Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
deshalb in die Tasche meines Fliegeroveralls gleiten und versuchte, ein Buch zu lesen.
Ich konnte mich jedoch nicht konzentrieren. Wie jeder andere in dieser Maschine wusste ich, dass wir absolut bereit gewesen waren. Obwohl wir den Tod Leon Klinghoffers nicht mehr hätten verhindern können, hätten wir doch zumindest das Schiff zurückerobert. Nicht zum ersten Mal dachte ich über die Tatsache nach, dass wir wie der Rest der Welt nach der Pfeife der Politiker tanzen mussten. Bettino Craxi war gegenüber einer Verbrecherbande machtlos gewesen und hatte nach einem einfachen Ausweg gesucht. Auch Mubarak wollte keine Schwierigkeiten mit der PLO haben. Lieber log er die ganze Welt an, um den Mördern die Flucht zu ermöglichen. Das Spiel nahm kein Ende.
Nach 20 Minuten Flugzeit fanden wir heraus, dass wir trotz allem immer noch mitspielten. Wir erfuhren, dass soeben F-14-Tomcat-Kampfflugzeuge vom Flugzeugträger USS Saratoga aufgestiegen waren, um die 737 der EgyptAir abzufangen. Sie würden die Maschine zur Landung auf der italienisch-amerikanischen Luftwaffenbasis im sizilianischen Sigonella zwingen. Wir waren wieder am Zug.
Seans C-141 wurde nach Sigonella umgeleitet. Seine Assault Group sollte das Flugzeug sichern, wenn es gelandet war, und verhindern, dass es wieder startete. Unsere C-141 würde landen und uns direkt hinter der 737 absetzen. Wir würden dann die Verbrecher überwältigen und sie in die Vereinigten Staaten schaffen. Niemand in unserer Maschine glaubte, dass sich die Terroristen kampflos ergeben würden. Wir machten uns also dazu bereit, die 737 zu stürmen, eine Operation, die wir schon oft geübt hatten. Sobald uns diese Neuigkeit erreicht hatte, standen etwa ein Dutzend Jungs vor der einzigen Toilette des Flugzeugs Schlange, um ihre Schlaftabletten hervorzuwürgen und wieder auszukotzen. Ich konnte von Glück sagen, dass ich meine nicht geschluckt hatte.
Auf dem Weg nach Sigonella wurden uns ständig die neuesten Entwicklungen mitgeteilt. Man erzählte uns, dass alle vier Verdächtigen tatsächlich in dieser 737 saßen und dass Abu Abbas bei ihnen war. Er sollte ebenfalls gefangen genommen werden. Besonders wurden wir darauf hingewiesen, dass rund ein Dutzend ägyptische »Secret Service«-Offiziere an Bord dieser Maschine waren. Man wusste, dass sie bewaffnet waren. Daraufhin gab es eine kurze Diskussion über die Gültigkeit der Einsatzregeln des SEAL Six. Man legte fest, dass sie auch in diesem Fall galten. Wenn wir die Boeing stürmten, um die Terroristen zu überwältigen, würden wir jeden bewaffneten Widerstand, ob von Palästinensern oder Ägyptern, mit tödlicher Gewalt brechen.
Einige Zeit später erfuhren wir, dass die Tomcats die 737 abgefangen hatten. 15 Minuten vor unserer eigenen Landung schalteten die Lichter im Laderaum auf Rot. Es erging der Befehl, die Waffen zu laden und zu sichern. Das metallische Schnappen der Verschlüsse der Sturmgewehre schallte durch den gedämpft beleuchteten Rumpf unserer Frachtmaschine. Auch ich führte ein Magazin in meine MP5 ein, zog den Verschlusshebel zurück und ließ ihn mit der Handfläche nach vorne schnellen. Dann saßen wir gespannt in voller Montur da, passten die Augen an die Nachtbeleuchtung an und warteten.
Wir setzten nur ein paar Sekunden nach der 737 auf der Landebahn von Sigonella auf.
Die Rastas stürmten als Erste aus dem Flugzeug. Auf dem Vorfeld wies ich zwei meiner Männer an, ständig bei Captain Gormly zu bleiben. Nicht, dass er einen solchen Schutz gebraucht hätte. Auch der Skipper war in voller Kampfmontur angetreten. Bos Gruppe eilte zum linken hinteren Teil der 737 hinüber, während sich die Rastas und der Rest unserer Assault Group ein Stück hinter dem Heck versammelten. Wir knieten uns auf den Asphalt und warteten.
Die Boeing stand direkt vor uns. Ihr Bugrad wurde von einem Lastwagen blockiert. Captain Gormly ging zu Sean hinüber, der direkt hinter der Maschine einen Befehlsstand eingerichtet hatte. Seans Gruppe hatte das Flugzeug umzingelt. Jetzt ließ er es von seinen schussbereiten Scharfschützen ständig beobachten.
Die 737 der EgyptAir war hell erleuchtet und ihr Bodenstromaggregat gab ein lautes Heulen von sich. Hinter uns landete eine zweite C-141 und blieb mit laufenden Turbinen stehen. Das Dröhnen der verschiedenen Flugzeugtriebwerke erschwerte unsere Verständigung. Obwohl die Startbahn um uns herum absolut dunkel war, störten die Lichter der Hangars und die Rollbahnbeleuchtung unsere
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