Zukunftsmenue
auch aufklären und versuche in meinen Sendungen eine Sehnsucht nach dem Richtigen, Ursprünglichen zu wecken. Wenn ich das zu offensiv machen würde, dann befürchte ich, dass die meisten Menschen innerlich abschalten. Es geht ja auch nicht darum, alles jederzeit zu hinterfragen und alle zu Vegetariern zu machen. Es wäre schon ein Beginn, wenn die Menschen ihren Fleischkonsum einschränken und bewusster einkaufen würden. Wenn sie anfangen würden, sich mit dem, was sie essen, bewusster zu beschäftigen. Ich bin davon überzeugt, dass Gedanken Energie sind. Wenn wir viele sind, die so denken und im Kleinen handeln, dann ändert sich das Gefüge. Das ist meine Hoffnung.
Tischgespräch mit Karl Huober
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Karl Huober , Jahrgang 1949, ist Unternehmer und Dauerbrezel-Fabrikant. 1980 übernahm er die von seinem Vater im schwäbischen Erdmannhausen gegründete »Erste Württembergische Brezelfabrik«. Dabei hatte sich Karl Huober für die Aufgabe, das von den Eltern begonnene Unternehmen weiter zu führen, erst relativ spät entschieden. Nach Zivildienst und Mitarbeit in einer heilpädagogischen Schule absolvierte er ein Volkswirtschaftsstudium. Die Erkenntnis-Prämissen der etablierten Wirtschaftswissenschaften bewegten ihn zu einem parallelen Studium der Philosophie und zur Mitarbeit an dem von Hans Georg Schweppenhäuser in Berlin gegründeten »Institut für soziale Gegenwartsfragen«. Karl Huober war Mitbegründer der linksalternativen Tageszeitung TAZ. Probleme im Familienbetrieb veranlassten ihn, ins Unternehmen zu gehen. 1982 begann er mit der Herstellung einer separaten Dauerbackwarenlinie aus biologisch-dynamisch angebautem Getreide und gründete 1989 für die gemeinsame Arbeit mit DEMETER-Bauern die Firma »ErdmannHAUSER Getreideprodukte«.
Karl Huober ist Vorstandsmitglied der »Assoziation oekologischer Lebensmittelhersteller« (AoeL) und engagiert sich in überbetrieblichen Kooperationsprojekten und in der Berufsbildung. Im April 2012 traf Sarah Wiener ihn in ihrem Restaurant »Das Speisezimmer« zu einem Gespräch.
Sarah Wiener: Herr Huober, als Sie vor über dreißig Jahren den Betrieb Ihres Vaters übernommen haben, was war da Ihre größte Herausforderung?
Karl Huober: Die größte Herausforderung lag für mich ganz entschieden in einem Widerspruch: Auf der einen Seite wollte ich mich der Verantwortung gegenüber der Mitarbeiterschaft – zu vielen hatte ich eine persönliche Beziehung – stellen und fühlte mich schuldig, meinen Teil zur Gesundung beizutragen. Der Wert des historisch gewachsenen Betriebes sollte nicht achtlos verramscht werden. Menschlich und sachlich war deshalb viel zu tun und viel zu lernen. Auf der anderen Seite hatte mich die Auseinandersetzung mit den herrschenden Formen der Wirtschaftswissenschaft zu der Erkenntnis gebracht, dass unser Wirtschaftssystem als Ganzes verwandelt werden müsse und dass der Antrieb dazu nicht so ohne Weiteres aus einem einzelnen Wirtschaftsbetrieb kommen könne.
Aber ist das wirklich ein Widerspruch?
Freilich können Sie sagen: Du kannst doch mit deinem Unternehmen ein Beispiel geben, wie du dir die Verwandlung der Wirtschaft vorstellst. Schön. Aber auch wenn die neuen Wege, um die es heute geht, nur von Einzelnen und in konkreten Gegebenheiten gebahnt und beschritten werden können, müssen zuallererst doch die ideellen Grundlagen gelegt, die gedanklichen Wurzeln gefunden werden, aus denen etwas Neues wachsen kann. Mit bloßem Gutmenschentum und naiver Bastelei kann man ein kollektives System, das auf Zwängen aufgebaut ist, nicht verwandeln. Zwang zur Konkurrenz, Zwang zur Rationalisierung, Zwang zum Wachstum. Dagegen geht es in jedem Einzelunternehmen und bei den Entscheidungen, die einem täglich abverlangt werden, sachlich und menschlich persönlich, immer nur um Kontinuität in praktischen Einzelfragen.
Also zum Beispiel: Sollte ich etwa mit Mitarbeitern, die Angst um ihren Job haben oder auch einfach nur hoffen, mehr »Kohle« zu verdienen, über die Zusammenhänge unseres Wirtschaftssystems reden? Man kann und muss in Konflikten wohl immer Verständnis wecken, aber nicht auf der Ebene der gesellschaftlichen Systemfrage. Die Leute würden denken: »Der Mann kommt nicht auf den Punkt.«
Ein anderes Beispiel sind die Banken, auf deren Kredite du angewiesen bist. Der Bankangestellte, mit dem du verhandelst, schaut für sein Geschäft auf Sicherheit und Solidität, aber nur in dem Sinne, wie man es ihm beigebracht hat. Neben
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