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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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sich 250 Kilometer durch Sumpfgebiete und kleine Hinterwäldlerstädtchen zurück nach Virginia City. Die Nacht war klar. Es war Neumond. Ich war froh, als es im Bus dunkel wurde, weil meine Augen feucht waren.
    Ich stand auf dem Parkplatz des SEAL-Team-Four-Gebäudes, zog den Kragen meiner Feldjacke hoch und wartete. Wir waren halb betrunken um 22.30 Uhr angekommen und von der Wache in Empfang genommen worden. Die Lastwagen waren in der Sicherheitszone hinter dem Team-Gelände geparkt. Die Jungs waren singend und angeheitert zur Kasernenanlage gefahren worden, während im Bus ein Haufen leerer Bierdosen zurückgeblieben war. Der OOD (Officer on Duty/Offizier vom Dienst) teilte uns mit, dass wir uns am nächsten Tag um 13.00 Uhr beim Commanding Officer melden sollten. Wir konnten also so richtig ausschlafen.
    Ich bot Frank an, ihn ins BOQ (Bachelor Officer Quarters), die Unterkunft für alleinstehende Offiziere, zu fahren, aber mein Auto, das mit einer 1,5 Zentimeter dicken Staubschicht bedeckt war und immer noch dort stand, wo ich es im März abgestellt hatte, wollte einfach nicht anspringen. Angeheitert und freundlich lächelnd dankte er mir und bestellte sich ein Taxi. Ich schulterte meinen Seesack und ging quer über den Stützpunkt. Ich hoffte, dass der Wind mich ausnüchtern würde. Neben der Stützpunktkapelle fand ich ein Münztelefon und rief Margot an.
    »Ich bin’s, Chuck«, sagte ich. »Ich bin zurück.«
    Margots Stimme klang am Telefon etwas eigentümlich – irgendwie distanziert und förmlich. Mein letzter Brief hatte sie vor fünf Tagen erreicht. Ich hatte ihn auf der Iwo Jima geschrieben und ihr darin mitgeteilt, dass ich mich freiwillig bereit erklärt hätte, im Libanon zu bleiben. Aus Spanien hatte ich ihr dann eine Postkarte geschickt, dass ich jetzt doch heimkommen würde. Diese war jedoch noch nicht angekommen. Sie war also überrascht und erfreut, meine Stimme zu hören.
    »Ich bin auf dem Stützpunkt«, sagte ich. »Mein Auto wollte nicht anspringen.« Ich erklärte ihr, wie sie am Eingang einen Passierschein bekommen könnte und wo sie mich abholen sollte.
    Der Wind blies noch kälter. Ich stand mit meinem Seesack in dem kleinen, weißen Licht des Münztelefons. Ich zitterte vor Kälte oder vielleicht auch wegen etwas anderem. Über mir hoben sich die Sterne rau und bitter von der Schwärze des Himmels ab. Plötzlich erschien mir alles unwirklich. Es war, als ob ich schlafwandeln würde, als ich zwei Scheinwerfer auf mich zukommen sah. Einen Moment lang überkam mich eine fürchterliche Angst, als ob ich mich in einem schlimmen Traum befinden würde. Ich träumte vielleicht nur, dass ich aus dem Libanon herausgekommen war, und wollte nicht aufwachen, bevor das Auto bei mir ankam. Ich hatte das schreckliche Gefühl, dass nichts davon real war und dass ich im Bunker in meine verschwitzte Nylondecke gehüllt wieder zu mir kommen würde und noch viele Monate bis zu meiner Ablösung warten müsste.
    Margots Wagen stoppte direkt neben mir, und eine ganze Zeit lang schaute sie mich nur an. Ihr Mund öffnete sich ganz leicht. Später erzählte sie mir, sie sei schockiert gewesen, wie dünn ich war. Der Wind rüttelte an mir und ich stand wie eine Art sonnenverbrannter Vogelscheuche da, der ausgemergelte Doppelgänger der kräftigen Sportskanone, die vor neun Monaten losgezogen war.
    Schließlich sagte ich: »Hi.«
    Sie stieg aus dem Wagen und fiel mir um den Hals. Ich war erstaunt, wie warm und ganz sie sich in meinen Armen anfühlte. Sie war real. Dies hier war die Wirklichkeit, und ich war am Leben.
    »Ich habe Geschenke für dich«, sagten wir beide gleichzeitig.
    Wir lachten, und sie küsste mich. Als sie von mir abließ, konnte ich in ihren Augen eine gewisse Besorgnis erkennen. Ich war also nicht der Einzige, der fühlte, dass dies nicht real war. Ich hatte mich verändert. Ich unterschied mich zutiefst von dem Mann, der im März aufgebrochen war. Meine Augen brannten durch sie hindurch, wie sie auch durch alles andere hindurchbrannten.
    Wir checkten in ein Hotel am Strand ein, tranken Champagner und machten Liebe. Schließlich hielt ich sie im Arm, als sie schlief. Durch die Fenster konnte ich hören, wie die Brandung ans Ufer donnerte, als eine steife Brise aus dem absolut klaren Himmel aufkam. Ich schlief ein, wachte jedoch immer wieder auf.
    Ich zog meinen Arm unter Margots Schulter hervor und ging zum Fenster hinüber. Das erste purpurne Dämmerungslicht breitete sich über dem Atlantik

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