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Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)

Titel: Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Pfarrer
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aus. Die See war rau und warf hohe Wellen. Das Wasser schimmerte wie gehämmertes Silberblech. Der kommende Tag waberte am Horizont in einer Luftspiegelung, die von der bitteren Kälte hervorgerufen wurde. In 20 Minuten würde die Sonne aufgehen. Jenseits des Meeres war es jedoch bereits Mittag.
    In Sidon, Tripoli, in Sabra und Schatila und entlang der Corniche von Beirut stand die Sonne jetzt hoch am Himmel und der Ruf des Muezzins schallte von den Minaretten. Ich hatte das drüben im Libanon so oft gehört. In Stadt und Land, von Minaretten, die von den Einschlägen von Panzergeschossen übersät waren, und aus winzigen Lautsprechern, die an Lehmziegelmoscheen draußen auf dem Land angebracht waren. In einem trillernden Ruf erschallte das Dhuhr, das Mittagsgebet, mit seiner Warnung an die Gläubigen.
    … Im Namen Gottes, des All-Erbarmers und Barmherzigen. Lob sei Gott, dem Herrn der Welten …
    Vor mir lag der Ozean und jenseits davon eine völlig andere Welt. In den Moscheen, auf den Straßen und in den armseligen Hütten knieten die Gläubigen jetzt mit dem Gesicht gen Mekka gewandt auf ihren Gebetsteppichen. Ihr Gebet war jetzt auch das meine.
    …Leite uns, Herr, auf den richtigen Weg,
den Weg derer, denen du Gnade gewährst,
nicht den Weg derer, denen du zürnst,
und nicht den der Irrenden. Amen.

Buch drei :
Der Weg eines
Draufgangers

Ein Platz an der Sonne
    Wer weiß, ob sie wussten, was sie mit uns nach unserer Rückkehr anfangen sollten? Ich weiß jedoch, dass wir selbst keine Ahnung hatten, was wir mit uns jetzt anfangen sollten. Von einem Krieg zurückzukehren, war seltsam genug. Weit seltsamer war jedoch die Erkenntnis, dass sich fast niemand in den Vereinigten Staaten darum zu kümmern schien, was im Libanon geschehen war. Es wurden keine Fahnen verbrannt, es wurden keine Fahnen geschwungen. Da war gar nichts.
    Die allgemeine Ahnungslosigkeit schien sogar unsere eigene Einheit erfasst zu haben. Am ersten Tag nach meiner Rückkehr machte ich die mehr oder weniger amüsante Erfahrung, unseren Zahlmeister, einen Filipino, davon überzeugen zu müssen, dass ich noch am Leben war. Ich hatte nämlich entdeckt, dass mein Sold und die sonstigen Zuschläge seit sieben Wochen nicht mehr an meine Bank überwiesen worden waren. Ohne mein Wissen und glücklicherweise auch ohne Wissen meiner Familie hatte mich die Navy am 23. Oktober für tot erklärt.
    Obwohl wir Minuten nach dem Bombenattentat einen Lagebericht nach Hause geschickt hatten, in dem wir das SEAL Team Four baten, unseren Angehörigen mitzuteilen, dass wir wohlauf seien, hatte das Team danach überhaupt nichts unternommen. Infolgedessen wurde der gesamte Zug 13 Tage lang als »vermisst« geführt. Während sich unsere Familien verständlicherweise vor Sorge verzehrten, machte sich nicht einer im SEAL Team Four die »Mühe«, zum Telefon zu greifen oder eine Briefmarke abzulecken.
    Meinem völlig verzweifelten Vater gelang es schließlich, mir durch seine alten Verbindungen in der Navy eine Botschaft zukommen zu lassen, die mich jedoch erst eine Woche nach dem Attentat erreichte. Inzwischen standen Tag für Tag Fernsehteams im Vorgarten meiner Eltern, in der Hoffnung, den Moment aufnehmen zu können, in dem man die Nachricht von meinem Tod überbringen würde. Meine Mutter brachte den Mut auf, den vor ihrem Haus versammelten Geiern zu erklären, dass ihr Sohn ein Marine Lieutenant in der multinationalen Friedenstruppe sei und dass sie bitte künftig die Freundlichkeit haben möchten, die Privatsphäre ihrer Familie zu achten. Sie erwähnte nicht, dass ich ein SEAL war und dass ihr die Navy bisher nichts über mein Schicksal mitgeteilt hatte.
    Für Margot war es genauso schlimm gewesen. Vielleicht sogar noch schlimmer. Als die Nachricht über das Attentat durch die Medien ging, hörte ihr Telefon zu klingeln auf. Freunde und Verwandte mieden sie. Selbst meine alten Freunde im Team meldeten sich nicht mehr bei ihr. In dieser Zeit, als es noch keine E-Mails oder Ferngespräche von einem weit entfernten Kriegsschauplatz gab, erfuhr Margot erst, dass ich überlebt hatte, als sie einen Brief von mir erhielt – volle zwei Wochen nach dem Bombenanschlag. Bis dahin hatte sie sich Tag und Nacht Sorgen um mich gemacht.
    Das Fiasko war ein Symptom des Führungsklimas, in das wir zurückgekehrt waren. Im SEAL Team Four hatte es einen Führungswechsel gegeben. Unser früherer CO war die Treppe hinaufgefallen und im Pentagon gelandet. Auch den XO hatten sie

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