Zukunftsmenue
Prinzip kommt aus dem Geist des Menschen, setzt damit auch etwas voraus. Die Nachhaltigkeitsfrage ist im Grunde zuallererst eine Geistfrage: Der Geist darf nicht ausgebeutet, der Geist will erkannt werden. Die Naturkostbewegung zeigt ein gewisses Gespür dafür. Aber es ist eine Schande, wenn wir es nicht zu einem »anständigen« Geist-Begriff bringen.
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Über den Zyklus vom Saatkorn zur reifen Ähre und den Weg vom reifen Weizen bis zum Brot auf unserem Tisch staunen die Menschen seit Urzeiten.
Und die Brezeln?
Die Brezel ist als Form eigentlich der symbolische Ausdruck für diesen Zusammenhang. Das Gebäck, durch das drei Mal die Sonne scheint! Also ziemlich aktuell in unserer Eintagsfliegenwelt. Wir haben das »betriebspädagogisch« zu den drei Fragen genutzt: Was setzt unsere Produktion voraus? Was leisten wir? Für wen sind unsere Erzeugnisse? Mit der ersten Frage rückte auch und vor allem die Landwirtschaft ins Bewusstsein.
Aber die allermeisten Bauern – von den Großgrundbesitzern einmal abgesehen – können doch von ihrem eigentlichen Beruf gar nicht mehr leben…
Genau genommen lebt ein Bauer schon seit fünfzig Jahren eigentlich nicht von seiner Arbeit, sondern er muss zusätzlich zu dem, was er verkaufen kann, Papiere ausfüllen, damit ihm Subventionen gezahlt werden. Er wird also zum Bittsteller transformiert, noch dazu zu einem spekulativen, und sein Bauern-Bewusstsein wird gebrochen. Das Absurde an den Subventionen ist: Unsere Art, miteinander zu wirtschaften, erzeugt ein Problem, und der Staat soll es lösen. Damit er es lösen kann, braucht er wieder das Geld aus der Wirtschaft. Wenn wir darüber nachdenken, sehen wir, dass es da eine Fehlkonstruktion in der Maschine gibt, die dualistisch funktioniert – »Wirtschaft«, »Staat«, »Wirtschaft«, »Staat« usw. –, sich aber am Ende selbst zerstört.
Und wie wollen Sie diesen Kreislauf durchbrechen?
Wir müssen den Bauern ihren Stolz wiedergeben. Nicht nur den Bauern. Unser ganzes Sozialverhalten ist sehr stark obrigkeitsstaatlich durchsetzt. Was wir auf der einen Seite demokratisch errungen haben, wird auf der anderen Seite von kollektiven Gedankenformen und Ängsten aufgesaugt. Wir wollen den Bauern, aber auch den Produkten selbst und den – schreckliches Wort – Verbrauchern ihre Würde zurückgeben, wenn wir zum Beispiel auf Erdmann HAUSER Produkten vermerken: »Der Dinkel, aus dem dieses Produkt für Sie hergestellt wurde, wurde auf dem Hof der Familie Mayer in der Hohenlohe angebaut.« Dem Kunden wird vermittelt, dass das, was er kauft, nicht im Supermarktregal wächst. Der Bürger der Zukunft drängt auf eine autonome, von staatlicher Kontrolle befreite Kultur. Als Konsument wird er sich als aktiver Teilnehmer am Wirtschaftsprozess einbringen müssen. Als passive Marketing-Zielscheibe, die sich über ihre Kollektiveigenschaften bedienen lässt, hat er ausgedient. Es geht nicht nur um den horizontalen Herkunftsnachweis der »Wertschöpfungskette«. Wichtiger ist, dass wir in der Globalisierung zur Vertikalen, zur Senkrechten finden. In gegenseitiger Beziehung – denn unser elementarstes Geheimnis ist die Kraft des Denkens. Und das ist unsere Krise, auch »Chance« genannt. Chance zum Überleben? Nein – zum Er-leben!
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Gesund Essen heißt sinnlich Essen
Gesund essen! Diese Aufforderung führt bei jedem normalen Menschen zu einem gewissen freudlosen Gesichtsausdruck. Wir alle kennen Sätze wie »Iss mal mehr Gemüse, das ist gesünder!« oder »Du solltest dich mal ein bisschen gesünder ernähren.« Wir hören sie, wenn wir gerade genüsslich in eine Cremeschnitte beißen oder es uns mit der Chipstüte auf dem Sofa gemütlich gemacht haben.
Der Anspruch »gesund essen« ist in den allermeisten Köpfen verbunden mit kargem, geschmacklosem, langweiligem Essen, das wir freiwillig ganz sicher nicht herunterwürgen würden. Das ganze Grünzeug zum Beispiel, das auf unseren Kindertellern herumdümpelte und von links nach rechts geschoben wurde, in der Hoffnung, auf dem Weg ginge die Hälfte verloren, wie eine Handvoll Stroh, die man über eine Wiese trägt. Oder der gefürchtete Grünkernbratling, der im Mund zu Staub zerkrümelt, und das geschmacklose Stück Tofu mit der Konsistenz von Gelatine und der Farbe von Kalk. »Bio? Nee, danke, das schmeckt doch nicht. Das sind doch die verschrumpelten Äpfel und Karotten.«
Merkwürdig, dass wir alle denken, nur wenn’s weh tut, ist es auch gesund. Eine Medizin
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