Zum Krieger geboren: Mein Leben als Navy Seal (German Edition)
Grundrisses der Brücke, den wir mit Klebebändern auf dem Hangar-Boden nachgezeichnet hatten. Wir waren bereit.
In diesem Moment zogen sie den Stecker.
Man hatte die Achille Lauro endlich wiedergefunden. Dieses Mal dampfte sie nach Süden und hatte bereits die ägyptischen Hoheitsgewässer erreicht. Obwohl das Schiff immer noch in greifbarer Nähe war, hatte man in Washington beschlossen, die Rettungsoperation zu stoppen. Es war eine Sache, das Schiff auf hoher See zu kapern, es war jedoch etwas anderes, dies direkt vor der Nase eines unsicheren und empfindlichen Verbündeten zu tun. Washington wollte offensichtlich einen seiner wenigen arabischen Verbündeten auf keinen Fall kränken.
Die Entführer suchten Zuflucht im Hafen von Port Said. Diese Entscheidung rettete ihnen das Leben. Zweifellos hätte das SEAL Team Six in der Nacht darauf die Achille Lauro unentdeckt erreicht. Wären wir erst einmal an Bord gelangt, wären al-Molqi und seine Freunde so gut wie tot gewesen.
Als unser Einsatz abgeblasen wurde, hatte man in Kairo bereits Maßnahmen ergriffen, die die Terroristen endgültig vor uns in Sicherheit brachten. Man gab bekannt, dass die Entführer sich bereit erklärt hätten, sich um 16.20 Uhr den ägyptischen Behörden zu stellen. Angeblich war diese Kapitulation »bedingungslos«. Tatsächlich hatte man zuvor jedoch eine Vereinbarung getroffen. Kurz nach dem Anlegen des Schiffes verkündete das ägyptische Außenministerium die erste von zahlreichen Lügen und Halbwahrheiten. Der Außenminister behauptete, alle Geiseln seien in Sicherheit und die Terroristen hätten das Schiff verlassen und planten, aus Ägypten auszureisen.
Wir standen in unserem Hangar um ein Fernsehgerät herum und konnten auf CNN beobachten, wie die Entführer von einem Patrouillenboot der ägyptischen Marine an Land gebracht wurden. Es war schwer, sich nicht besiegt zu fühlen, als wir mitansehen mussten, wie die Terroristen vor der Kamera Grimassen zogen und das Victory-Zeichen machten. Sie sahen wie College-Studenten aus, die ihren Professoren gerade einen Streich gespielt hatten.
In den folgenden Stunden kam jedoch die Wahrheit heraus. Die internationalen Medien berichteten, dass eine Geisel ermordet worden war. Die Ägypter machten sofort einen Rückzieher. Präsident Husni Mubarak erzählte einer gutgläubigen Schar von Reportern, dass die Entführer Ägypten bereits verlassen hätten, er jedoch nicht wisse, wohin sie gegangen seien.
Tatsächlich saßen sie sich zu diesem Zeitpunkt bereits an Bord einer Boeing 737 der EgyptAir auf einem ägyptischen Luftwaffenstützpunkt. Arafat und Abu Abbas versuchten derweil in hektischen Telefonaten, ein Land zu finden, das die Entführer aufnehmen würde. Nachdem sie viele Absagen erhalten hatten, erklärte sich schließlich Tunesien zur Aufnahme bereit. Ein Grund mag gewesen sein, dass sich damals das PLO-Hauptquartier in diesem Land befand. Wahrscheinlich mit einem Gefühl der Erleichterung stieg Abu Abbas zu al-Molqi und den anderen in die 737. Neben den insgesamt sechs Palästinensern waren noch ein ägyptischer Geheimdienstoffizier und etwa zehn Mitglieder der ägyptischen Spezialeinheit Task Force 777 an Bord dieser Maschine. Abbas und seine Schergen waren fast schon in Sicherheit. Sie hatten allen Grund zu der Annahme, dass sie in ein paar Stunden in Tunis sein würden und es sich dort gut gehen lassen könnten.
Ohne Wissen von Abu Abbas und Husni Mubarak hatte die NSA jedoch jedes Wort ihrer Verhandlungen mitgehört und aufgezeichnet. Die Amerikaner wussten also, dass Mubarak eine staatliche Linienmaschine beauftragt hatte, die Mörder außer Landes zu bringen. Sie wussten, dass Abu Abbas zu den Entführern gestoßen war. Und sie wussten, dass sie nach Tunesien fliegen wollten. Sie kannten sogar die Hecknummer des Flugzeugs: 2843.
Am Abend des 9. Oktober startete die Maschine des SEAL Team Six in der vorgeschobenen Einsatzbasis und flog nach Westen über das Mittelmeer in Richtung Heimat. An Bord unseres Flugzeugs befanden sich Captain Gormly und der Operationsstab von SEAL Six. Es herrschte verständlicherweise eine gedämpfte Stimmung. Die Aktion schien in einem weiteren Hamsterkäfig zu enden, worüber wahrlich niemand erfreut war. Sobald wir in der Luft waren, verteilten die Stabsärzte Schlaftabletten für den langen Heimflug. Diese Tabletten waren wirklich stark, aber ich war viel zu aufgedreht, um in dieser Nacht überhaupt schlafen zu wollen. Ich ließ die Tablette
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