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Zukunftsmenue

Zukunftsmenue

Titel: Zukunftsmenue Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Wiener
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ungesundes Junkfood ausgesetzt, sogar Schulen und Kindergärten werden inzwischen von der Lebensmittelindustrie vereinnahmt.

    Wie süchtig macht denn Zucker in verarbeiteten Lebensmitteln?

    Es gibt inzwischen eine ganze Reihe von Hinweisen darauf, dass Lebensmittel mit einer bestimmen Kombination aus Zucker und Fett und auch Geschmacksverstärkern die Appetitregulation beeinflussen und es erschweren, sich beim Essen zu kontrollieren. Je mehr wir essen, umso besser für die Industrie. Aber nicht unbedingt für uns, denn viele Fertigprodukte und Snacks sind sehr kalorienhaltig, aber nicht besonders nahrhaft. Süßes macht außerdem nicht lange satt, man bekommt schnell wieder Appetit. Insbesondere Softdrinks machen kaum satt, enthalten aber jede Menge Kalorien. Und wenn sich Kinder erst einmal an ein gewisses Süß-Level gewöhnt haben, ist es sehr schwer, die Ernährungsgewohnheiten wieder zu ändern und Appetit auf Obst, Gemüse oder Vollkorn zu machen.

    Wie kann ich denn in einem Supermarkt erkennen, welche Lebensmittel für meine Kinder zuträglich sind und von welchen ich besser die Finger lassen sollte?

    Das ist schwierig, weil es so viele falsche oder überzogene Produktversprechen gibt, vor allem bei Produkten für Kinder. Es wird fast immer suggeriert, dass diese ausgewogen wären, was sie aber in den allermeisten Fällen nicht sind. Wir haben uns das für den deutschen Markt angeguckt und mehr als 1.500 Produkte unter die Lupe genommen. Dabei kam heraus, dass die allermeisten Kinderprodukte im Prinzip Süßigkeiten sind, auch wenn sie nicht so aussehen. Drei Viertel fallen in die Kategorie »süße und fette Snacks«, die man, wenn überhaupt, nur sehr sparsam essen sollte. Im Prinzip kann und sollte man die ganzen »Kinder«-Produkte also im Regal stehen lassen. Das Problem ist auch, dass die Kinder oft gar nicht auf die Produkte, sondern auf die Aufmachung abfahren. Die Comic-Figuren, die Sammelbildchen, die Konterfeis der Sportstars auf den Verpackungen – die tragen dazu bei, dass den Kindern die Produkte »schmecken«. Die Industrie legt es ganz gezielt darauf an, dass Kinder quengeln und ihre Eltern unter Druck setzen. Oder sich die Produkte auf dem Schulweg von ihrem Taschengeld kaufen. Sich als Eltern da hindurchzumanövrieren, gerade angesichts der Irreführung mit falschen Gesundheitsversprechen, ist oft nicht so einfach. Und auch wenn es wichtig ist, immer wieder selbst mit Kindern zu kochen, gelingt das natürlich nicht immer, gerade in Familien, in denen die Eltern viel arbeiten müssen. Aber genau deshalb muss die Lebensmittelindustrie
dazu gezwungen werden, bessere Produkte anzubieten. Zum Beispiel Frühstücksflocken und Fruchtjoghurt mit deutlich weniger Zucker oder ausgewogene Fertiggerichte ohne Zusatzstoffe. Damit Eltern mit gutem Gewissen zu diesen Produkten greifen können, wenn sie es denn müssen. Von alleine wird das allerdings nicht passieren, die Industrie wird auch nicht aufhören, die Kinder auf Zuckerbomben und Junkfood anzufixen. Wir brauchen eine echte »Elternbewegung«, die gegen die Industrie protestiert – und eine Politik, die den Herstellern klare Vorgaben macht.

    Ist es denn gesetzlich erlaubt, mit aggressiven Sprüchen zu werben, wie »plus wertvolle Vitamine« oder Ähnliches, wo ich als Mutter denke, da sei doch was Gutes drin?

    Viele dieser Vitamin-Versprechen sind offiziell erlaubt nach der Health-Claims-Verordnung, einem Gesetzeswerk, das Verbraucher eigentlich vor unseriöser Gesundheitswerbung auf Lebensmitteln schützen soll. Irreführend sind sie trotzdem. Denn Vitamin C trägt zwar in der Tat zur Funktion des Immunsystems bei, macht aber zuckrige Frühstücksflocken oder Limonade auch nicht gesünder. Genau das versuchen Hersteller allerdings zu suggerieren. Hinzu kommt, dass Kinder in der Regel über ihre ganz normale Ernährung ausreichend mit Vitaminen versorgt werden. Sie brauchen also mit Sicherheit keine zugesetzten synthetischen Vitamincocktails in Süßigkeiten, Softdrinks oder fettigen Snacks.

    Die Lebensmittelindustrie sagt, der Verbraucher sei aufgeklärt und mündig, und es läge in seiner Verantwortung, die richtigen Nahrungsmittel zu wählen. Außerdem sieht sie sich gewissermaßen als Heilsbringer, weil sie günstige Nahrung für alle herstellt.

    Das ist die Lieblingsausrede der Lebensmittelindustrie, um selbst keine Verantwortung übernehmen zu müssen, zum Beispiel für ihre aggressiven Vermarktungsmethoden von Kinderlebensmitteln.

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