Zum Heiraten verfuehrt
anderer eine größere Rolle spielen. Sie werden eine gewisse Zeit brauchen, bis sie sich in ihrem neuen Zuhause eingewöhnt haben, und ich bin mir sicher, dass du es ihnen nicht noch schwerer machen willst. Ich bin in einer Position, in der ich mich zu allen möglichen Anlässen in der Öffentlichkeit blicken lassen muss, selbstverständlich in Zukunft auch mit dir, meiner Ehefrau. Da kannst du einfach nicht so schlicht gekleidet daherkommen wie im Moment. Die Leute würden sofort anfangen zu reden, und das könnte sich nachteilig auf unsere Söhne auswirken.“
Unsere Söhne . Es fühlte sich an, als ob eine eiserne Faust Rubys Herz zusammenpresste. Er hatte gewonnen … nicht zum ersten Mal, wie sie zugeben musste. Weil ihr jetzt überdeutlich bewusst geworden war, was das neue Leben wirklich für sie bedeutete. Man würde sie nach ihrem Äußeren beurteilen, und die Zwillinge müssten darunter leiden, wenn ihre Mutter als mangelhaft eingestuft wurde. Für Kinder war es sehr wichtig, von Gleichaltrigen akzeptiert zu werden. Selbst Kinder im Alter der Zwillinge hassten es schon, in irgendeiner Weise aufzufallen. Ihr blieb also gar nichts anderes übrig, als Sanders Almosen ihren Söhnen zuliebe anzunehmen, obwohl es sich mit ihrem Stolz kaum vereinbaren ließ.
Wie schrecklich, sich so hilflos und abhängig zu fühlen. Sie liebte ihre Schwestern und war ihnen ewig dankbar für alles, was sie für sie und die Zwillinge getan hatten, aber manchmal hatte sie es unendlich satt gehabt, ständig auf fremde Hilfe angewiesen zu sein. Deshalb hatte sie gehofft, dass sie, sobald die Jungen in die Schule gingen, ihren Abschluss machen und sich dann einen Job suchen könnte, damit sie endlich ihr eigenes Geld hatte. Jetzt allerdings begab sie sich in eine noch viel größere Abhängigkeit. Aber hier ging es nicht um ihren Stolz. Wichtig war nur, dass die Zwillinge glücklich waren.
Um den Aufruhr in ihrem Innern zu überspielen, beugte sie sich zu den Jungen hinunter und ermahnte sie, nicht zu weit vorauszulaufen. Zwei dunkle Lockenköpfe nickten eifrig.
Als sie sich wieder aufrichtete, passierte es. Vielleicht hatte sie eine zu hastige Bewegung gemacht. Ruby wusste es nicht, sie merkte nur, wie ihr schwarz vor Augen wurde und sie schwankte. Ohne Sanders geistesgegenwärtige Reaktion hätte sie das Gleichgewicht verloren.
Dieser Vorfall katapultierte sie in die Vergangenheit. Vor sechs Jahren war sie ebenfalls ins Taumeln geraten, und Sander hatte sie aufgefangen, obwohl die Umstände völlig andere gewesen waren. Damals waren an ihrem Beinahesturz die High Heels schuld gewesen, die Tracy ihr aufgenötigt hatte, und zu viele Cocktails. Im Endeffekt allerdings ein ziemlich ähnliches Ereignis. Jetzt konnte sie genau wie damals das gleichmäßige Pochen von Sanders Herz spüren, während ihr eigenes Herz so raste, dass sie sich ganz atemlos fühlte und viel zu schwach, um sich von ihm freizumachen. Auch damals war ihr sein Duft in die Nase gestiegen, sie hatte die harten Muskelstränge unter der warmen Haut gespürt, seine imponierende Männlichkeit und Kraft, körperlich wie emotional, und am meisten ihr eigenes Bedürfnis, von ihm gehalten zu werden. Seinerzeit hatte es sie erregt, in seinen Armen zu liegen, aber heute … Sie bekam Panik. Das war es nicht, was sie fühlen sollte, und mit Sicherheit war es nicht das, was sie fühlen wollte. Sander war ihr Feind, ein erbitterter Gegner, mit dem sie sich ihre Söhne teilen musste, weil er der Vater war, ein Widersacher, der ihr mit seiner grausamen Verachtung den Schutz ihrer Naivität entrissen hatte.
Entschlossen versuchte Ruby, sich aus seiner Umklammerung zu lösen, aber Sander verstärkte seinen Griff.
Ihm war bereits aufgefallen, wie schlank sie war. Doch erst jetzt, nachdem er sie im Arm hielt, wurde ihm klar, wie dünn und zerbrechlich sie war, fast mager. Und sie zitterte, wahrscheinlich vor Kälte, so ganz ohne Mantel. Plötzlich musste er wieder an den Abschlussbericht der Detektei denken. War es möglich, dass ihr das Geld gefehlt hatte, um vernünftig zu essen? Da die Zwillinge kerngesund wirkten und vor Energie nur so strotzten, hatte sie an deren Essen offensichtlich nicht gespart. Und es war schließlich deren Gesundheitszustand, der ihm am Herzen lag, nicht der Gesundheitszustand ihrer Mutter, die er sowieso nur seinen Kindern zuliebe in seinem Leben duldete.
Doch selbst dann … Er schaute Ruby ins Gesicht. Ihre Haut erschien ihm so viel heller als in
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