Zukunftsmenue
Natürlich sind Eltern für die Ernährung ihrer Kinder verantwortlich. Aber erstens muss man diese Verantwortung auch wahrnehmen können – das heißt, die Industrie muss erst einmal aufhören zu verschleiern, was in ihren Produkten steckt, und soll keine irreführenden Werbeversprechen mehr machen. Zweitens bedeutet die Tatsache, dass Eltern Verantwortung für ihre Kinder haben, nicht, dass die Industrie sich verantwortungslos benehmen darf. Und zu deren Verantwortung gehört: Bessere Produkte herzustellen und aufzuhören, Kindern bei jeder Gelegenheit Süßigkeiten, Fastfood und Snacks anzudienen. Aber genau das macht die Industrie. Sie macht ein Angebot an schlechten, unausgewogenen Produkten, vermarktet diese höchst aggressiv, provoziert gezielt quengelnde Kinder und Konflikte in Familien und gibt den Eltern dann den tollen Rat, sie müssten eben einfach häufiger Nein sagen. Oder sie geht gezielt in Schulen oder Kindergärten, wo sie die Kinder außerhalb des Einflussbereiches ihrer Eltern ködern kann. Die Industrie unterwandert also permanent die Bemühungen der Eltern, ihre Kinder zu einer gesunden, vielseitigen Ernährung zu erziehen, und schiebt dann jegliche Verantwortung von sich. Und die Politik lässt die Eltern allein damit. Gesetzliche
Vorgaben für Kinderprodukte oder Beschränkungen für Werbung, die sich an Kinder richtet, sind in Deutschland nicht in Sicht. Als eine Maßnahme, Eltern zu unterstützen und die Chancen aller Kinder auf ein gesundes Aufwachsen zu verbessern, wären diese Vorgaben allerdings dringend notwendig.
Mir als Köchin geht das Entsetzen über Fehlernährung nicht weit genug …
Das Segment der Kinderlebensmittel ist ein herausgehobenes und besonders relevantes Beispiel, weil die Kinder, also noch nicht mündige Konsumenten, direkt angesprochen werden. Aber es steht exemplarisch für das gesamte Angebot der Lebensmittelindustrie. Auch im Bereich der »Erwachsenen«-Produkte verdient die Industrie mit Softdrinks und Süßigkeiten mehr als mit Äpfeln und Tomaten. Deswegen ist ja auch die Geschmacksprägung so wichtig. Dazu kommt, dass bei vielen Produkten Qualität suggeriert wird, die nicht vorhanden ist. Am Ende ist immer dasselbe drin: Zucker, Stärke, Pflanzenfette, ein paar Aromen, Zusatzstoffe, die überall billig zu haben sind. Da wird eine Pseudovielfalt vorgetäuscht, die es überhaupt nicht gibt.
Was könnte eine Lösung sein oder ein Lösungsansatz?
Ansetzen muss man an vielen Stellen, aus meiner Sicht ist es jedoch zunächst unbedingt notwendig, klare gesetzliche Vorgaben zu schaffen für die Rezepturen und die Vermarktung von Kinderprodukten und Lebensmitteln, die als geeignet für Kinder beworben werden. Und dafür zu sorgen, dass es in Schulen und Kindergärten nicht nur verpflichtende Qualitätsstandards für die Verpflegung gibt, sondern dass sie auch werbefreie Räume werden, die Lebensmittelindustrie also nicht den Ernährungsunterricht gestaltet. Ohne Zweifel ist Ihr Ansatz, Frau Wiener, Kindern Spaß am Kochen und den Geschmack von gesunden, natürlichen Lebensmitteln zu vermitteln, ebenfalls eine sehr wichtige Säule.
Also einigen wir uns darauf, dass wir das Problem von verschiedenen Seiten attackieren?
Ja, genau, Sie gehen das von der einen, praktischen Seite an. Als politische Organisation kämpfen wir vor allem für andere Regeln im Lebensmittelmarkt. Aus unserer Sicht muss die Politik Kinder besser schützen und die Eltern besser unterstützen. Und das bedeutet, der Lebensmittelindustrie klare Vorgaben zu machen.
Es lebe die Kreativität
Ich weiß nicht mehr genau, wann und wo ich Lojze Wieser kennengelernt habe, ob es in Wien war oder in Berlin. Eines war auf jeden Fall gleich klar: Wir hatten eine gemeinsame Leidenschaft – Kochen und Essen. Wann immer wir uns sahen, palaverten wir über bestimmte Essregionen, über Rezepte und gute Einkaufsquellen. Wir tauschten Kochbücher und Geschmackserlebnisse wie andere Leute Briefmarken.
Bild 3
Lojze beim Grillen eines Lamms. Mit bester Qualität und traditioneller Zubereitung zaubert er ein Festessen.
Als ich dann angefangen habe, dieses Buch zu schreiben, fuhr ich mit meiner Familie bei Lojze in Kärnten vorbei, und wir aßen dort ein unvergleichliches Lamm, von dem mein Sohn behauptet, es sei das beste Lamm seines Lebens gewesen. Das lasse ich jetzt als kochende Mutter mal so stehen und will glauben, dass das lediglich auf die einzigartige Qualität von Lojzes Lamm zurückzuführen
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