den Kleinbauern dort fehlt es an fruchtbarem Land, an Saatgut, an Werkzeugen, Krediten und oft auch an Informationen, wie sich mit geringen Mitteln viel bewegen ließe. Doch statt diese Bauern zu unterstützen, die den Hunger vor Ort nachhaltig zum Verschwinden bringen könnten, verordnen Weltbank und IWF Strukturanpassungsprogramme, wie der Nobelpreisträger Walden Bello meint. In seinem Buch »Politik des Hungers« 7 zeigt er, wie Hunger durch politische Fehlentscheidungen entsteht, und propagiert eine »Rückverbäuerlichung« der Landwirtschaft. Als Modell dient ihm die 1993 gegründete internationale Vereinigung La Via Campesina, die für eine umweltfreundliche, kleinbäuerliche Landwirtschaft zur lokalen Versorgung eintritt.
Noch aber wird die Landwirtschaft fast überall kapitalisiert und Armut und Hunger so weiter befeuert. Dass die Kleinbauern nicht genug Nahrungsmittel für sich herstellen können, liegt auch an den
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