Zum Heiraten verfuehrt
seiner Erinnerung, was möglicherweise daran lag, dass sie bei ihrer ersten Begegnung zu viel Make-up aufgelegt hatte, während sie jetzt gar nicht geschminkt war. Er sah ihre ausgeprägten Wangenknochen und die vollen, weichen Lippen – der Mund einer Femme fatale, die nur allzu gut wusste, wie sie ihre körperlichen Vorzüge zur Geltung bringt.
Sander runzelte die Stirn, grimmig entschlossen, die Zerbrechlichkeit und offensichtliche Verwundbarkeit der Frau, die er im Arm hielt, nicht zur Kenntnis zu nehmen. Warum auch? Es gab dafür nicht den geringsten Grund, und deshalb würde er es auch nicht tun. Doch als sie sich jetzt energisch von ihm loszumachen versuchte und er ihre Augen sah, die viel zu groß in ihrem blassen, schmalen Gesicht standen, widerstrebte es ihm plötzlich, sie freizugeben. Ein Sonnenstrahl hatte sich durch die dunkle Wolkendecke geschoben, der in ihren blonden Locken spielte und die makellose Perfektion ihrer Haut enthüllte.
Warum nur fühlte sie sich plötzlich so … so … verwirrt? Es lag bestimmt daran, dass sie sich mit einem Ruck von ihm losgerissen hatte. Ruby verbot es sich, das verräterische Wort „beraubt“ zu denken, das ihr als erstes durch den Kopf geschossen war. Warum sollte sie sich auch „beraubt“ fühlen? Sie wollte frei sein. Es hatte nichts, rein gar nichts Verlockendes für sie, von Sander gehalten zu werden. Und ganz bestimmt hatte sie nicht die letzten sechs Jahre damit zugebracht, sich nach seiner Umarmung zu sehnen. Warum auch, wenn ihre letzte Erinnerung an ihn war, wie er sie in einer Geste wütender Verachtung von sich gestoßen hatte?
Es hatte angefangen zu regnen. Ruby erschauerte und rief die Jungen herbei. Im Taxi, das sie zurück zum Hotel brachte, setzte sie sich zwischen die Zwillinge, um nicht neben Sander sitzen zu müssen. Es war sinnlos, sich nach ihrem Zuhause zu sehnen. Sie musste an die Zukunft der Zwillinge denken. Das Glück ihrer Kinder war viel wichtiger als ihr eigenes Wohlbefinden, und es war offensichtlich, wie mühelos sich die Zwillinge an Sanders Präsenz in ihrem Leben gewöhnten. Akzeptanz durch Bestechung, dachte Ruby bitter, wobei ihr natürlich klar war, dass ihre Söhne noch viel zu klein waren, um verstehen zu können, dass sich die Liebe eines Elternteils mit Sicherheit nicht in teuren Geschenken ausdrückte. Ihre, Rubys, Aufgabe würde es in Zukunft sein, dafür zu sorgen, dass die Kinder nicht verdorben wurden durch den Reichtum ihres Vaters oder blind dafür, dass Menschen sich normalerweise mächtig anstrengen mussten, wenn sie Erfolg haben wollten im Leben.
Nach der Rückkehr in die Suite zog Ruby sich in ihr Bad zurück, um zwei der Schmerztabletten einzunehmen, die sie sich unterwegs gekauft hatte. Aber dann wurde ihr allein bei der Vorstellung, die Tabletten schlucken zu müssen, schon wieder übel, deshalb verschob sie die Einnahme auf später.
Da sie sich immer noch schlecht fühlte, brachte sie die Zwillinge gleich nach dem Abendessen zu Bett, was nach dem langen Tag glücklicherweise zu keinerlei Protesten führte.
Kurz nachdem die Kinder eingeschlafen waren, klingelte das Telefon. Die Frau von der Rezeption meldete den Juwelier an, der wenig später im Wohnzimmer der Suite stand. Sander stellte Ruby als seine Verlobte vor, bevor sie sich alle an den großen Tisch setzten, auf dem der Juwelier seine Kollektion ausbreitete.
Der Anblick entlockte Ruby ein überraschtes Keuchen.
Die Ringe waren alle wunderschön, aber Ruby wollte keinen einzigen davon. Es erschien ihr wie ein Frevel, so teuren Schmuck zu tragen. Wenn ein Ring Liebe und tiefe Verbundenheit zu einem ganz bestimmten Menschen symbolisierte, bekam er allein dadurch unschätzbaren Wert, doch da dieser Aspekt bei Sander und ihr gänzlich fehlte, strahlten die mit funkelnden Diamanten besetzten Ringe in Rubys Augen fast etwas Obszönes aus.
„Such du einen aus“, sagte sie zu Sander, der es vermied, die Ringe auch nur anzusehen.
Ihr Desinteresse veranlasste Sander zu einem Stirnrunzeln. Seine Mutter war verrückt gewesen nach Schmuck, je wertvoller, desto besser. Er sah sie noch heute im Abendkleid vor ihrer Frisierkommode sitzen und die mit Brillanten besetzten Cartier-Armreifen bewundern, die an ihrem Arm glitzerten.
„Die sind der Lohn dafür, dass ich dich zur Welt gebracht habe“, hatte sie ihm stolz erklärt. „Dein Großvater war eigentlich der Meinung, ein Armreif würde genügen, deshalb musste ich ihn erst daran erinnern, dass er
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