Zum Glück verführt: Roman (German Edition)
Ausstrahlung waren ungemein beeindruckend. Sie schluckte, zumal sich ihre Kehle schmerzhaft zusammenzog. Vor der Öffentlichkeit gab er eine gute Figur ab, aber wie stand es um sein Privatleben? Ist Jerri etwa zurückgekommen, um
den armen Lyon über diese schwere Zeit hinwegzutrösten, schoss es ihr automatisch durch den Kopf. Spontan bereute sie ihre Gehässigkeit. Gleichwohl war die Vorstellung, dass er Trost in den Armen einer anderen Frau finden könnte, doch gar nicht so abwegig, oder? Der Gedanke quälte sie.
Am nächsten Morgen wussten die Nachrichten wenig über das Begräbnis zu berichten, mit Ausnahme der Tatsache, dass der Präsident mit dem Hubschrauber von der Lackland Air Force Base zum Friedhof geflogen würde, damit er um zehn Uhr den Trauerfeierlichkeiten beiwohnen könne. Der General sollte seine letzte Ruhestätte auf der Ranch finden.
Andy schlüpfte in ein schlammfarbenes Polokleid und streifte passende hochhackige Sandaletten über. Sie steckte ihr Haar zu einem weichen Dutt zusammen und befestigte kleine goldene Kreolen in den Ohren.
Um die Mittagszeit hatte sie alles gepackt und in ihren Mietwagen geladen. Sobald sie Les den unterzeichneten Revers ausgehändigt hätte, würde sie Kerrville auf Nimmerwiedersehen verlassen, überlegte sie. Ihre Crew, die während der Trauerfeier vor den Toren der Ranch gefilmt hatte, war am Nachmittag weiter nach San Antonio gefahren. Von dort wollten ihre Leute das nächste Flugzeug zurück nach Nashville nehmen. Obwohl keiner von ihnen es offen angesprochen hatte, war ihnen der Tod des Generals doch ziemlich an die Nieren gegangen.
Gegen drei kam Les in ihr Motelzimmer. Und machte ihr Vorwürfe, dass sie nicht schon eher losgefahren sei. Sie zuckte nur wegwerfend mit den Schultern.
»Wann bist du zurück?«, wollte er wissen.
»Sobald ich die unterschriebene Einverständniserklärung von ihm habe, ist doch logo, oder?«, meinte sie lapidar. Vermutlich sträubten sich Les’ Nackenhaare jetzt vor Ärger, dachte sie dabei hämisch. Um es auf die Spitze zu treiben, setzte sie hinzu: »Immerhin habe ich nicht den Schimmer einer Ahnung, was da draußen los ist. Möglich, dass die Polizei noch dort herumturnt. Und die Beamten mich nicht durchlassen. Verlass dich drauf, ich komm so schnell wie möglich zurück.«
Er warf ihr wutblitzende Blicke zu, derweil sie aus dem Parkplatz rangierte. Und dabei angestrengt das Lenkrad umklammerte, weil ihre Finger nass von Schweiß waren. Was sie Les erklärt hatte, war durchaus zutreffend. Sie hatte wirklich keine Ahnung, was auf der Ranch los wäre. Allerdings wünschte sie sich insgeheim, dass die Polizei sie die Absperrung nicht passieren ließe. Zumal sie schon allein bei der Vorstellung weiche Knie bekam, Lyon wiederzusehen.
Die Absperrung war bereits entfernt worden, nur der Wachmann, den sie auch am Tag ihrer Ankunft gesehen hatte, tat Dienst. Hunderte von Blumengebinden welkten in der gleißenden Sommersonne. Sie
fuhr mit dem kleinen Wagen vor dem Wächterhäuschen vor und kurbelte die Scheibe herunter.
»Hallo.«
»Hi«, sagte der Mann. Seine Augen waren rot gerändert vom Weinen. Andys Herz krampfte sich mitfühlend zusammen.
»Ich bin Mrs. Malone. Ich war bei …«
»Ja Ma’am. Ich weiß, wer Sie sind.«
»Können Sie mich bitte durchlassen? Ich habe noch etwas zu erledigen auf der Ranch. Es dauert auch nicht lange.«
Er nahm seine Kappe ab und kratzte sich den Kopf. »Ich weiß nicht so recht. Mr. Ratliff sagte, er möchte niemanden sehen.«
»Geht es vielleicht, dass Sie im Haus für mich anrufen? Und ihm sagen, es sei sehr dringend, dass ich ihn kurz sehe.«
»Schätze, das lässt sich machen.«
Er kehrte in das Häuschen zurück, und Andy beobachtete, wie er die Nummer wählte und kurz darauf in den Hörer sprach.
Als er wieder herauskam, drückte er auf den Knopf, der das elektronisch gesteuerte Tor öffnete. »Ich hab nicht mit Mr. Ratliff gesprochen, aber Gracie meinte, es sei in Ordnung. Sie können hochfahren.«
»Vielen Dank.« Sie legte den Gang ein und fuhr weiter. Das Haus und die Außengebäude wirkten verlassen, da die Rancharbeiter bei dem schönen
Wetter sicher auf den Feldern waren. Ringsherum auf den sanften Anhöhen weidete das Vieh, graste friedlich oder döste still vor sich hin.
Bevor sie klingeln konnte, wurde die Eingangstür aufgerissen. Gracie stürzte hinaus und umarmte Andy stürmisch. »Sie hat der Himmel geschickt, Andy. Ich weiß nicht, was ich sonst mit ihm
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