Zum Heiraten verfuehrt
sie retten und beschützen würde, so wie sie früher von ihren Eltern beschützt worden war.
Daran, dass sie zu ihm gegangen war, konnte sie sich nicht mehr erinnern. Sie wusste nur noch, dass sie plötzlich neben ihm stand – und sich vorkam wie eine Schwimmerin in stürmischer See, die endlich in ein ruhiges Fahrwasser gelangt war, wo sie sich unbesorgt treiben lassen konnte. Als sie Sander anlächelte, hatte sie das Gefühl, als ob sie sich schon ewig kennen würden.
Was für ein Irrtum, dachte Ruby jetzt bitter. Sie versuchte energisch, die Vergangenheit wegzuschieben und begann, mit kreisenden Bewegungen ihre schmerzenden Schläfen zu massieren. Sander bog auf die Autobahn ab und gab Gas.
4. KAPITEL
Sander hatte im Carlton Tower Hotel an der Sloane Street gebucht. Eine riesige Suite mit drei Schlafzimmern, jedes Schlafzimmer mit einem eigenen Bad sowie einem großen Wohnzimmer.
Beim Durchqueren der unteren Lobby hatte sich Ruby grausam fehl am Platz gefühlt. In der Lounge saßen, umringt von ihren luxuriösen Tragetaschen, elegant gekleidete Frauen beim Tee. Oh, wie unzulänglich sie sich in diesem Moment gefühlt hatte! Doch als Ruby jetzt klar wurde, dass Sander vorhatte, die Suite mit ihnen zu teilen, war dieser Kummer sofort vergessen.
Schlagartig bekam sie Herzrasen, ihr Körper schien unter Strom zu stehen und so sensibilisiert zu sein, dass sie sich Sanders Anwesenheit überdeutlich bewusst wurde. Obwohl sie einige Meter voneinander entfernt im Wohnraum der Suite standen, war es für Ruby, als ob er dicht vor ihr stände und sie berührte. Beim Klang seiner Stimme meinte sie fast seinen warmen Atem auf ihrer Haut zu spüren, was ihren Körper veranlasste, prompt zu reagieren.
Er deutete auf eine Tür und sagte: „Dort können die Zwillinge schlafen. Das Zimmer hat zwei Einzelbetten.“
Plötzlich sah sie wieder diese Hand vor sich, die sich auf ihre Brust legte. Und die Reaktion ihres Körpers erfolgte unverzüglich. Ihre Brüste, die sich nach seiner Berührung sehnten, begannen zu spannen, während sie verzweifelt versuchte, an etwas anderes zu denken. Warum passierte das mit ihr? Sie hatte die ganzen Jahre über keinen Sex gehabt, ohne irgendetwas zu vermissen. Warum spielte ihr Körper jetzt auf einmal verrückt?
Es war nur die Reaktion auf eine Erinnerung, das war alles, vielleicht so eine Art Phantomschmerz. Ihre Sehnsucht nach Sander war ebenso Vergangenheit wie diese Erinnerung, die in der Gegenwart keinen Platz hatte. Mit derartigen Argumenten versuchte Ruby sich zur Vernunft zu bringen, doch vergebens. Es half alles nichts, weil sie wusste, dass es nicht die Wahrheit war. Dass er sie so erregen konnte, war eine Schande, über die sie lieber nicht nachdenken wollte. Ihr Kopf schmerzte, ihr Magen rebellierte. Unterwegs an einer Raststätte hatte sie sich sogar übergeben müssen. Jetzt wünschte sie sich nur, in einem abgedunkelten Zimmer mit geschlossenen Augen im Bett zu liegen, aber davon konnte sie nur träumen.
„Und die beiden anderen Schlafzimmer sind für uns“, sagte Sander gerade. „Ich nehme an, du willst das Zimmer direkt neben den Zwillingen?“
„Ich hätte mir ein Zimmer mit ihnen teilen können“, gab Ruby zurück. „Zwei Schlafzimmer hätten gereicht.“
„Dann wäre man hier …“
„Hast du schon gesehen, Mummy?“ Das war Harry, der ganz atemlos ins Wohnzimmer gestürmt kam. „In unserem Zimmer ist ein Fernseher, und … und …“
„Ihr wisst, dass ihr im Bett nicht fernsehen dürft“, erklärte Ruby streng, froh darüber, dass sie wieder in ihre vertraute Mutterrolle schlüpfen konnte. Sie achtete strikt darauf, dass die Jungen nicht zu viel fernsahen und dafür mehr spielten.
„Ich würde vorschlagen, dass wir den Rest des Nachmittags nutzen, um ein paar Einkäufe zu machen. Die Zwillinge werden Sommersachen brauchen. Auf der Insel ist es jetzt schon warm, und im Sommer kann es sehr heiß werden. Zu Harrod’s ist es nicht weit, wir könnten zu Fuß gehen, aber wenn ihr wollt, nehmen wir auch ein Taxi.“
Das Letzte, was Ruby im Moment wollte, war einkaufen zu gehen, aber sie war entschlossen, sich keine Blöße zu geben. Sonst würde sich Sander nur ein weiteres Mal in seiner Auffassung bestätigt sehen, dass sie eine schlechte Mutter war.
Vielleicht kamen sie unterwegs ja an einer Apotheke vorbei, dann konnte sie sich wenigstens Kopfschmerztabletten kaufen. Ihre Übelkeit würde sich hoffentlich bald legen.
Sie nickte … und zuckte
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